"Es sind harte und schmerzliche Einschnitte, die wir vor uns haben", sagte "Spiegel"-Geschäftsführer Thomas Hass am Dienstag - und es wird niemanden geben, der ihm widersprechen möchte. Nachdem die Gesellschafter der "Spiegel-Agenda 2018" grünes Licht gegeben haben, steht fest, dass der Spiegel-Verlag jede fünfte Stelle abbauen wird. Von derzeit 727 Stellen sollen durch die beschlossenen Restrukturierungsmaßnahmen rund 150 wegfallen. "Ich bedaure sehr, dass wir uns von Kolleginnen und Kollegen trennen müssen. Aber es gibt leider keine Alternative zu diesem Abbau von Stellen, wenn wir die wirtschaftliche Zukunft unseres Unternehmens sichern wollen", so Hass.

Am Vormittag hatte er auf einer Mitarbeiterversammlung angekündigt, dass der Verlag den Personalabbau "möglichst fair und angemessen gestalten" will und dabei vor allem auf freiwillige Beendigungen setzt. "Es wird dafür einen eigenen, verantwortungsvollen Spiegel-Weg geben, den wir in enger Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat sorgfältig vorbereiten", betonte der Geschäftsführer, der trotz des harten Sparkurses erklärte, "die Spiegel-Gruppe als Heimat des investigativen politischen Journalismus zu stärken und sie gleichzeitig zu einem innovativen multimedialen Unternehmen zu entwickeln". Dafür schaffe man mit der Agenda 2018 die Voraussetzungen.

Überschrieben werden kann die Agenda mit den Worten "Wachsen und Sparen": Das Programm sieht vor, einerseits ein Produktportfolio aufzubauen, mit dem die Umsätze des Verlags stabilisiert werden können, und andererseits die Organisation des Unternehmens wirtschaftlich zu gestalten, um dauerhaft eine Summe von 15 Millionen Euro einzusparen. Zu den Neuerungen gehören etwa der bereits eingeführte "Literatur Spiegel" oder der Digitalableger "bento". Chefredaktion und Geschäftsführung hätten darüber hinaus 15 Projekte initiiert, für die die Redaktionen von "Spiegel", "Spiegel Online" Spiegel TV, die Dokumentation und die Verlagsabteilungen in interdisziplinären Teams Konzepte entwickelt haben.

Elf davon sollen nun umgesetzt werden, darunter mögliche Regionalteile im Nachrichtenmagazin und eine verbesserte "Spiegel"-App. Mitte 2016 sollen ein tägliches und kuratiertes Nachrichtenangebot unter dem Arbeitstitel "Spiegel daily" sowie das Bezahlangebot "Spiegel International" starten. Darüber hinaus sollen schon in den kommenden beiden Wochen die ersten kostenpflichtigen Artikel auf "Spiegel Online" erscheinen. "Es ist für die Zukunft des Qualitätsjournalismus wichtig, dass aufwendig recherchierte und herausragend geschriebene Texte nicht nur gedruckt, sondern auch digital verkauft und nicht verschenkt werden", sagte "Spiegel"-Chefredakteur Klaus Brinkbäumer, der sich trotz der schlechten Nachrichten für viele Kollegen in Optimismus übte: "Wir werden gerade jenes experimentierfreudige und moderne Medienhaus, das wir sein wollen."

Das gesamte Programm besteht aus mehr als 100 Maßnahmen, die die Sach- und Personalkosten bis Ende 2017 um rund 16 Millionen Euro senken sollen. Dabei geht es etwa um das Optimieren von Arbeitsprozessen oder das Auslagern von Tätigkeiten. Innerhalb der Redaktion sollen 6,4 Millionen Euro gespart werden, bei der Dokumentation sind es 1,5 Millionen Euro und beim Verlag sogar 8,2 Millionen Euro. "Wir haben großen Wert darauf gelegt, die Lasten gleichmäßig zu verteilen. Dabei ging es uns nicht um ein streng paritätisches Vorgehen, sondern um sinnvolle Maßnahmen für die einzelnen Bereiche und den 'Spiegel' insgesamt", so Geschäftsführer Thomas Hass. "Denn wir wollen nicht das kleinstmögliche, sondern das bestmögliche Unternehmen für die Zukunft bauen. Das heißt: Unabhängigen 'Spiegel'-Journalismus wird es nur mit einer starken, unabhängigen Redaktion und einem starken, wirtschaftlich stabilen Verlag geben." Große Worte - mit einem äußerst bitteren Beigeschmack.