Die eigentliche Bombe platzte erst ganz am Ende einer ebenso selbstbewussten wie unterhaltsamen Keynote von Netflix-CEO Reed Hastings und seinem Programmchef Ted Sarandos auf der CES 2016, der weltgrößten Technologie-Messe in Las Vegas. Nachdem der Internet-TV-Riese sich mit Stars und bunten Bildern ausgiebig selbst gefeiert hatte, gab Hastings bekannt, dass sein Angebot während der Show in 130 weiteren Ländern online gegangen sei.

"Sie erleben heute die Geburtsstunde eines neuen globalen TV-Netzwerks", so Hastings. "Das Warten hat endlich ein Ende: Durch diesen Launch erhalten Verbraucher in aller Welt die Möglichkeit, Serien und Filme zu genießen – von Singapur bis Sankt Petersburg, von San Francisco bis São Paulo. Dank des Internets können wir den Nutzern nun die Zügel in die Hand geben und ihnen Zugriff auf großartige Unterhaltungsangebote eröffnen – jederzeit, überall und auf jedem beliebigen Gerät."

 

In den letzten Jahren hatte Netflix seine Verbreitung vom Heimatmarkt USA aus schrittweise auf 60 Länder ausgeweitet – zunächst Kanada, dann Lateinamerika, Europa, zuletzt Australien, Neuseeland und Japan. Mit den 130 weiteren Ländern, die nun auf einen Schlag hinzukamen, ist die SVoD-Plattform quasi global präsent. In den meisten neuen Ländern bietet Netflix seine Inhalte größtenteils auf Englisch an, allerdings wurden zu den 17 bereits unterstützten Sprachen nun auch noch Arabisch, Koreanisch sowie vereinfachtes und traditionelles Chinesisch hinzugefügt.

Der einzige große TV-Markt, der Netflix jetzt noch fehlt, ist China. "Dort kann man nicht so einfach starten, sondern muss intensiv mit den Behörden zusammenarbeiten", sagte Hastings in Las Vegas. "Wir prüfen weiterhin unsere Möglichkeiten, können aber momentan noch nicht sagen, wann wir in China launchen werden." Aufgrund gesetzlicher Sanktionen der USA darf Netflix sein Angebot in Nordkorea, Syrien und auf der Krim nicht verfügbar machen. 

Um den zeitgleichen Launch in 130 Märkten technisch möglich zu machen, hat Netflix in den vergangenen Wochen und Monaten ebenso intensiv wie verschwiegen mit Internet-Service-Providern rund um den Globus zusammengearbeitet. Ähnlich aufwändig gestaltete sich das Klären und Aushandeln von Programmrechten. Sichtlich stolz verwies Programmchef Ted Sarandos darauf, dass "Breaking Bad" und "Better Call Saul" als Erst- oder Zweitverwertung in allen 190 Netflix-Ländern verfügbar seien.

"Jeder neue Dollar, den wir von nun an für eigenes Programm ausgeben, wird ausschließlich in weltweite Rechte investiert", so Sarandos. "Wir wollen allen Bürgern der Welt dieselben Inhalte anbieten. Das Erbe unseres Aufbaus über die letzten Jahre ist es allerdings, dass die Rechte an einigen unserer älteren Serien in manchen Territorien noch zersplittert sind." Das gilt etwa in Deutschland für "House of Cards", das Netflix bereits vor seinem eigenen Deutschland-Start an Sky lizenziert hatte.

Mit Stars wie Chelsea Handler ("Chelsea Does"), Krysten Ritter ("Marvel's Jessica Jones"), Will Arnett ("Arrested Development", "BoJack Horseman") und Wagner Moura ("Narcos") trommelten Hastings und Sarandos auf der CES-Bühne für die kommenden Eigenproduktionen. 2016 plant Netflix insgesamt 31 Staffeln von neuen und bestehenden Originalserien, rund zwei Dutzend Spielfilme und Dokumentationen, etliche Comedy-Specials sowie 30 Kinderserien. Besondere Aufmerksamkeit wurde jeweils ersten Vorab-Ausschnitten aus der britischen Serie "The Crown" und aus Baz Luhrmans Seriendebüt "The Get Down" zuteil. Beide sollen im Laufe des Jahres starten.