"In der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte."

So lautet die Richtlinie 12.1 im Pressekodex zum Schutz vor Diskriminierung. Insbesondere nach der in den ersten Tagen noch zögerlichen Berichterstattung über die Vorfälle in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof ist eine Diskussion um diese Regelung entbrannt. "Bild"-Chefredakteurin Tanit Koch fordert eine Abschaffung der Richtlinie und begründet das gegenüber dem "Medium Magazin" so: "Sie steht für ungerechtfertigte Selbstzensur und belegt, wie unmündig Leser in den Augen des Presserats sind. Schlimmer noch: Ihre Anwendung schürt das Misstrauen gegenüber der journalistischen Arbeit - Menschen merken, wenn ihnen relevante Informationen vorenthalten werden."

An diesem Mittwoch wird nun auch der Presserat über die Richtlinie diskutieren und hat dazu auch externe Wissenschaftler eingeladen. Im Vorfeld hat sich auch der Deutsche Journalisten-Verband zu Wort gemeldet und bezieht eine Gegenposition. "Dieser Diskriminierungsschutz hat sich bewährt", so DJV-
Bundesvorsitzender Frank Überall. Es gebe keinen Grund, ihn abzuschaffen, da er die Erwähnung der ethnischen Herkunft oder Religionszugehörigkeit ja auch gar nicht verbiete - schließlich sei sie erlaubt, wenn "für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht".

Frank Überall: "Dass Medien nach den Silvesterkrawallen in Köln erst spät und zum großen Teil sehr zurückhaltend berichtet haben, lag nicht am Pressekodex, sondern an der Desinformation der Kölner Polizei." Für den DJV-Vorsitzenden wäre eine offensive Information über das Diskriminierungsverbot "das beste Mittel, um 'Lügenpresse'-Rufern das Wasser abzugraben".