Rafael Parente© Rafael Parente
Herr Parente, 2014 haben Sie mit „Blockbustaz“ das TV-Lab von ZDFneo gewonnen. Hat nicht jeder gesehen, ist lange her. Wie lässt sich „Blockbustaz“ in einem Satz beschreiben?

Als „Stromberg aus dem Ghetto“ vielleicht.

Die Kritiken der Pilotfolge waren jetzt nicht ganz so berauschend, auch bei uns.  Wie sehr nimmt man sich sowas zu Herzen?

Wir sind ganz junge Filmemacher und nicht wer weiß wer, der dann natürlich immer weiß wie es funktioniert. Da nimmt man Ratschläge, wenn sie konstruktiv sind, gerne an. Aber natürlich trifft einen das total hart wenn man eine schlechte Kritik bekommt. Noch mehr aber, wenn man das Gefühl hat, dass manche Kritiker sich die Serie gar nicht anschauen sondern nur eine Vorstellung davon haben und diese schon nicht mögen.

Sieht „Blockbustaz“ in Folge dessen jetzt anders aus als die Pilotfolge? Oder hatten Sie schon von Anfang an die Staffel im Kopf?

Also ganz ehrlich: Als junger Produzent habe ich zumindest nicht die Zeit und das Geld meine Projekte in der Hoffnung auf Fortsetzung bereits vorzubereiten. Dazu wird einem zu viel abgelehnt. 2010, in der Anfangszeit unserer Firma Neuesuper haben wir Projekte im Anflug von Euphorie bis ins Detail entwickelt. Und dann wurde nichts draus. Das kann sich ein kleiner Produzent nicht zu oft erlauben.

In der Tat ein oft gehörtes Problem in der Branche.

Also was „Blockbustaz“ betrifft: Hier haben wir uns vor dem TV-Lab überlegt „Was ist ein gutes Setting?“ und „Was wäre eine gute Besetzung für dieses Setting?“. Dann hatten wir die Hoffnung, dass uns bei einem Sieg im TV-Lab gute Geschichten einfallen. Das Ergebnis geht jetzt über den Sender.

Will „Blockbustaz“ eine Serie oder Sitcom sein?

Man könnte sagen, dass es eine Ghetto-Sitcom ist (überlegt) Wobei es auch keine klassische Sitcom ist, weil wir ja nicht im Studio sondern an echten Orten gedreht haben. Es ist wahrscheinlich eine Ghetto-Comedy-Serie.

In der sich anders als bei einer klassischen Sitcom dann auch eine Geschichte entwickeln muss.

Die Herausforderung im Storytelling ist natürlich groß. Aber das Publikum akzeptiert Serien, die zwischen beidem wandeln. Ich bin ein großer Fan von „Modern Family“ und wollte genau wie dort auch bei uns einen Mittelweg fahren. Die Grundvoraussetzung bleibt gleich, aber die Charaktere dürfen sich entwickeln.

Protagonist ist Eko Fresh, der sich aber nicht selbst sondern eine Rolle spielt. Ein prominenter Name kann Chance und Risiko gleichermaßen sein…

Als wir damals vom TV-Lab ausgewählt wurden, haben wir sehr hoch gepokert. Wir haben ZDFneo gesagt, dass wir einen deutschen Rapstar haben. Aber wir hatten noch gar keinen (lacht). Eko hat in diversen Videos gezeigt, dass er eine witzige Seite hat und war damit perfekt für unser Projekt. Klar, er ist kein ausgebildeter Schauspieler, aber er war so ambitioniert! Er wollte Schauspielunterricht nehmen und hat uns gefragt was er sonst noch machen solle.

Wenn ich jetzt behaupte, dass die Serie in erster Linie eine ganze Reihe von Klischees bedient, dann entgegnen Sie…?

..dass jede Folge ihre Momente hat, wo hoffentlich wirklich jeder versteht, dass das eine Überspitzung ist. Ich meine, wenn Moritz Bleibtreu als Gangster-Rapper ankommt und denen auf die Schnauze haut und die Gegenseite dann ihre Grasplantage als Pfand abgeben muss und von denen dann nicht mehr kommt als „Oh man, wieso haben wir denn kein Selfie gemacht?“ hoffe ich wirklich, dass man die Ironie erkennt.

Wie sehr hat sich ZDFneo denn bei der Entwicklung des Piloten hin zur Serie eingemischt? Wie sah die Zusammenarbeit mit dem Sender aus?

Wir haben mit u.a. Petra Tilger, Stefanie Heidwolf und Florian Weber sehr junge Redakteure um uns gehabt. Die haben so wie ich nicht nur deutsches Fernsehen im Kopf, wenn sie über Fernsehen nachdenken und haben uns somit machen lassen, was wir wollten. Wir wurden sogar dazu angestachelt mehr zu wagen und ich muss sagen: Es war eine sehr gute Zusammenarbeit.

Gab es denn wenigstens auch mehr Geld?

Ja, es gab mehr Geld. Ein normales Fiction-Format kostet im Durchschnitt aber so um die 12.000 Euro/Minute und da sind wir weiterhin um einige tausend Euro drunter. Hingekriegt haben wir das, weil so gut wie alle auf große Gagen verzichtet haben und einfach Bock auf das Projekt hatten.

Die Serie spielt in Köln. Empfiehlt sich Köln einfach als „Assi-Stadt“? Oder wie kam es zu Köln?

Nein, das glaube ich nicht. Nach Berlin wollten wir nicht, da die Stadt einfach schon zu besetzt ist. Außerdem denkt man immer an Berlin, wenn man an deutschen Hip Hop denkt, oder eben auch an Hamburg, wo es mit Sammy Deluxe und Co. eine Generation vorher so war. Köln fanden wir einfach interessant. Aber wir wollen der Stadt nichts unterstellen.

Wie findet man eigentlich die richtige Location für den Dreh?
 
Wir haben direkt an den Orten gedreht, wo die Leute gelebt haben. Da ist nichts Kulisse, wir haben in den Wohnungen der Anwohner gedreht und mussten teilweise 20 Minuten unten vorm Aufzug warten bis das ganze Team oben war, einfach weil zwischendurch immer irgendwelche Leute hoch gefahren sind.

Letzte Frage: Ihre Produktionsfirma, die Neuesuper, dreht viele Werbefilme. Wie attraktiv ist denn die klassische Fernsehproduktion noch?

Wir mussten immer Werbung machen, um unsere Miete zahlen zu können. Ich habe mich aber nicht für den ganz so einfachen Weg des Filme-Machens entschieden, weil ich Geld verdienen möchte. Da müsste ich wohl in eine andere Branche. Ein neues Projekt machen wir gerade mit dem BR, eine Serie über einen Crystal Meth-abhängigen Bürgermeister. Als ich mit der Filmhochschule angefangen habe und das erste Mal mit Sendern wie WDR oder ZDF gesprochen habe, hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass es so weit kommt. Dass ich mal Lust auf Fernsehen in Deutschland haben würde. Damals war für mich Fernsehen in Deutschland etwas wie „Forsthaus Falkenau“ und „Der Bergdoktor“. Derzeit scheint es sich etwas zu ändern und ich hoffe dass das nicht nur Eintagsfliegen sind, sondern dass das mehr wird.

Herr Parente, herzlichen Dank für das Gespräch.

"Blockbustaz" läuft dienstags um 22:30 Uhr bei ZDFneo