Als sich die AfD-Chefin Frauke Petry drei Tage vor der Wahl bei Maybrit Illner ein Wortgefecht mit der Linke-Chefin Katja Kipping lieferte, hielt sich der Erkenntnisgewinn in Grenzen. Stattdessen war es vor allem: Laut. Ganz anders ist die Ausgangslage beim Gespräch, das der britische Journalist Tim Sebastian vor wenigen Tagen für die Deutsche Welle mit Petry in Leipzig führte. Wie wohl noch keinem Journalisten zuvor ist es Sebastian gelungen, die Chefin der umstrittenen Partei in die Mangel zu nehmen – ruhig, direkt und vor allem gut vorbereitet.

Mehr als 90.000 Mal wurde das Gespräch in den vergangenen Tagen auf YouTube aufgerufen und dabei vor allem von Gegnern der AfD gefeiert. Aus gutem Grund: Frauke Petry macht nämlich alles andere als eine gute Figur. Als sich das Gespräch in eine Richtung entwickelt, die ihr offenkundig nicht gefällt, beschwert sich die Politikerin über die kritischen Fragen und fordert den Moderator kurzerhand dazu auf, sie doch zu fragen, wie die AfD die europäische Politik verändern will. "Sie können Fragen beantworten", sagt Tim Sebastian mit tiefer und ruhige Stimme und gibt klar zu verstehen, sich darauf nicht einzulassen: "Aber ich werde die Fragen stellen, die ich möchte. Denn das ist es, was eine freie Presse ausmacht."

Für Petry spricht, dass sie die Fragen in dem knapp halbstündigen Interview in fließendem Englisch beantwortet, doch inhaltlich lässt ihr der Journalist, der viele Jahre für die BBC tätig war, kaum eine Chance. So etwa gleich zu Beginn: "Sie haben den Ruf, diejenige deutsche Vorsitzende zu sein, die die Möglichkeit aufgebracht hat, an der Grenze auf Flüchtlinge schießen zu lassen - quasi als letztes Mittel. Sind Sie stolz darauf?", fragt er Petry, die den Einsatz von Schusswaffen daraufhin nicht mit dem Einsatz von Schusswaffen gegen Menschen gleichsetzen möchte, was Tim Sebastian prompt zur Entlarvung nutzt: "Sie haben aber nicht gesagt: 'Schießen Sie in die Luft', oder?"

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Später fragt er ganz direkt: "Ist Ihre Kultur so verletzlich und so empfindlich, dass sie durch ankommende Menschen zerstört werden wird, die eine andere Religion haben oder sich anders kleiden oder eine andere Religion ausüben?" Petrys Antwort verwundert: Wenn sie nach Frankreich fahre, akzeptiere sie auch die Grenze - "sei es in Form von Geschwindigkeitsbegrenzungen oder in Form von Gesetzen", so die AfD-Chefin, die sich daraufhin gleich den nächsten Konter gefallen lassen muss. "Wir sprechen nicht über Geschwindigkeitsbegrenzungen, sondern darüber, eine Kultur zu unterdrücken, um die andere zu stärken", hält Tim Sebastian dagegen.

Am Ende des Gesprächs kritisiert Frauke Petry den Journalisten dafür, dass in Interviews stets nur Kleinigkeiten herausgepickt würden. Auf Sebastians Frage, ob sie sich hart angegangen fühle, antwortet die AfD-Chefin: "Nein, das ist okay. Aber es hilft nicht, ein neutrales Bild meiner Partei zu zeichnen. Außer das ist ihr Ziel." Das wiederum nutzt der DW-Journalist für einen letzten Stich: "Oh", sagt er entspannt, "Sie haben sogar eine sehr gute Beschreibung von dem abgegeben, was Ihre Partei ist."