WDR-Chefredakteurin Sonia Seymour Mikich will verstärkt im Programm mit den Zuschauern in Kontakt treten. "Viele Menschen sind inzwischen gewohnt, ihre Meinung oder kurze Statements oder einfach nur Gefühlsäußerungen über die sozialen Medien weiter zu verbreiten. Kommunikation funktioniert nicht mehr nach einem Einbahnstraßenprinzip, nämlich der kluge Journalist sagt etwas und der Zuschauer, Zuhörer oder Internetnutzer nickt brav dazu", sagte Mikich in einem WDR-Interview.

Die Medien seien nachdrücklich zum Dialog aufgefordert "und müssen diesem nachkommen", so die WDR-Chefredakteurin. "Und das ist ja auch interessant und bringt sehr viel. Wir werden dort unterstützt, wo wir gut und kraftvoll argumentieren, wir werden auf Fehler oder falsche Annahmen aufmerksam gemacht, wir bekommen frischen Input. Natürlich müssen wir uns klar sein, dass bestimmte Teile des Publikums ihr Urteil über uns, die 'Lügenmedien, gefällt haben, aber wir geben nicht auf. Und es gibt eine riesige Zahl von Menschen, die Lust haben sich auszutauschen, sich einzubringen, mit uns zu sprechen. Und umgekehrt gilt das halt auch."

Das ist auch der Grund, weshalb sich der WDR von dieser Woche an mit "Ihre Meinung" an einem neuen Talk-Format versucht, dessen erklärtes Ziel es ist, die Zuschauer mit Politikern ins Gespräch zu bringen. "Je breiter die Meinungsvielfalt, umso besser und lebendiger. Davon ausnehmen will ich natürlich Beschimpfungen und Respektlosigkeit gegenüber jenen, die nicht der eigenen Meinung sind", betont Mikich. "Nun habe ich die Erfahrung gemacht, dass sehr oft Menschen im vertraulichen Gespräch am Telefon oder auf den Fluren sehr deutliche Meinungen kund tun und nachher, wenn ein rotes Licht leuchtet oder ein Mikrofon hingehalten wird, dann doch sehr viel vorsichtiger argumentieren."

Es ist daher nicht ganz gewiss, ob der Versuch auch tatsächlich aufgehen wird. Mikich: "Schön wäre es, eine Atmosphäre herzustellen, wo sich dann auch jemand traut, etwas zu äußern, was nicht so populär ist oder sogar zugspitzt ist. Ehrlich, ungeschminkt, angstfrei. Das wäre eine wirklich gute Diskussion." Bislang habe man aber "ganz gute Erfahrungen gemacht", wenn Zuschauer mit Experten und Politikern reden. "Von Absagen habe ich nichts gehört, aber natürlich gibt es da ein gewisses Risiko, vielleicht einmal nicht gut und überzeugend zu antworten."

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