Ein Fernsehprogramm zu verjüngen, ist gar nicht so einfach. Wird explizit Programm für ein junges Publikum gemacht, dann verschreckt das meist die Stammzuschauer - und die Jüngeren schalten trotzdem nicht ein. So erklärt sich dann auch recht schnell, weshalb die Programmoffensive, die das WDR Fernsehen im vorigen Jahr angeschoben hat, aus Quotensicht kein allzu großer Erfolg gewesen ist. Und doch haben es zumindest ein paar Formate aus dieser wilden Zeit zu einer Fortsetzung gebracht. "Das Lachen der Anderen" war sehenswert, "Die Runde Ecke" meldet sich in dieser Woche zurück und im Weihnachtsprogramm sollen "Die Mockridges" in die zweite Staffel gehen.

Doch diese Sendungen werden die Lücke, die durch das Ende von Dauerbrennern wie "Zimmer frei!", "Stratmanns" und "NRW Duell" entsteht, kaum ausfüllen können. "Wir haben einige Marken eingestellt. Umso wichtiger ist es, Neues zu machen", erklärte WDR-Unterhaltungschef Siegmund Grewenig am Donnerstag in Köln. Gesucht werden nicht zuletzt Ideen, die mit einiger Sicherheit dem typischen WDR-Zuschauer gefallen dürften. Und so wird das WDR Fernsehen also auch in Zukunft nicht ohne Frage-Antwort-Spiel auskommen. In die Fußstapfen von Bernd Stelter soll im kommenden Jahr gewissermaßen Marco Schreyl treten, der nach längerer TV-Abstinenz inzwischen beim WDR angeheuert hat und dort mit "Zwei für Einen" ein neues Quiz moderieren wird. Jeweils zwei Promis spielen darin für einen Kandidaten, dem im Finale 4.000 Euro winken.

Nach zwei Primetime-Einsätzen am 4. und 6. Januar läuft die von Bavaria Entertainment produzierte Show ab dem 8. Januar regulär sonntags um 22:45 Uhr und damit auf dem bisherigen "Zimmer frei!"-Sendeplatz. Schreyl wird aber auch schon vor Weihnachten im WDR Fernsehen zu sehen sein, wenn er im Halbfinale und Finale den "Besten Chor im Westen" sucht. Dass er sich zuletzt aufs Radiomachen konzentrierte, findet Marco Schreyl nach eigenem Bekunden nicht verkehrt. "Eine Pause war gut", betonte er und sah "den richtigen Moment mit den richtigen Inhalten" gekommen.

"Fragen stellen ist das schönste, was einem Journalisten passieren kann", erklärte der Moderator mit Blick auf sein neues Quiz, bei dem unter anderem Guido Cantz, Sven Lorig, Lisa Feller, Thorsten Schorn und Yvonne Willicks mitwirken sollen. Dabei fällt auf, dass der WDR gewillt ist, viele seiner Gesichter in verschiedener Form im Programm auftauchen zu lassen. Beispiel Schorn und Willicks: Beide werden vom 14. Oktober an "Das Tausch-Duell" präsentieren - ein von wellenreiter.tv produziertes Format, in dem die beiden vor die Aufgabe gestellt werden, eine Tasse gegen immer höherwertigere Gegenstände einzutauschen. Dabei werden sie von Moderatorin Susan Link und einem Antiquitäten-Experten begleitet, der mit einem mobilen Schätzlabor im Einsatz ist.

Siegmund Grewenig© WDR/Herby Sachs

Siegmund Grewenig leitet beim WDR den Programmbereich "Unterhaltung, Familie und Kinder"

"Das Tausch-Duell" ist zusammen mit der gerade gestarteten Dokusosap "Tanzfieber" ein erstes Vortasten in den Factual-Entertainment-Bereich, den WDR-Unterhaltungschef Siegmund Grewenig stärken will. Ab dem 17. Oktober folgt dann schon die Dokusoap "Familie Wurst" über eine schräge Bochumer Familie. Beim WDR sieht man diese Reihe in der Tradition der legendären Fußbroichs - tatsächlich aber steht sie in erster Linie in der Tradition eines vor mehr als zehn Jahren in Sat.1 unter identischem Titel ausgestrahlten Formats über einen Musiker, der damals das Halbfinale von "Star Search" erreichte. Doch all das soll erklärtermaßen erst der Anfang sein: Für 2017 sind bereits weitere Testläufe für den Dokusoap-Bereich vorgesehen. So wird es unter anderem um Feuerwehr-Löschzüge, kochende Gärtnerinnen und Schönheitsprofis gehen. "Wir gehen auf Augenhöhe mit unseren Zuschauern", sagt WDR-Redakteur Carsten Wiese dazu.

Und Siegmund Grewenig betont in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit der Unterhaltung - "gerade in politisch aufregenden Zeiten", wie er sagt. Es gehe aber auch darum, die Welt durch Satire und Kabarett aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Dabei soll etwa die dritte Staffel von "RebellComedy" mit dem Ensemble um Enissa Amani helfen, deren Ausstrahlung für das kommende Jahr vorgesehen ist. Bereits am 26. November geht es mit "Sträters Männerhaushalt" weiter: Comedian Torsten Sträter soll fortan sechs Mal jährlich am Samstagabend prominente Gäste in seiner Personality-Show begrüßen. Wie gehabt werden dort weiterhin die "Mitternachtsspitzen" zu sehen sein, die der WDR nach Angaben seines Unterhaltungschefs stärker in die sozialen Netzwerke tragen will.

Auf der Suche nach neuen Gesichtern

Sträter ist unterdessen einer, den man sich beim WDR ebenso wie Marco Schreyl sehr gut als "WDR-Gesicht" vorstellen kann. Diesbezüglich herrschte zuletzt dann doch ein Mangel - und durch die Einstellung lange laufender Formate werden die Identifikationsfiguren mit dem Programm nicht eben mehr. "Die Leute lassen eher Menschen in ihr Wohnzimmer rein, die sie kennen und mögen", erklärt Grewenig. Es geht in nächster Zeit also auch darum, den Zuschauern neue Menschen vorzustellen, mit denen sie gerne den einen oder anderen Abend verbringen wollen. Daher ist es kein Zufall, dass Torsten Sträter auch in der neuen Panelshow "Nuhr gefragt - Die Pro & Contra Comedy" dabei sein wird, deren Moderation - man ahnt es schon - Dieter Nuhr übernimmt.

Das Konzept der Produktion, die in Zusammenarbeit mit i&u entsteht, ist schnell erklärt: Nuhr versammelt ab dem 16. Oktober sonntags um 22:45 Uhr eine Runde von Comedians um sich, die mehr oder weniger moralisch relevante Fragen beantworten sollen. Nuhr legt dabei jedoch im Vorfeld fest, wer von ihnen mit "Pro" und wer mit "Contra" argumentieren muss. Darüber hinaus holt das WDR Fernsehen auch noch Axel Naumer und Henning Bornemann vor die Kamera, um eine TV-Version ihrer Radiosendung "Satire Deluxe" präsentieren. Die Sendung sei "dem Kabarett verpflichtet und junge Comedy gegenüber aufgeschlossen", heißt es. Eine erste Ausgabe von "Satire Deluxe" soll am 29. Oktober um 22:30 Uhr ausgestrahlt werden.

Ebenfalls spannend: Pünktlich zu Weihnachten wird Cordula Stratmann nach acht Jahren Pause mal wieder in die Rolle der Annemie Hülchrath steigen und in zwei neuen Folgen von "Annemie kommt!" mit Prominenten unterwegs sein. Dadurch sollen halbstündige, dokumentarisch angelegte Porträts mit schrägen Gesprächen entstehen, so die Hoffnung der WDR-Verantwortlichen. Um die Produktion kümmert sich Reinhold Beckmanns beckground tv. Vermisst wird mit Blick auf die Pläne der WDR-Unterhaltung vor allem das von der bildundtonfabrik hergestellte Comedy-Format "Die unwahrscheinlichen Ereignisse im Leben von...", das sich letztlich jedoch schwer tat, im Dritten sein Publikum zu finden. Hiervon wird es keine neuen Folgen geben. Doch Siegmund Grewenig stellte zumindest in Aussicht, mit der btf an einem neuen Format für das Junge Angebot arbeiten zu wollen, das später auch im linearen Fernsehen laufen könnte. Es ist eben nicht so einfach, ein Fernsehprogramm zu verjüngen. Erst recht, wenn der Durchschnittszuschauer über 60 ist.