Neun Jahre liegt der letzte große Relaunch des ZDF im Internet zurück - eine lange Zeit, wenn man bedenkt, wie sehr sich der Fernsehmarkt, das Verhalten der Zuschauer und nicht zuletzt der Geräte-Markt seither verändert haben. Welch weitreichende Veränderungen es seither gab, macht alleine schon die Tatsache deutlich, dass im Jahr 2007 noch keine Apps vorhanden waren. "Unser bisheriges Angebot ist in dieser Zeit gewuchert", sagt Eckart Gaddum, der beim ZDF die Hauptredaktion Neue Medien leitet und es sich zusammen mit seiner Mannschaft zur Aufgabe gemacht hat, den Wildwuchs einzudämmen. Eineinhalb Jahre lang haben sie an einem Relaunch gearbeitet, der mehr ist als nur eine kleine Veränderung.

Herausgekommen ist nämlich eine Verschmelzung von ZDF.de und der Mediathek, die nächste Woche in der Nacht von Donnerstag auf Freitag umgesetzt werden soll. Auf diese Weise soll sich das Online-Angebot des ZDF zu einem reinen Videoportal wandeln. Gaddum spricht vom "letzten konsequenten Schritt", für den sich der Mainzer Sender entschieden hat. Die Mediathek sei aus diesem Grund ein Projekt, das wie kein anderes das ganze Haus umfasse. "Ob es ein Erfolg wird, hängt auch davon ab, wie die Redaktionen damit umgehen." Die wollten - anders als noch vor neun Jahren - diesmal allesamt bei der Gestaltung mitsprechen. Kein Wunder, hat sich die Zahl der monatlichen Besuche von ZDF.de und Mediathek seit 2007 doch von rund neun Millionen auf 45 Millionen verfünffacht.

Mehr als ein Drittel der Visits erfolgt nach Angaben des ZDF heute über Smartphones und Tablets - also über Geräte, die es 2007 ebenso wenig gab wie Smart-TVs, die wiederum allein mit ihrer HbbTV-Funktion inzwischen gut acht Prozent aller Besuche ausmachen. Genau darauf will das ZDF mit seiner Generalüberholung reagieren, die Website und diverse Apps auf verschiedenen Geräten gleichermaßen umfasst. Auffällig: Anders als bislang kommt die Startseite künftig weitaus üppiger daher, was der konsequenten Aufteilung in zwölf Rubriken mit ihren etwa 33.000 Videos geschuldet ist. All das fühlt sich sehr schnell sehr "netflixig" an. Nicht die einzelnen Sender geben also die Hauptnavigation vor, sondern Genres wie Dokumentationen, Krimis oder Shows.

Die Mediathek wird persönlich

Gleichzeitig hat aber auch weiterhin die bekannte "Sendung verpasst?"-Funktion Bestand, die letztlich die Verbindung zur linearen Welt herstellt. Sie sei noch immer unverzichtbar, erklären die Mediathek-Macher bei einem Werkstattgespräch auf dem Lerchenberg. Im Zuge des Relaunches haben sie zugleich die Suchfunktion verbessert. Für das nächste Jahr ist für entsprechende Endgeräte sogar eine Sprachsuche angedacht, die das Auffinden von Videos weiter erleichtern soll. Die wichtigste Neuerung ist aber gewiss der persönliche Bereich, für den es jedoch einer Anmeldung bedarf. "Mein ZDF" nennt sich die zentrale Funktion, die den Nutzern erstmals die Gelegenheit geben soll, die Mediathek den eigenen Interessen anzupassen.

Ähnlich wie das bei Netflix & Co. bereits üblich ist, setzt somit  auch das ZDF fortan auf persönliche Empfehlungen. Je aktiver also ein User die Mediathek nutzt, desto besser kann ihm vorgeschlagen werden, was ihn womöglich noch interessieren könnte. "Durch diese neue Funktion klammern wir keine Inhalte aus, aber wir können das Angebot wesentlich besser aufbereiten als bisher", sagt Tina Kutscher, die als Chefin der Konzeption fungiert. Zur Anmeldung zwingen will man die Nutzer freilich nicht. Ein weiterer Vorteil besteht jedoch schlicht darin, dass die Funktionen auf allen Geräten, auf denen man angemeldet ist, zur Verfügung stehen. Sofern die Mediathek von mehreren Personen genutzt wird, können über einzelne Profile individuelle Merklisten und Empfehlungen angezeigt werden. Neu ist außerdem der Plus-Button, der gleich mehrere Funktionen umfasst: Durch einen Klick oder Tab lassen sich unter anderem Sendungen abonnieren, teilen oder liken.

Einen siebenstelligen Betrag hat das ZDF in die Runderneuerung investiert, die die Verantwortlichen jedoch keineswegs als abgeschlossen erachten. So soll es im nächsten Jahr beispielsweise möglich sein, eine Sendung auf einem Gerät zu starten und auf einem anderen weiterzusehen - auch das ist einer der Vorteile durch die Personalisierung der Mediathek, die jetzt also endgültig zum zentralen Portal für das ZDF werden soll. Ein konsequente Weiterentwicklung, durch die sich der Sender ohne Zweifel von der Konkurrenz abhebt. "Der Relaunch der Mediathek ist ein strategischer Schritt für das ZDF und ein echter Gewinn für Millionen Nutzer", betont alsdann auch Chefredakteur Peter Frey. Bleibt abzuwarten, ob die Nutzer das genauso sehen. Das Ergebnis kann sich ersten Eindrücken zufolge allerdings gewiss sehen lassen.