Conrad Albert zeigte sich angriffsfreudig. "Ich fände es super, wenn Ulrich Wilhelm von einer großen Bürde entlastet wird", erklärte der ProSiebenSat.1-Vorstand und schlug bei der Eröffnung der Medientage München kurzerhand vor, die öffentlich-rechtlichen Sender vom Quotendruck zu befreien. "Dann könnten Sie sich noch viel besser auf Ihren Grundauftrag konzentrieren", sagte er in Richtung des BR-Intendanten Ulrich Wilhelm und erntete dafür einigen Applaus. Zugleich hatte er noch einen Vorschlag im Gepäck, mit dem er bei Horst Seehofer offene Türen einrennen würden. Der bayerische Ministerpräsident hatte die Medientage allerdings schon längst verlassen, als Albert seinen Gedanken aufgriff, die öffentlich-rechtlichen Sender zusammenzuführen.

So verpasste Seehofer auch den Vorschlag von ZDF-Moderatorin Dunja Hayali, die souverän durch die mehr als dreistündige Veranstaltung führte, den fusionierten Kanal in ADF zu benennen. Ulrich Wilhelm nahm den Vorschlag des ProSiebenSat.1-Mannes kurz darauf allerdings betont gelassen auf. Dieses Thema werde demnächst nicht angefasst werden, zeigte er sich überzeugt. Gleichzeitig äußerte er sich jedoch offen für mehr Zusammenarbeit in Bereichen wie Technik, Verwaltung oder IT, "um zusätzlichen Finanzbedarf so gering wie nur möglich halten zu können", erklärte Wilhelm. Allerdings müsse das Kartellrecht entsprechend geändert werden. "Das ist ein dickes Brett, das wir bohren", stellte der Intendant in München klar. 

Doch längst ist es eben nicht mehr nur der klassische Streit zwischen Öffentlich-Rechtlichen und Privaten, schließlich sind die Angebote von Netflix oder Amazon, aber auch YouTube vor allem beim jüngeren Publikum zu ernstzunehmendem Konkurrenten geworden – auch für den Pay-TV-Sender Sky, der in Zukunft womöglich mehr denn je um attraktive Sportrechte bangen muss. "Ich bin 17 Jahre beim Abonnentenfernsehen. Die Nervosität hält sich jetzt in Grenzen", sagte Carsten Schmidt, CEO von Sky Deutschland. "Das ist Wettbewerb und dem stellen wir uns. Wir werden sehen, wer in ein paar Jahren Sport-Inhalte anbietet." Amazon müsse in diesem Markt erst noch nachweisen, "dass sie nachhaltig sind".

In einer weiteren Gesprächsrunde sprach schließlich Florian Hager, Programmgeschäftsführer des gerade erst gestarteten öffentlich-rechtlichen Jugendangebots funk, über das Vorhaben, junges Publikum zu erreichen. "Wir haben noch einen weiten Weg vor uns", zog er ein erstes Fazit und verteidigte abermals das Vorgehen, die Videos nicht zuletzt auf YouTube oder Facebook anzubieten. "Wir müssen dahin, wo die Nutzer sind." Wolfgang Link, der als ProSiebenSat.1-TV-Deutschland-Chef ebenfalls darum bemüht ist, die jungen Zuschauer zu erreichen, kann den reinen Fokus auf das Netz jedoch nicht nachvollziehen. "Ich bin überhaupt nicht neidisch", erklärte er. "Wir beweisen mit ProSieben, dass die Jungen durchaus noch Fernsehen schauen und schaffen es mit unseren Angeboten, die ganze Bevölkerung abzudecken."

Angesprochen auf die immer neuen Sender, die der Konzern in den vergangenen Jahren gestartet hat, sagte Link, man wolle "bei der Fragmentierung nicht zuschauen, sondern sie aktiv mitgestalten." Dazu passte auch, was sein Kollege Conrad Albert zuvor ausführte, als er sich dafür aussprach, weniger auf Algorithmen zu achten. "Wir brauchen die Trüffelschweine mit dem richtigen Riecher für den besten und unterhaltsamsten Content." Das dürfte auf absehbare Zeit einfacher sein, als eine Zusammenlegung von ARD und ZDF zu erreichen.

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