Eigentlich wollte der DJV-Landesverband am Montagabend in der Düsseldorfer Landesanstalt für Medien über die „Schwindende Medienvielfalt in Nordrhein-Westfalen“ sprechen, die es – darin waren sich alle Diskutanten einig – gibt. Aber mit Einladung des Landeschefs der AfD, Marcus Pretzell, geriet das Thema erwartbar in den Hintergrund.
 
Denn darauf gab es unter anderem vom Bündnis „Düsseldorf stellt sich quer“ heftige Kritik. Bislang habe es in der Stadt eine „Hegemonie der Anständigen“ gegeben, wie Oberbürgermeister Thomas Geisel es nannte, heißt es in Offenen Brief des Bündnisses. Es sei nicht nachvollziehbar, wie der DJV mit einem „Rassisten“ in einer „nicht öffentlichen Sitzung“ über die schwindende Medienvielfalt diskutieren wolle.


 
Grundsätzlich waren nur Mitglieder des DJV eingeladen. Auf Nachfrage – und auch weil die Kapazitäten nicht ausgeschöpft waren – durften auch andere Journalisten teilnehmen. Der DJV rechtfertigte sich: An der Podiumsdiskussion sollten „alle Parteien“ teilnehmen dürfen, „die eine realistische Chance haben, nach der Wahl am 14. Mai in den neuen Landtag einzuziehen.“ Deshalb habe der Journalistenverband intern nach einer „kontroversen Diskussion“ eben auch Marcus Pretzell eingeladen.
 
Von dem Protest ist am Montagabend weder im Saal noch außerhalb viel zu hören oder zu sehen. Etwa 30 Demonstranten haben sich – bewacht von zwei Polizeiwagen – vor der Landesanstalt für Medien versammelt und halten Transparente mit „Blau ist das neue Braun“ oder „Pretzell schließt Journalisten aus. Die lernen leider nichts daraus! Sie halten ihm ein Plätzchen warm. Denkt nur eins, es ist zu spät, wenn alle Welt „Heil Höcke“ kräht!“.
 
Drinnen im Saal war es dann Frank Überall, der Bundesvorsitzende des DJV, der Marcus Pretzell am deutlichsten angriff: „Hören Sie auf, die Presse von ihren Parteitagen auszuschließen.“ Die Pressefreiheit dürfe nicht mit Füßen getreten werden. Aber im Grunde waren sich auch darin alle einig – selbst der Europaabgeordnete der AfD. Der hatte dann sogar noch ein Lob für die Tageszeitung „taz“ übrig. Natürlich wisse er, dass die Journalisten wahrscheinlich nicht seine Meinung oder die seiner Partei teilen, aber sie haben immer „fair agiert“ und „faire Interviews“ geführt.
 
Der Ausschluss von Journalisten bei der AfD war dann auch der einzige wirklich kontroverse Punkt, den der Verband kritisierte, in dem sich Pretzell in fast üblicher AfD-Manier zu rechtfertigen versuchte: „Bei 95 Prozent aller Parteitage waren Journalisten zugelassen.“ Und weiter: Journalisten dürften zwar über alles berichten, hätten aber kein Recht darauf überall zugelassen zu werden. Der AfD-Politiker gab sich fast (zu) zahm, hatte erstaunlich viele Schnittmengen mit den anderen Vertretern der Parteien, etwa in der Frage, dass der Lokaljournalismus immer mehr an Bedeutung verlieren, weil die Menschen keine Verbundenheit mehr mit einer bestimmten Stadt oder Region haben oder auch in der Medienbildung schon in der Schule.
 
Es waren die Zwischentöne, die Pretzell von den anderen Diskutanten abhoben: „Im Idealfall sind Medien tatsächlich so etwas wie die vierte Gewalt im Staate“ oder auch „Es besteht Verunsicherung, ob es sich bei dem Text um einen Kommentar handelt oder einen faktenbasierten Text“ oder es müsse ein Sender geschaffen werden, wie etwa ein „gepimptes Phoenix“ mit einer „vernüftigen Tagesschau“ – flankiert von nur einigen „Spartenkanälen wie einem Kinderkanal“.
 
Das Problem der Diskussion lag vielleicht schon in der Weite des Themas Medienvielfalt unter dem sich so ziemlich alles diskutieren ließ, oder eben auch nichts. So nahmen zunächst alle Vertreter zur Rolle des Journalismus und der Journalisten Stellung nehmen – bei sechs Parteien war damit schon die Hälfte der knapp zweistündigen Veranstaltung um. Der Erkenntnisgewinn bei „Die Medien sind die vierte Gewalt“ (Özlem Demirel, Die Linke) über „Journalisten müssen in einem ökonomischen sicheren Umfeld arbeiten“ (Oliver Keymis, Grüne), „Journalismus muss die Politik und die Wirtschaft kontrollieren“ (Alexander Vogt, SPD) war relativ gering.
 
Bedauerlich, denn gerade vor der anstehenden Landtagswahl und den Bundestagswahlen wäre eine medienpolitische Diskussion über Inhalte und Lösungsansätze der einzelnen Parteien im Umgang mit Informationen, Fake News und den berüchtigen „alternativen Fakten“ hilfreich gewesen. Stattdessen drehte sich der Meinungsaustausch um Medienbildung, die „bösen“ Angriffe und Monopolisierung von Google, Twitter und Facebook und die immer schlechter werdenden Arbeitsbedingungen von Journalisten.

Auch das sind ohne Zweifel wichtige Themen, aber angesichts jüngerer, aktuellerer Probleme wirkte die Diskussion austauschbar. Und so reicht es eben nicht, nur in der Begrüßung auf den inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel zu verweisen – und Solidarität zu fordern. Man hätte erwarten können, dass dieses Thema in den Mittelpunkt gerückt wird. Aber dafür sind solche Veranstaltungen - augenscheinlich auch, wenn sie von Journalisten veranstaltet werden - zu starr geplant, gedacht und vorbereitet.