Der Westdeutsche Rundfunk hat sich mit sofortiger Wirkung von Gebhard Henke getrennt. Das erklärte der öffentlich-rechtliche Sender am Donnerstag in einer Mitteilung. Dem langjährigen WDR-Fernsehfilmchef werden sexuelle Belästigung und Machtmissbrauch vorgeworfen. Erste Vorwürfe gegen Henke waren Ende April bekanntgeworden, der WDR hatte den Leiter des Programmbereichs Fernsehfilm, Kino und Serie daraufhin zunächst freigestellt.

Nach Angaban des Senders haben in den vergangenen Wochen mehr als zehn Frauen dem WDR über sexuelle Belästigung und unangemessenes Verhalten durch Henke berichtet, teils in Zusammenhang mit Machtmissbrauch. Man habe die Schilderungen "sorgfältig" geprüft und Henke angehört. Dieser habe die Vorwürfe zwar zurückgewiesen, doch der WDR hielt die geschilderten Vorfälle für "schwerwiegend und glaubhaft", wie es heißt.

"Aus Sicht des WDR besteht kein Vertrauensverhältnis mehr", teilte der WDR nun mit und begründete damit die Kündigung von Henke, der seit 1984 für den Sender arbeitet und daneben auch als "Tatort"-Koordinator fungiert. Henke selbst war Ende April über seinen Anwalt Prof. Dr. Peter Raue in die Offensive gegangen und bestritt die Vorwürfe. Gleichzeitig kritisierte er das Vorgehen von WDR-Fernsehdirektor Jörg Schönenborn, der ihn von seinen Dienstpflichten freigestellt habe, "ohne einen einzigen konkreten Sachverhalt zu nennen".

In der Folge hatte sich unter anderem die Moderatorin und Autorin Charlotte Roche zu Wort gemeldet und über einen angeblichen Vorfall während eines Treffens mit Henke im Jahr 2013 berichtet. Dagegen machten sich 16 Medienfrauen für den langjährigen WDR-Fernsehfilmchef stark, darunter die Regisseurinnen Feo Aladag und Hermine Huntgeburth, die Schauspielerinnen Barbara Auer, Anna Schudt und Caroline Peters sowie die Produzentinnen Anja Uhland und Annette Pisacane.

Beendet ist der Streit mit der vom WDR ausgesprochenen Kündigung indes noch nicht. Wie der "Express" berichtet, soll bereits am Dienstag vor dem Kölner Arbeitsgericht ein einstweiliges Verfügungsverfahren stattfinden, in dem sich Gebhard Henke gegen die vom WDR vorgenommene Freistellung wendet. In einer Mitteilung hatte Henkes Anwalt Peter Raue am Donnerstag erklärt, dass "auch in der Vorkorrespondenz des WDR keine zur fristlosen Kündigung berechtigten Vorfälle genannt" habe. Im Wesentlichen habe der WDR in einem Schreiben die bereits im "Spiegel veröffentlichen Vorwürfe wiederholt, die man für Henke "eingehend erwidert" habe. "Eine Reaktion auf diese Erwiderung ist nicht erfolgt. Die 'Antwort' ist lediglich eine fristlose Kündigung", so Raue.

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