Die Kritik von den beiden großen politischen Lagern sowie ein verlorener Gehaltsprozess gegen eine eigene Mitarbeiterin sind nur zwei Dinge, die die BBC in den vergangenen Wochen beschäftigt haben. Nun hat Generaldirektor Tony Hall angekündigt, sein Amt im kommenden Sommer niederlegen zu wollen. Hall wird dann 69 Jahre alt sein, dennoch kommt die Nachricht überraschend, war mit seinem Abgang bislang doch eigentlich nicht gerechnet worden. 


In einer E-Mail an die Mitarbeiter der BBC hat sich Hall erklärt, er schreibt darin unter anderem, dass ihm die Entscheidung sehr schwer gefallen sei. "Wenn ich meinem Herzen folgen würde, würde ich niemals gehen wollen", so Hall, der sagt, es gehe aber darum, die Interessen des Unternehmens an erste Stelle zu setzen. Was er damit meint: 2027 steht eine generelle Überprüfung des Auftrags der BBC an, schon 2022 gibt es eine Art Halbzeit-Analyse. Hall sagt nun, dass er es befürworte, wenn das Unternehmen zu beiden Zeitpunkten von der gleichen Führung geleitet würde. Seine Entscheidung zum Rückzug ist also vor allem eine strategische, die die Verhandlungsposition der BBC nicht schwächen soll. 

"In den nächsten sechs Monaten werde ich mich wie immer vorrangig für diese großartige Organisation einsetzen und unsere Neuerfindung weiter leiten", so Hall, der findet, es gebe viel zu tun, um die Kreativwirtschaft in Großbritannien zu transformieren. Tony Hall kam bereits 1973 als Praktikant zur BBC und hatte bis 2001 in verschiedenen Positionen in den Nachrichtenabteilungen des Senders gearbeitet, zuletzt als Chief Executive Director für den Bereich Nachrichten und Aktuelles. Danach leitete er das Royal Opera House in London, 2013 wurde er Generaldirektor der BBC. 

Der Vorsitzende der BBC, Sir David Clementi, sagt zum Abgang des Generaldirektors: "Tony Hall ist ein inspirierender kreativer Leiter in Großbritannien und auf der ganzen Welt und die BBC hat das Glück, ihn in den letzten sieben Jahren als Generaldirektor gehabt zu haben. Tony hat die BBC mit Integrität und einer Leidenschaft für unsere Werte geführt, die für jeden, der ihn trifft, offensichtlich ist. Seine Reformen haben die BBC für die Zukunft geprägt und er wird die BBC im Sommer mit unserer Dankbarkeit und unseren allerbesten Wünschen verlassen." Nun habe man die Verantwortung, einen geeigneten Nachfolger für Hall zu finden, so Clementi. In den kommenden Wochen wolle man daher eine Stellenbeschreibung veröffentlichen, man suche sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unternehmens. 

Die BBC stand in den vergangenen Wochen sehr in der Kritik, sowohl liberale als auch konservative Politiker kritisierten den Senderverbund für angeblich einseitige Berichterstattung. Auch Premierminister Boris Johnson kritisierte die BBC immer wieder und stellte unter anderem die Finanzierung des Unternehmens infrage (DWDL.de berichtete). Auch das Geld war in den vergangenen Monaten immer wieder Thema: Weil die Regierung ab diesem Jahr nicht mehr die Gebühren für Senioren ab 75 Jahren übernimmt, muss die BBC das Loch selbst stopfen. Künftig sind also nur noch solche Senioren von den Gebühren befreit, die einen staatlichen Rentenzuschuss erhalten. Alle anderen müssen jedoch künftig die License Fee in Höhe von 155 Pfund im Jahr zahlen (DWDL.de berichtete). Zuletzt kam noch negative Presse hinzu, weil die BBC Samira Ahmed über Jahre hinweg schlechter bezahlte als einen ihrer männlichen Kollegen, der eine ähnliche Tätigkeit wie sie verrichtete. Das wurde sogar vor Gericht bestätigt. Dennoch bleibt festzuhalten, dass gerade in den vergangenen Jahren unter der Führung von Tony Hall das sogenannte Gender Pay Gap kleiner geworden ist.