Der Beginn der Corona-Krise war im TV-Programm noch von zahlreichen Sondersendungen und kurzfristig erdachten Lockdown-Formaten geprägt, inzwischen allerdings spiegelt sich zunehmend wieder, was in den kommenden Monaten noch deutlichere Ausmaße annehmen dürfte: Die Corona-bedingten Produktionspausen sorgen für einen Mangel an Nachschub an frischem TV-Programm - und der Einbruch bei den Werbeeinnahmen der Privaten zugleich noch dafür, dass auch noch weniger Geld für die Produktion neuer Programme zur Verfügung steht. Wir werden also aller Voraussicht nach in diesem Jahr eine deutlich höhere Wiederholungsrate sehen als gewohnt.

Sehr deutlich zeichnet sich das bereits beim ZDF ab, das beispielsweise sonntags schon seit Wochen nur noch Wiederholungen zeigt und auch auf weiteren Film-Plätzen die frischen Produktionen lieber noch etwas aufspart. Das führt dazu, dass schon im Mai weniger als drei Viertel des Programms mit Neuware bespielt wurde, 18 Prozentpunkte weniger als noch im vergangenen Jahr. Frische-Meister wurde stattdessen wieder Das Erste, das nach einem vor allem durch Info-Programme hochgetriebenen sehr starken April-Wert aber nun auf 78 Prozent Frische-Anteil abgab. RTL lag mit fast drei Viertel auf einem ähnlichen Niveau. Hier waren es vor allem die Serien-Abende am Dienstag und Donnerstag, die einen besseren Wert verhinderten. Trotzdem wurde das Vorjahresniveau gehalten.

Zwei Sender steigerten ihren Anteil an frischem Programm im Vergleich zum April gegen den Trend deutlich: Vox und ProSieben. ProSieben bestritt nun immerhin wieder etwas mehr als die Hälfte des Abendprogramms (wir werten für unseren Frische-Index stets den Anteil an Erstausstrahlungen und Free-TV-Premieren in der Zeit zwischen 20:15 Uhr und Mitternacht aus) mit Neuware, Vox kam auf 45 Prozent - Zugewinne von jeweils mehr als zehn Prozentpunkten verglichen mit dem April. Bei ProSieben zeigte sich u.a., dass mittwochs wieder neue Folgen der Krankenhausserien sowie drei Mal "Joko & Klaas Live" zu sehen war, zudem gab's dienstags nun durchweg Erstausstrahlungen, während sich im Vormonat noch die zwischenzeitliche "Masked-Singer"-Pause niederschlug. Auch Vox zeigte mittwochs nun wieder Serien-Frischware, zudem waren die Datingshows am Montag, "Sing meinen Song" am Dienstag und "Grill den Henssler" am Sonntag über viele Stunden in Erstausstrahlung zu sehen. Bei Sat.1 ging's hingegen deutlich abwärts. Sonntags fehlte "The Voice Kids", auch auf den Serien-Sendeplätzen gab's wegen corona-bedingten Synchronisationsverzögerungen mehr Wiederholungen. Ganz hinten rangiert wieder Kabel Eins, das zwar seinen Wiederholungsanteil nicht noch weiter steigerte - das war angesichts von 88 Prozent aber auch kaum noch möglich.

    FIX-Punkte
Mai 2020
Vergleich zum
Vormonat
Vergleich zum
Mai 2019
Jahresschnitt '20
(vs 01-05/19)
Das Erste 78 von 100 -12 +3 83
(+4)
RTL 74 von 100 -1 +0 83
(+3)
ZDF 72 von 100 -7 -18 83
(-6)
ProSieben 51 von 100 +11 +3 51
(+2)
VOX 45 von 100 +13 -3 35
(-11)
Sat.1 37 von 100 -17 -7 49
(-4)
RTLzwei 21 von 100 -10 -12 29
(-10)
kabel eins 12 von 100 +0 -10 21
(-4)

Zum Schluss wie immer ein paar Anmerkungen zu den Daten: Über die Qualität des Programms sagt der Anteil der Erstausstrahlungen natürlich nicht unbedingt etwas aus, doch es ist trotzdem eines von mehreren Indizien, mit welchem Aufwand ein Programm derzeit betrieben wird. Zu beachten ist zudem: Der Frische-Index gibt einen Trend an, bildet die Situation aber nicht ganz genau ab. So gibt es beispielsweise einen systembedingten "Nachteil" für Das Erste und das ZDF: Aufgrund der Werbefreiheit müssen sie mehr eigenes Programm produzieren, um die Zeit zu füllen, während die Privatsender einen gar nicht so geringen Teil des Abends mit Werbeblöcken füllen. Eine Stunde Erstausstrahlung ohne Werbung im Ersten haben wir aber genauso gewertet wie eine Stunde Erstausstrahlung bei den Privaten mit Werbung. Dazu kommt, dass einige Privatsender tendenziell etwas weniger Werbung zeigen als andere - so etwa Vox, das Serien anders als beispielsweise RTL nicht immer bis zu einer festen Anfangszeit um "viertel nach" streckt.