Im Mai erstaunte RTL schon mit einem außergewöhnlichen Frische-Anteil im Abendprogramm von 97 Prozent - ein Wert, wie man ihn egal bei welchem Sender fast nie sieht. Ganz so hoch war er im Juni nun zwar nicht mehr, doch von einer Sommerflaute war diesbezüglich im RTL-Programm nichts zu sehen, der Frische-Anteil - also der Anteil der Erstausstrahlungen Free-TV-Premieren in der Zeit zwischen 20:15 Uhr und Mitternacht, die wir für unseren Frische-Index Monat für Monat auswerten - lag bei 90 Prozent und damit mehr als doppelt so hoch wie im Juni vergangenen Jahres.

Damit führte RTL das Ranking sehr deutlich an, weil die öffentlich-rechtlichen Sender im Juni bereits in ihren Sommermodus übergegangen waren. Hier lief zwar am späteren Abend häufig noch frische Ware, doch auf den Film- und Serienplätzen um 20:15 Uhr sind derzeit häufig nru noch Wiederholungen im Einsatz. Die Folge: Der Frische-Anteil im ZDF fiel auf 68, beim Ersten auf 63 Prozent - keine ungewöhnlichen Werte für einen Juni.

Auffällig: Nicht nur bei RTL liegt der Frische-Anteil im Juni enorm höher als noch ein Jahr zuvor, sondern auch bei Vox, das knapp die Hälfte des Abendprogramms noch Erstausstrahlungen bzw. Free-TV-Premieren zeigte - im Vergleich zu 18 Prozent ein Jahr zuvor. Das hängt natürlich auch mit der Lage von EM/WM zusammen: Während im Vorjahr im Juni schon Fußball-EM-Zeit war, wird die Fußball-WM diesmal erst Ende des Jahres stattfinden. Das gibt einerseits den Privaten im Sommer mehr Luft - und macht es ihnen andererseits in der Vorweihnachtszeit schwerer. Auch das dürfte bei der aktuell hohen Zahl an frischem Programm eine Rolle spielen. Allerdings hat RTL den Frische-Anteil in diesem Jahr generell hochgefahren - auch aufs gesamte erste Halbjahr gesehen ist RTL im Frische-Ranking derzeit nämlich deutlich vor dem ZDF und dem Ersten.

Dass bei ProSieben und Sat.1 der EM/WM-Effekt im Juni weniger ausgeprägt ist, hängt unterdessen teils auch damit zusammen, dass große Flops wie "Birgits starke Frauen" oder "Club der guten Laune" die Primetime (teils) räumen mussten bzw. bei ProSieben das eigentlich geplante "Beauty and the Nerd" unter mysteriösen Umständen gar nicht zur Ausstrahlung kam. Sat.1 kam daher nun nicht über 41 Prozent hinaus, ProSieben lag mit 30 Prozent Frische-Anteil nur knapp vor RTLzwei.

    FIX-Punkte
Juni 2022
Vergleich zum
Vormonat
Vergleich zum
Juni 2021
Jahresschnitt '22
(vs 01-06/21)
RTL 90 von 100 -7 +47 91
(+18)
ZDF 68 von 100 -17 +4 86
(+3)
Das Erste 63 von 100 -19 -6 83
(-2)
VOX 49 von 100 -10 +31 47
(+10)
Sat.1 41 von 100 -8 +7 53
(+8)
ProSieben 30 von 100 -26 +5 55
(+8)
RTLzwei 27 von 100 +0 +18 36
(+6)
kabel eins 21 von 100 +2 +12 22
(+0)

Frische-Index-Verlauf bis Juni 2022

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Quelle: DWDL.de-Recherche
dwdl.de/zahlenzentrale

Zum Schluss wie immer ein paar Anmerkungen zu den Daten: Über die Qualität des Programms sagt der Anteil der Erstausstrahlungen natürlich nicht unbedingt etwas aus, doch es ist trotzdem eines von mehreren Indizien, mit welchem Aufwand ein Programm derzeit betrieben wird. Zu beachten ist zudem: Der Frische-Index gibt einen Trend an, bildet die Situation aber nicht ganz genau ab. So gibt es beispielsweise einen systembedingten "Nachteil" für Das Erste und das ZDF: Aufgrund der Werbefreiheit müssen sie mehr eigenes Programm produzieren, um die Zeit zu füllen, während die Privatsender einen gar nicht so geringen Teil des Abends mit Werbeblöcken füllen. Eine Stunde Erstausstrahlung ohne Werbung im Ersten haben wir aber genauso gewertet wie eine Stunde Erstausstrahlung bei den Privaten mit Werbung. Dazu kommt, dass einige Privatsender tendenziell etwas weniger Werbung zeigen als andere - so etwa Vox, das Serien anders als beispielsweise RTL nicht immer bis zu einer festen Anfangszeit um "viertel nach" streckt.