Auf einer gemeinsamen Tagung haben die Landesregierungen von Bayern und Nordrhein-Westfalen über das Fernsehen gesprochen. In diesen Bundesländern sind mit ProSiebenSat.1 und RTL Deutschland die beiden großen Privatsender-Gruppen angesiedelt, von denen seit Jahrzehnten jede auf ihrem größten Kanal täglich ein halbstündiges Regionalfenster verbreitet. Deren Ziel ist es, der "aktuellen und authentischen Darstellung der Ereignisse des politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens in dem jeweiligen Land" zu dienen, wie es im Medienstaatsvertrag heißt.

Doch eine erstaunlich unscharfe Formulierung hat jetzt offenkundig Zweifel an der bisherigen Aufteilung der Regionalfenster-Verbreitung zwischen RTL und Sat.1 aufkommen lassen. Das Dilemma: Im Medienstaatsvertrag ist bislang gar nicht die Rede davon, dass jede Sendegruppe ein solches Fenster für regionale Berichterstattung anbieten muss. Vielmehr wird von "den beiden bundesweit verbreiteten reichweitenstärksten Fernsehvollprogrammen" gesprochen - bedingt durch die Erfolge von RTL und Sat.1 in der Vergangenheit verteilte sich die Pflicht zur Ausstrahlung der Regionalfenster praktischerweise auf beide Sendergruppen.

Doch was, wenn ein einstmals strahlender Sender wie Sat.1 im Laufe der Zeit so kräftig an Zuspruch beim Publikum verliert, dass die beiden reichweitenstärksten Privatsender aus ein und derselben Sendergruppe stammen? Tatsächlich hat Sat.1 in den vergangenen Jahren derart rasant an Marktanteilen eingebüßt, dass der Sender beim Gesamtpublikum hinter Vox zurückzufallen droht. Schon im März war das der Fall: Da lag Sat.1 mit einem Marktanteil von nur noch 4,5 Prozent fast einen halben Prozentpunkt hinter dem von RTL Deutschland betriebenen Sender mit der roten Kugel.

Formuliert wurde der entsprechende Paragraph im Medienstaatsvertrag hingegen vor 21 Jahren - zu einem Zeitpunkt, als Sat.1 mit rund zehn Prozent noch einen mehr als dreimal so hohen Gesamt-Marktanteil wie Vox erzielte. Nähme man die bis heute gültige Formulierung wörtlich, wäre daher perspektivisch nicht mehr Sat.1 dazu verpflichtet, neben RTL ein Regionalfenster auszustrahlen, sondern Vox. Während RTL Deutschland ein solches Angebot somit auf zwei seiner Sender anbieten müsste, wäre ProSiebenSat.1 von dieser Pflicht befreit - was offenkundig nicht im Sinne der Politik ist.

"Vielfaltssichernde Maßnahmen im Medienstaatsvertrag"

Aus diesem Grund machen sich die Landesregierungen von Bayern und NRW nun für den Erhalt der Regionalfenster in den beiden großen Privatsendergruppen sowie eine entsprechende Änderung der Vorgaben im Medienstaatsvertrag stark. Diese privaten Angebote seien als vielfaltssichernde Maßnahmen im Medienstaatsvertrag verankert und trügen in besonderer Weise zu demokratischer Partizipation bei, wird Nathanael Liminski, Medienminister und Chef der Staatskanzlei in Nordrhein-Westfalen, am Mittwoch von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zitiert.

In ihrem kurzen Bericht vermischt die "FAZ" allerdings die Regionalfenster-Regelung mit der Debatte um die - bei den Sendergruppen seit jeher ungeliebten - Drittsendefenster, zu deren Ausstrahlung aktuell ohnehin nur noch RTL verpflichtet ist, weil die ProSiebenSat.1-Gruppe mit ihren Sendern die dafür erforderliche Quoten-Hürde von 20 Prozent schon seit einiger Zeit deutlich verfehlt.

Bei RTL Deutschland zeigt man sich indes mit dem Bestreben der Politik, die Regionalfenster-Regelung im Medienstaatsvertrag schärfer zu formulieren, erwartungsgemäß zufrieden. "Wir begrüßen eine Klarstellung gemäß der Intention des Gesetzgebers zur Vielfaltssicherung, dass auch weiterhin das jeweils reichweitenstärkste Fernsehvollprogramm der beiden Sendergruppen zu Regionalfenstern verpflichtet bleibt", erklärte Eva Messerschmidt, Kommunikationschefin von RTL Deutschland, auf DWDL.de-Nachfrage. Immerhin: In Unterföhring bekennt man sich auch jetzt zu den Regionalprogrammen. "Generell begrüßen wir die Regionalfenster als einen besonderen Beitrag für die Sicherung regionaler Vielfalt in den bundesweiten Programmen", sagte Diana Schardt, Sprecherin der Seven.One Entertainment Group. "Denn genau das macht unser Rundfunksystem so wertvoll - mit der Vielfalt im Programm bilden wir die Vielfalt unserer Gesellschaft ab."