The Comeback© HBO
Es ist nichts Außergewöhnliches, dass immer häufiger alte TV-Klassiker wie bspw. "Dallas" oder "Beverly Hills 90210" Jahrzehnte später wiederbelebt werden, um ein grandioses Comeback zu feiern, was im Falle der eben genannten Serien auch einige Staffeln über gelang. Doch HBO wagte am vergangenen Sonntag ein Experiment, welches durchaus Mut beweist und sowohl TV-Kritiker als auch Zuschauer gleichermaßen überraschte. Vor fast zehn Jahren zeigte der Pay-TV-Sender die Comedyserie "The Comeback" mit "Friends"-Veteranin Lisa Kudrow in der Hauptrolle. Nach nur einer Staffel mit insgesamt 13 Folgen war aber auf Grund von enttäuschenden Quoten relativ schnell Schluss und eigentlich war das Kapitel damit abgeschlossen. Doch erstaunlicherweise verschwand die schillernde Reality-Star-Figur aus "The Comeback", Valerie Cherish, nie so wirklich von der Bildfläche, da YouTube-Videos bis zum heutigen Tag Millionen von Klicks generierten und die Fans der Serie weiterhin hofften, dass der Kultserie irgendwann noch einmal eine Chance gegeben wird.

The Comeback© HBO
Serienerfinder Michael Patrick King war selbst überrascht, dass HBO ihn eines Tages anrief: "Die traurige Wahrheit ist, dass Lisa und ich uns niemals getraut haben nach einem Comeback der Serie zu fragen… und dann hat uns HBO auf einmal kontaktiert." Die erste Staffel in 2005 zeigte die ruhmsüchtige aber trotzdem liebenswerte Sitcom-Darstellerin Valerie Cherish, wie sie von einer Kameracrew für ihre eigene Reality-Show auf Schritt und Tritt begleitet wurde. Die komplette Serie ist im Reality-TV-Stil gedreht, wobei aber das Rohmaterial zweier Kameras gezeigt wird und Valerie ständig dabei ertappt wird, von einem Fettnäpfchen ins Nächste zu treten. Auch in der Comeback-Version von "The Comeback" hat sich an dieser Machart nichts geändert, so dass der Zuschauer am Sonntag zu Beginn der ersten Folge aus der Sicht von Valerie einen Überblick bekam, was sie in den letzten knapp zehn Jahren beruflich vollbracht hatte.



The Comeback© HBO
Nach einem erfolglosen Sitcom-Engagement in "Room & Bored", welches Mittelpunkt der ersten "The Comeback"-Staffel war, schien es um die rothaarige Schauspielerin still geworden zu sein. Laut Valerie schlug sie sich mit einigen Nebenrollen in Independent Filmen durchs Leben, bei denen es sich ironischerweise eigentlich um Studentenfilme handelte. Nun will sie ihre Karriere wieder ankurbeln und hofft besonders auf die Hilfe vom Reality-TV-Gott Andy Cohen, dem sie mittlerweile auch auf Twitter folgt. So beschließt sie einen Piloten für den Bravo-Chef zu drehen, um somit wieder eine eigene Reality-Show zu bekommen. Auch wenn Valerie stets versucht, professionell vor der Kamera zu wirken, gelingt es ihr nie, ihren peinlichen und linkischen Charakter zu verstecken, was sie gleichzeitig aber auch so sympathisch macht. Dank Lisa Kudrows gutem Ruf in der Fernsehbranche schaffte sie es, unzählige Stars für die erste Folge gewinnen zu können. Neben TV-Stars Chelsea Handler und Malin Akerman tauchten auch DragQueen-Ikone RuPaul, "Top Chefs" Carla Hall und "Real Housewife" Lisa Vanderpump auf, die sich selbst spielten.

Lisa Kudrow mit Andy Cohen© HBO
Der größte Coup gelang Kudrow allerdings mit Andy Cohen wie sie in einem Interview erklärte: "Andy Cohen war ich wirklich hinterher, da die komplette Staffel mehr oder weniger auf ihm als Reality-König basiert." So trifft Valerie Cherish in der ersten Folge "zufällig" in einem Restaurant auf Andy Cohen, dem sie ihre Reality-Show-Idee schmackhaft machen will. Die tollpatschige Valerie kann aber neben ihren Realityshow-Bemühungen überraschenderweise auch eine neue Rolle in einer HBO-Sitcom landen, die von ihrem verhassten Erzfeind Paulie G. produziert wird und ihr Leben auf die Schippe nimmt. "The Comeback" ist garantiert keine Mainstream-Comedyserie und Valeries beklemmender und linkischer Charakter mag nicht jedermanns Humorzentrum treffen, doch Lisa Kudrow liefert eine außergewöhnliche Meisterleistung ab, die ein grandioses Comeback verdient. Hut ab, HBO! "The Comeback" hätte zu keinem besseren Zeitpunkt zurück auf den Bildschirm kommen können, da vor knapp zehn Jahren das Genre Reality-Fernsehen à la Kardashians noch in den Kinderschuhen steckte und Amerika offensichtlich für diese Art von Fernsehen noch nicht bereit war, wie Kudrow in einem Interview erklärte: "Damals gab es noch keine Real Housewives. Keiner hat damals verstanden, warum eine Frau sich vor die Kameras stellt um sich zu vermarkten. Heutzutage sieht das schon ganz anders aus." "The Comeback" wurde vom Großteil der TV-Kritiker im Vorfeld zurecht in den Himmel gelobt. Dass HBO weiterhin an den Erfolg glaubt, zeigt auch das Engagement hinsichtlich der Werbekampagne. Allein in New York sind an fast allen Subway-Bahnhöfen Plakate angebracht, die seit Wochen bei den Passanten Aufmerksamkeit erregen.

The Comeback Billboard© M. Müller