Thomas BellutZDFneo soll die jüngeren Zuschauer ansprechen. Ist das Hauptprogramm jetzt also ausdrücklich nur noch für die älteren Zuschauer reserviert?

Nein, es wird nach wie vor Programme wie die Samstagskrimis, viele Fernsehfilme oder "Wetten, dass..?" geben, die auch Jüngere ansprechen. Aber der Markt hat sich verändert. Ein Vollprogramm kann nicht mehr wie früher alles leisten. Wir brauchen dieses starke Beiboot, um jüngere Zuschauer gezielter ansprechen zu können. Ich bin mir aber sicher, dass es auch genügend Ältere gibt, die das, was wir bei ZDFneo zeigen werden, sehr interessant finden.

Die Privatsender kritisieren, dass das Programm von ZDFneo nicht öffentlich-rechtlich sei...

Ich entschuldige mich dafür, dass wir es wagen, das jüngere Publikum anzusprechen. Aber im Ernst: Die Kritik überrascht mich, weil sie das Programm noch gar nicht richtig kennen können. Gleichzeitig zeigt sie aber, dass die Konkurrenz ZDFneo ernst nimmt. Wir müssen natürlich auch bei ZDFneo erklären können, warum die Zuschauer dafür Gebühren zahlen. Aber wir werden in den nächsten Wochen beweisen, dass es dieses Programm wert ist. Ich glaube, dass wir schon mit den ersten Programmen deutlich machen, dass wir auf das Besondere zielen, auf ein intelligentes, weltoffenes, cleveres Programm. Das wird den Unterschied zu den Privaten sofort deutlich machen.
 

 
ZDFneo setzt auch auf Factual Entertainment, also Dokusoaps, die die Öffentlich-Rechtlichen bei den Privatsendern bislang gerne kritisiert haben. Gesteht man damit zu, dass diese Formate auch öffentlich-rechtliches Fernsehen sein können, wenn sie gut gemacht sind?

Man hat bei uns tatsächlich dieses Genre sehr lange nicht so ernst genommen, wie es das verdient hat. Mit ZDFneo beginnt der Versuch, stärker in diese Form von Programmen reinzukommen. Wenn wir aber ein Format wie "Der Straßenchor" mit Obdachlosen machen, müssen wir es verantwortlich tun. Wir müssen dort die Gesetze, die für ein öffentlich-rechtliches Programm gelten, auch einhalten. Da darf es keinen Bohlen geben. Es wird also keinen Wettbewerb um Peinlichkeiten geben. Ich möchte auch bei den neuen Formaten eine Anständigkeit im Programm haben.

Sie bezeichnen ZDFneo als Experimentierfläche für neue Formate und Programmaustausch. Ein Krimi wie etwa „Wilsberg“ soll zuerst bei ZDFNeo, dann im Hauptprogramm laufen. Gibt es weitere Beispiele für das Miteinander von ZDF und ZDFNeo?

Der Kanal könnte ohne den Austausch gar nicht den Anspruch erheben, erfolgreich werden zu wollen. Wir investieren in ZDFneo 30 Millionen Euro, das ist nicht allzu viel Geld für ein Programm. Aber durch den Austausch können wir auf ein großes Reservoir an eigenproduzierten Formaten und erworbenen Lizenzen zurückgreifen. Dank ZDFneo können wir gute Filme, die im ZDF nicht immer leicht in der Primetime zu platzieren sind, auch zur besten Sendezeit zeigen, oft auch zuerst auf ZDFneo. Wir wollen den Cineasten dort eine Fläche bieten, bei der sie sagen "Wow, das gibt es wirklich im Fernsehen?". Ich bin außerdem überzeugt, dass Eigenproduktionen wie "Nachtschicht", die dann über Wochen hinweg auf dem gleichen Sendeplatz zu sehen sein werden, auf ZDFneo noch mehr jüngere Zuschauer erreichen können als im ZDF-Hauptprogramm.

Als Ziel haben sie ausgegeben, bis Ende 2010 den Marktanteil von ZDFneo auf 0,6 Prozent zu verdoppeln. Aber wo wollen sie mittel- und langfristig mit ZDFneo hin?


Zunächst einmal nehmen wir die 1-Prozent-Marke in Angriff. In den nächsten fünf bis zehn Jahren soll ZDFneo aber schon die Größe eines mittleren Dritten Programms der ARD haben.

Warum läuft die "heute-show" eigentlich im Hauptprogramm, während andere Comedy-Formate bei ZDFneo zu sehen sind? Welche Logik steckt dahinter?

Das Format würde natürlich auch zu ZDFneo passen, aber wichtig ist wie schon gesagt: Das Hauptprogramm soll nach dem Start von ZDFneo ja nicht älter werden. Auch da wollen wir moderne, frische Formen ausprobieren. Die "heute-show" passt perfekt zum "heute-journal", das ja auch im ZDF läuft. Die "heute-show" muss in einem Umfeld laufen, wo man politisch Interessierte erreicht - und Politik ist nicht das Hauptziel von ZDFneo.

Die ARD hat jetzt angekündigt, mit "Nightwash" auch eine Comedy mit Knacki Deuser auf einem seiner Digitalkanäle zu zeigen. Fühlen Sie sich bestätigt oder ist das neue Konkurrenz?

Wir nehmen ZDFneo ernster als die ARD jemals ihre Digitalkanäle nehmen wird, weil die ARD einfach über unzählige Kanäle verfügt. ZDFneo ist für uns die eine Riesenchance aus der, wie mein Intendant Markus Schächter immer sagt, "babylonischen Gefangenschaft des Ein-Kanal-Senders herauszukommen". Wir werden ZDFneo mit Nachdruck betreiben.