Foto: Axel SpringerDas riecht nach Ärger. Am gestrigen Montag wurde bekannt, dass ARD-aktuell plant, im ersten Quartal des kommenden Jahres eine kostenlose Applikation für Apples iPhone mit den Inhalten der "Tagesschau" anzubieten. "Mehrere Hunderttausend iPhone-Nutzer dürfen von uns erwarten, dass wir sie auch unterwegs mit seriösen Nachrichten versorgen", erklärte ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke der Deutschen Presseagentur.

Der Protest aus der Verlagsbranche, die die Aktivitäten von ARD und ZDF kritisch beäugen, ließ nicht lange auf sich warten. Am Dienstag-Vormittag teilt der Axel Springer Verlag mit, man habe die Ankündigung "mit Befremden zur Kenntnis genommen", so Unternehmenssprecherin Edda Fels. "Wir gingen davon aus, dass die vorhandenen Gebühren schon nicht mehr zur Finanzierung des bestehenden Angebots ausreichen. Deshalb wundern wir uns, dass im Vorfeld der geplanten Gebührenumstellung das Angebot sogar erweitert werden soll", so Fels.
 

 
Das Unternehmen sieht die Bereitstellung kostenloser Programme für das iPhone nicht vom Grundversorgungsauftrag gedeckt und befürchtet eine "nicht tolerierbare Marktverzerrung". Der Verlag hat Sorge, dass die Pläne der "Tagesschau" die eigenen Pläne, mit kostenpflichtigen Angeboten für Mobiltelefone künftig Geld zu verdienen, durchkreuzen könnten. Erst kürzlich brachte Springer kostenpflichtige iPhone-Angebote für seine Flaggschiffe "Bild" und "Welt" auf den Markt, für deren Nutzung monatlich aufs Neue bezahlt werden muss. "Die Folge der öffentlich-rechtlichen Kostenlos-Offensive wird sein, dass private Angebote langfristig kaum noch konkurrieren können und so Vielfalt reduziert wird", befürchtet man bei Springer. Der Verlag fordert ARD-Chef Peter Boudgoust und NDR-Intendant Lutz Marmor auf, auf ein kostenloses Angebot zu verzichten.
 
Konkrete Details zum iPhone-Angebot der "Tagesschau" sind noch nicht bekannt. Gniffke nahm die Sorge der Verleger bereits im Vorfeld vorweg und sagte der dpa, man werde sich mit dem eigenen Angebot in einem inhaltlich anderen Bereich bewegen. So präsentiere man "Hartholz" und wenig bunte Inhalte oder Sport. "Es ist nicht unsere Aufgabe, ein Ranking der schönsten News-Ladys zu präsentieren oder eine Tiger-Woods-Fotostrecke", so Gniffke gegenüber der dpa.
 
Die ARD bleibt angesichts der Kritik gelassen und sieht keinen Grund zur Aufregung: "Bei dem zukünftigen Angebot sollen bereits seit Jahren mobil verfügbare Inhalte, die ohnehin schon über tagesschau.de/mobil oder wap.tagesschau.de abgerufen werden können, für eine Verbreitung über Smartphones wie das iPhone dargestellt und optimiert werden", erklärt ein Sprecher auf DWDL.de-Nachfrage. Den Dreistufen-Test wird das Angebot wohl nicht durchlaufen müssen. "Der geplanten Kooperation liegt kein neues oder geändertes Telemedienangebot im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags zugrunde. Es geht auch nicht um exklusive Inhalte", so die ARD.
 
Abgesehen von "einem überschaubaren einmaligen Programmieraufwand und den auch sonst für tagesschau.de entstehenden Verbreitungskosten" sollen für die "Tagesschau" auf dem iPhone keine zusätzlichen Kosten anfallen.
 
Unterdessen stimmten der Verband der Deutschen Zeitschriftenverleger VDZ und der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger BDZV in den Kritikerchor mit ein. Der BDZV forderte einen Stopp der Pläne, weil die gebührenfinanzierte ARD "ein neues Geschäftsfeld der privatwirtschaftlich organisierten Presse bereits im Ansatz zu zerstören" drohe. VDZ-Geschäftsführer Fürstner wandte sich in einem Brief direkt an Kulturstaatsminister Neumann und die Ministerpräsidenten der Länder. Fürstner kündigte an, auch rechtliche Schritte prüfen zu wollen.
 
Nach der scharfen Kritik aus Richtung der Verlage äußerte sich am Dienstag-Abend auch der ARD-Vorsitzende und SWR-Intendant Peter Boudgoust: "Bereits seit Jahren sind im absoluten Einklang mit der Mediengesetzgebung die Inhalte von tagesschau.de auch auf handys oder smartphones mobil verfügbar. Warum dies nun mit einer simplen Software zur Wahrnehmung des Angebots von tagesschau.de auf dem iPhone nicht möglich sein soll, verstehe wer will. Die technologieneutrale Ausspielung unserer bestehenden Angebote befindet sich voll im Einklang mit den Regeln des 12. RÄStV. Offensichtlich geht es den Kritikern nicht um die Umsetzung der gesetzlichen Regelungen, sondern darum, uns von den Entwicklungen im Netz abzukoppeln", so Boudgoust.