RTL-Unterhaltungschef Tom Sänger verantwortet Herr Sänger, die guten Quoten von „Deutschland sucht den Superstar“ kommen auch in diesem Jahr mit vielen Diskussionen, nicht nur auf dem Schulhof sondern auch wieder in der Medienpolitik...

Das gehört dazu bei einem Format mit über sieben Millionen Zuschauern, es ist eine natürliche Randerscheinung. Großer Erfolg und ein polarisierendes Format sind eine gute Vorlage für Diskussionen, bei denen immer recht schnell von Grenzen gesprochen wird. Grenzen, die man angeblich überschreite. Ich selbst habe damit so mein Problem. Welche Grenzen genau sind denn gemeint?

Sie sprechen von Randerscheinungen als wären Sie nicht kalkuliert. Bei RTL und „DSDS“ wirkt es wie ein geplanter Teil der PR-Maschinerie...

Sagen wir so: Es sind Begleiterscheinungen, die sich nicht vermeiden lassen, die wir aber auch nicht aktiv vermeiden wollen. Über „DSDS“ und das eine oder andere Formate bei uns darf, muss und soll auch diskutiert werden, und zwar in den verschiedensten Kreisen. Nur ein gutes Format schafft das, eins, das für die Zuschauer relevant ist, und das gesellschaftlich wahrgenommen wird. Diskussion heisst ja auch immer breite Wahrnehmung. Wir sind übrigens, ob Sie´s glauben oder nicht, offen für diese Diskussionen, wenn sie denn halbwegs sachlich sind. So konnten wir im vergangenen Jahr eine Regelung mit der FSF und der KJM finden, als wir über die Sprache in Zusammenhang mit dem Jugendschutz diskutiert haben. Und die funktioniert bereits seit der letzten Staffel sehr gut. Wir legen der FSF seitdem jede Folge vor Ausstrahlung zur Prüfung vor.
 

 
Die FSF ist die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen. Dort sitzen Vertreter der TV-Sender, auch Vertreter von RTL. Ist das ein wirksames Gremium? Die KJM hat kürzlich Zweifel daran geäußert und die aktuelle „DSDS“-Staffel erneut kritisiert. Was sieht die KJM anders als die FSF?

Das frage ich mich auch, Fakt ist: Die FSF ist eine auch von der KJM anerkannte Selbstkontrolleinrichtung der Sender. Ein senderunabhängiges Kuratorium aus Wissenschaftlern und Jugendschützern hat Prüfkriterien in Sachen Jugendschutz entwickelt, die von der FSF bei ihrer Prüfarbeit angewendet werden. Und wir müssen festhalten, dass die Vorlage der Sendungen bei der FSF auch insbesondere auf Wunsch der KJM geschieht. Diese Regelung wurde gemeinsam festgelegt, sie ist für uns auch im juristischen Sinne verbindlich – und wir halten uns dran.  Jetzt soll trotzdem wieder etwas falsch gelaufen sein?.Reden wir eigentlich wirklich über Grenzen – oder doch eher über Geschmack? Denn wenn aus regulativer Sicht nichts zu beanstanden ist, was uns die FSF bescheinigt, dann bewegen wir uns wohl doch wieder in diesem schwer definierbaren Raum, an dessen Tür „Geschmack“ steht. Über den lässt sich bekanntlich gut streiten. Und das passiert derzeit wieder. Wer aber formuliert mit welchem Recht, was guter Geschmack ist? Ich will dem einen oder anderen Vertreter der KJM oder auch anderen Kritikern nicht böse sein, wenn er einen anderen Geschmack hat als über sieben Millionen Fernsehzuschauer. Nur ein Urteil darüber ist schwierig.

Das ist die eine Seite; die des Zuschauers. Aber wie sieht es mit den Kandidaten aus, die zum Casting kommen. Können die denn wirklich noch wissen worauf sie sich einlassen, wenn jetzt sogar Jury-Statements im Nachhinein ausgetauscht werden?

„DSDS“ ist ein Wettbewerb, weil es am Ende einen Sieger gibt. Aber die Show inklusive dramaturgischer Aufbereitung und Zuspitzung ist der Weg zum Ziel. Das ist bei diesem internationalen Format – und auch bei uns, seit Anfang an  so. Auch bei der neuen „American Idol“-Staffel etwa beginnt man mit dramaturgischen Zuspitzungen, teilweise Reenactment oder Comedy-Elementen. Aber zurück zu Ihrer Frage: So unschön das vielleicht auch für all diejenigen ist, die gern ihr kritisches Auge auf das Fernsehen werfen. Am Ende ist „DSDS“ im Kern eine Symbiose aus Neugierde und Freude an der  Selbstdarstellung, wenn Sie so wollen aus Exhibitionismus und Voyeurismus. Daraus mache ich keinen Hehl. Und die, die sich zur Schau stellen, also die Kandidaten, sind sich dessen, was sie da tun, voll bewusst. Dass die Producer der Sendung in raren Einzelfällen ihren kreativen Freiraum nutzen und Situationen vielleicht noch deutlicher zuspitzen als es in der Realität der Fall war, ändert daran nichts. Fernsehen ist vom Moment des ersten Schnitts und einer redaktionellen Auswahl immer bearbeitet. Das ist schlicht TV-Realität in vielen Programmgenres und nicht wirklich von uns erfunden.