Oliver CastendykSeit dem heutigen Donnerstag ist das deutsche Fernsehen ganz offiziell um eine Sonderwerbeform reicher. Der 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag hat Gesetzeskraft und damit ist – innerhalb recht enger Grenzen – Product Placement im Fernsehen erlaubt. Was in anderen Medienbereichen – zum Beispiel Kinoproduktionen – mancherorts schon Gang und Gäbe ist, hält nun also auch Einzug ins Fernsehen. Die ersten Monate allerdings werden wohl  geprägt sein von zaghaften Gehversuchen und ersten Experimenten. Zu viele Fragen sind noch offen, und zu unwägbar ist noch die Praxis, als dass es mit einem großen Paukenschlag losgehen dürfte.

Während sich die Vermarkter bereits viele Gedanken gemacht haben, wie sie die neue Werbeform in ihr Portfolio integrieren, gibt es bei den Produzenten noch manchen Klärungsbedarf. Derzeit verhandeln sie mit den Sendern über den Anteil am Kuchen – oder vielmehr dem kleinen Törtchen – das da jetzt neu zu verteilen ist. Ungeklärt ist derzeit auch, welche Rolle die Produzenten bei der neuen Werbeform spielen sollen. "Derzeit befindet sich die Produzentenallianz in Verhandlungen mit den Sendern. Es soll ein Verhaltenskodex verabschiedet werden, der die redaktionelle Unabhängigkeit auch der Produzenten absichert", erklärt Prof. Dr. Oliver Castendyk (Bild), Jurist und wissenschaftlicher Direktor des Branchenverbandes Produzentenallianz. Außerdem laufen Gespräche über die rein wirtschaftlichen Aspekte.
 

 
"Bei der Umsetzung der Product Placements ist für die Produzenten mit einem erheblichen Mehraufwand zu rechnen", befürchtet  Castendyk: Mit Vertretern des Werbekunden seien künftig weitere Personen am Set zu betreuen. Zudem erfordere eine eventuelle wettbewerbsrechtliche Haftung der Produzenten juristische Beratung. "Mit den Placements haben die Produzenten künftig ein weiteres Element zu koodinieren, das für die Sender von großer Bedeutung ist", erklärt er.

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Die große Frage ist, nach welchen Kriterien die Leistungen der Produzenten künftig bemessen werden sollen. Im Raum stehen zwei verschiedene Hebel: Zum Einen wird über eine Handling-Fee diskutiert, die die Produzenten für ihre konkreten Mehrleistungen erhalten. Darüber hinaus fordern die Produzenten eine weitere Lizenzabgabe. "Wir haben es im Falle von Product Placement mit einer neuen urheberrechtlichen Nutzung zu tun: der Nutzung des Werks als Werbeträger", erklärt Castendyk den findigen Vorstoß der Produzenten.

Es ist sicher nicht so, dass die Produzenten im Falle des Product Placement allein allzu große Morgenluft schnuppern und satte Mehreinnahmen erwarten. Es geht hier wohl eher um zweierlei: Zum einen um den Ausbau eines ganzen Geschäftsbereichs, in dem die Werbetreibenden konkrete Inhalte mitifinanzieren – Branded Entertainment lautet das Zauberwort. Dank dem weniger regulierten Internet sind hier Kooperationen möglich, an die im Fernsehen nicht einmal gedacht werden darf.

Der zweite nicht unerhebliche Punkt in der Frage nach dem Anteil der Produzenten liegt in dem Problem, dass nun offziell praktiziert werden darf, worüber zuvor nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen wurde. Die finanziellen Vorteile der bisher zum Teil im Graubereich rangierenden Produktionshilfen und Beistellungen wecken bei allen Beteiligten Begehrlichkeiten. Dabei ist noch völlig unklar, nach welcher Bemessungsgrundlage zum Beispiel Handlungskosten berechnet werden sollen: Nimmt man den tatsächlichen Aufwand als Grundlage oder die zu erwartenden Einnahmen des Senders?
 
Lesen Sie auf der folgenden Seite, welche Konsequenz am Ende der Diskussion stehen könnte, und in welcher Sendung Brainpool mit Product Placement experimentiert.