Ferdinand von SchirachHat er, oder hat er nicht? - so lautet die immer wieder gestellte Frage rund um die Vorwürfe gegen Wettermoderator Jörg Kachelmann. Unabhängig vom tatsächlichen Geschehen: Der Fall beschäftigt seit Wochen nicht nur die Behörden, sondern auch die Öffentlichkeit und wird von der Boulevardpresse entsprechend nach oben geschraubt. Wenn er hat: Warum? Wenn er nicht hat: Warum die Anschuldigungen? Der Fall zeigt auch: juristische Themen sind in der Lage, zu fesseln. Das hat im vergangenen Jahr auch Ferdinand von Schirach bewiesen. Der auf Strafrecht spezialisierte Rechtsanwalt legte mit seinem Erzählband "Verbrechen" ein gefeiertes Autorendebut vor, in dem er Geschichten aus der juristischen Praxis packend erzählt.

Jetzt arbeitet von Schirach gemeinsam mit Spiegel TV an einer Talkshow, in der er jeweils einen Verteidiger eines aktuellen Strafverfahrens zum Fall befragen will. Gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de erklärte von Schirach: "Es scheint mir gute Gründe für eine solche Sendung zu geben: Die Strafverfolgungsbehörden gehen seit einiger Zeit dazu über, Informationen zu früh an die Presse weiterzugeben". Wer unter Verdacht gerate, könne sich kaum wehren, Sympathie und Sorge gehörten meist nur den Opfern, so der Jurist.
 

 
Der Beschuldigte werde oft lange vor einem Prozess von der Öffentlichkeit verurteilt, so von Schirach. Die Gesprächen mit den Verteidigern in der Sendung sollen daher versuchen in die Gedankenwelt der Beschuldigten einzutauchen. „Die Sendung wird kein Prozess parallel zu dem eigentlichen Verfahren abzubilden versuchen. Die Sicht der Anwälte auf das Verfahren soll verständlich dargestellt und hinterfragt werden", erläutert von Schirach das Konzept der Sendung. Die Aufzeichnung eines sendefähigen Piloten solle möglichst bald - nach Möglichkeit schon in der kommenden Woche - stattfinden, kündigte Spiegel TV-Geschäftsführer Cassian von Salomon gegenüber DWDL.de an.

Bei der Gesprächssendung solle es sich um mehr als nur eine weitere Talkshow handeln, erklärt von Salomon. Aufgrund der thematischen Ausrichtung und vor allem mit Ferdinand von Schirach als Moderator verfüge das geplante Format über ein echtes Alleinstellungsmerkmal im Markt, so der Spiegel TV-Chef. Das Unternehmen stellt den Piloten zunächst auf eigene Faust her. Allerdings sei man bereits mit Sendern im Gespräch. Ein öffentlich-rechtliches Vollprogramm habe bereits Interesse signalisiert, heißt es aus Hamburg. Nach Möglichkeit will man das neue Format als regelmäßige Reihe anlegen.

Ferdinand von Schirach ist nicht erst seit seinem Buch-Erfolg ein gefragter Mann. Als Rechtsanwalt vertrat er unter anderem Günter Schabowski im Politbüroprozess. Im kommenden Monat wird sein zweites Buch erwartet. Die Zusammenarbeit des Juristen mit der Spiegel Gruppe ist keine neue Entwicklung. So schreibt von Schirach für den gedruckten "Spiegel" bereits die Kolumne "Einspruch", die sich mit aktuellen juristischen Fragen – zum Beispiel dem EU-Urteil zum Folterverbot im Fall Markus Gäfgen – befasst.