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Dreieinhalb Monate arbeitete der Enthüllungs-Journalist Günter Wallraff 1977 unter dem Decknamen Hans Esser in der "Bild"-Redaktion und deckte so die überaus fragwürdige Arbeitsweise des Boulevard-Blattes auf. Neben dem Buch "Der Aufmacher. Der Mann, der bei 'Bild' Hans Esser war", entstand daraus auch der vom WDR produzierte Dokumentar-Film "Informationen aus dem Hinterland". Allein: Noch vor der Ausstrahlung verließ den WDR damals der Mut, ihn auch einem großen Publikum zu zeigen.

Um juristischen Schritten des Springer-Verlags vorzugreifen, entschied sich der Sender damals, den Film in vorauseilendem Gehorsam mit einem Sperrvermerk zu versehen und ungesendet in den Giftschrank wandern zu lassen. Zu sehen war er später nur in diversen Programmkinos. Dass der Sperrvermerk bis heute existiert, machte Wallraff kürzlich öffentlich, indem er sich via "Spiegel" über die "Selbstzensur" des WDR mokierte. Dort seien aus einem Wallraff-Porträt kurz vor Ausstrahlung Szenen des gesperrten Film-Materials herausgeschnitten worden, so Wallraff. Der WDR wollte sich damals zu dem Vorgang nicht äußern.

Gegenüber dem "Spiegel" bestätigte WDR-Intendantin Monika Piel aber nun, dass es diesen Sperrvermerk noch immer gab - und dass dieser nun aufgehoben worden sei. Grund ist, dass Springer-Vorstand Döpfner in einem Schreiben an Wallraff versichert hatte, dass der Verlag keine juristischen Schritte gegen den Film mehr unternehmen würde. Daher gebe es "keinen Grund mehr, dieses Dokument unter Verschluss zu halten", so die WDR-Intendantin laut "Spiegel". Ob der Film in absehbarer Zeit tatsächlich ausgestrahlt wird, ist allerdings nicht bekannt.