RTL II - its funEs gehört beinahe zum Ritual nach dem Ende einer jeden "Big Brother"-Staffel darüber zu spekulieren, ob die RTL II-Realityshow mit einer weiteren Staffel fortgesetzt wird. Oft kam es so. Doch was viele Jahre wie ein Automatismus wirkte, beruhte nur auf der Tatsache, dass der Sender kein alternatives Konzept für die Vorabendprogrammierung hatte. Das sieht diesmal anders aus.

Und nicht nur deshalb ist die Zukunft von "Big Brother" in der bisherigen Form diesmal so fraglich wie nie zuvor. Die kommenden Monate werden zum Duell der beiden in Köln ansäßigen Produktionsfirmen Endemol und Filmpool. Sie kämpfen um die Gunst von RTL II. Seit Montag zeigt der Sender auf dem "Big Brother"-Sendeplatz die Dokusoap "X-Diaries" aus dem Haus Filmpool. 100 Folgen sind bestellt, die bis Anfang 2011 reichen - vorausgesetzt die Quoten fallen nicht ab.
 

 
Den Start von "X-Diaries" bewertet man bei RTL II wie Filmpool am Dienstag schon mal als zufriedenstellend und hat die Hoffnung, dass das Format sogar noch steigern könnte. Das hingegen kann sich Endemol nun überhaupt nicht wünschen: Der "Big Brother"-Produzent muss sich um den Sendeplatz für seine Realityshow sorgen. Denn die Dokusoap der Konkurrenz mag vielleicht nicht ganz an "Big Brother"-Werte der vergangenen Staffel anknüpfen - dafür ist sie deutlich billiger. Die hohen Kosten könnten "Big Brother" zum Verhängnis werden.

RTL II-Programmdirektor Holger AndersenZwar lässt sich damit auch ein halbes Jahr lang das Programm bestreiten - und doch reißt das Aushängeschild von RTL II jährlich ein großes Loch in das Sender-Budget. Das fiel bis zum vergangenen Herbst weniger auf, weil es meist an Ideen für neue Formate und Genres mangelte, in denen sich der Sender probieren könnte. Mit dem Wechsel von RTL-Mann Holger Andersen zu RTL II änderte sich das. Der Sender investierte und experimentierte in den vergangenen Monaten bereits massiv.

Jetzt gilt es für Programmchef Andersen abzuwägen: Welche Bedeutung hat die Marke "Big Brother" auf der einen Seite; wieviel mehr Geld ließe sich auf der anderen Seite in weitere neue Primetime-Formate stecken, wenn man auf die teure Realityshow verzichten würde. Es ist darüber hinaus bekannt, dass das Format bei Gesellschafter Tele München ohnehin längst in Ungnade gefallen ist. Die Tatsache, dass es bislang keine Vorabend-Alternative gab, ließ die Kritik jedoch immer wieder verstummen.
 
Nie war der Druck auf Endemol größer, nie stand die Zukunft von "Big Brother" so offen auf dem Spiel: In den kommenden Wochen wird sich anhand der Einschaltquoten der "X-Diaries" täglich verfolgen lassen, wie groß die Chancen sind, dass das Format seinen Sendeplatz zurückbekommt. Klar ist daher auch, dass man bei RTL II betont, es sei noch keine Entscheidung gefallen. Offiziell sagt RTL II-Sprecher Carlos Zamorano nur so viel: "Wir werden uns den Vorabend jetzt ganz genau anschauen."