Rette die Million© ZDF/Christopher Adolph
Man kann aus Fehlern lernen oder sie einfach immer wieder machen. Der letztere Weg scheint deutschen TV-Produzenten in Bezug auf die Publikumsbetreuung bei ihren Produktionen lieber zu sein. Wenn aktuell über unmenschliche Bedingungen vor Ort im Studio der ZDF-Show "Rette die Million" berichtet wird, dann hat man sich die bei der Produktionsfirma Endemol redlich verdient. Denn man hätte wissen können, wie furchtbar so etwas enden kann, wenn man sich im Vorfeld über alles Gedanken macht - nur nicht über das Publikum.

Vor ziemlich genau zwei Jahren berichtete DWDL.de über ein ähnliches Desaster bei einer Fernsehproduktion - dem Versuch einer Neuauflage der "100.000 Euro Show" für RTL. Auch das eine Voraufzeichnung, die generell fataler enden können als Liveshows. Damals begann unser Artikel zu der schlecht organisierten Produktion, ebenfalls aus dem Hause Endemol, mit den folgenden beiden Absätzen, die auch heute - zwei Jahre später - angesichts der Berichte über "Rette die Million" offenbar nichts an Aktualität und Relevanz verloren haben. Wieder einmal schien bei all den Vorbereitungen zur Premierensendung eins vergessen worden zu sein: Das Publikum.

"Berichtet man über Aufzeichnungen von Fernsehshows, so beginnt eine ganze Kette von Missverständnissen, die sich vor lauter Betriebsblindheit bei vielen deutschen Produktionsfirmen noch immer wie TV-Gesetze in den Köpfen halten: An erster Stelle steht dort ohne Zweifel die weit verbreitete Ansicht, dass das Studiopublikum nicht mehr als Klatsch-Vieh ist - und am Ende nur zählt, was dem Sender abgeliefert wird, egal wie es entstanden ist oder wie sehr man dafür tricksen musste.

Das ist eine verhängnisvolle Kurzsichtigkeit vieler Produktionen. Denn im Gespräch mit Produzenten von Studio-Shows wird immer wieder eines beklagt: Das deutsche Publikum. Es sei so träge, so lustlos und inzwischen so schwer zu bekommen, dass die Zeiten von teuren Eintrittskarten längst vorbei sind und gerade bei neuen Sendungen immer öfter Freikarten hinterher geworfen werden müssen, um die Studios vollzubekommen. Es ist der Boomerang, der die Produktionsfirmen für ihre indiskutable Gästebetreuung erreicht. Niemand anderem als sich selbst haben sie zuzuschreiben, dass das Publikum inzwischen mindestens so anstrengend geworden ist wie manche Aufzeichnung."

Leider missverstehen immer noch viele Produktionsfirmen so eine Kritik als nicht wesentlich, weil es vermeintlich nur um die Befindlichkeiten des Studio-Publikums geht. Doch das ist fatal, denn wir erleben seit Jahren bei den TV-Produktionen und insbesondere Studioshows den Trend zur immer perfekteren Inszenierung. Dazu gehört neben dem audiovisuellen Design und dem Konzept immer stärker auch das Publikum, um die nötige Stimmung zu erzeugen. Würde man also über die jeweils aktuelle Produktion hinaus mehr Weitblick haben, müsste man - nicht nur bei Endemol - erkennen, wie wichtig ein Umdenken im Umgang mit dem Publikum ist.