Markus Kavka© SKM
Sie meinen die Verbreitungskosten?

Ja, während man fast überall auf der Welt einfach senden kann, muss man in Deutschland mehrere Millionen im Jahr an Transponderkosten abdrücken, damit man überhaupt frei empfangbar ist. Wenn RTL und ProSieben fünf bis sechs Millionen für ihre Sendeplätze überweisen, begleichen sie es aus der Portokasse - für MTV ist es eine andere Hausnummer. Und das ist, glaube ich, der erste Gedanke bei dieser Geschichte, eben diese fünf bis sechs Millionen jetzt sparen zu wollen und deswegen auf das PayTV-Angebot zu gehen. Da man im Paket mit anderen Sendern angeboten wird, ist man dementsprechend ja auch einigermaßen verbreitet.

Ist das aber nicht so etwas wie die Kapitulation des Musikfernsehens?

MTV ist jetzt der erste größere Sender, der so etwas ausprobiert, und es ist auf jeden Fall eher eine Chance. So hat man ja auch einen reinen Musikkanal gestartet, der in dem Paket enthalten sein wird. Im FreeTV wäre es wieder problematisch, rund um die Uhr Musikvideos zu senden, das guckt halt keiner mehr. Andererseits ist es natürlich schon ein Schlussstrich unter das Kapitel "frei empfangbares Musikfernsehen", wie wir es aus den 90ern kennen. Aber das sage ich ohne jeden Wehmut, weil ich in den letzten Jahren ganz klar gesehen habe, dass das Musikfernsehen in dieser Form gar nicht mehr existieren könnte.

Woran liegt das?

Es ist einfach nicht mehr finanzierbar. Da können noch so viele Leute jenseits der 30 sagen "Ach, es war so schön früher, wenn es so etwas wieder gäbe, wir würden es gerne noch einmal gucken." Glaube ich nicht. Es macht keiner, es bringt's auch nicht. Insofern: Ich verstehe den Schritt, aber für mich ist es auch ein bisschen "Deckel drauf" auf meine eigene Vergangenheit.

Wie fühlt es sich an, damit bald noch mehr der Musik-Exot im deutschen FreeTV zu sein?

Ich mache mein Ding, aber tatsächlich, wenn ich mich so umgucke, dünnt es sich schon ein bisschen aus. Wenn man sich überlegt, wer redet im Fernsehen noch über Musik... Aber na ja, ich wüsste jetzt auch nicht, was ich sonst machen sollte, ich hab nichts gelernt... (lacht) Ich weiß gar nicht, wo es hingeht mit der Musik. Wir reden ja schon seit Jahren darüber: Musik bringt keine Quote. Da ist "Number One" für mich das totale Geschenk. Nach dem Aus bei MTV dachte ich ehrlich gesagt nicht, dass es bei irgendeinem Sender tatsächlich noch einmal in der Form Qualitäts-Musikjournalismus geben würde - und ich das auch noch moderieren darf. Dass ich dabei ein Exot bleibe, ist wahrscheinlich...

Mit "Number One Web" und "Kavka vs the Web" haben Sie schon Erfahrungen mit WebTV gemacht: Es ist ja zum Sport geworden, dies als Bedrohung des klassischen Fernsehens zu sehen. Wie sehen Sie das?

In ein paar Jahren wird man diese Unterscheidung wahrscheinlich gar nicht mehr treffen. Für mich persönlich ist sie jetzt schon obsolet - der Ausspielkanal dafür ist mir letzten Endes egal. Ich bin an die Websendungen genauso herangegangen wie an meine Fernsehsendungen, und hinter den Kulissen wurden sie genauso produziert. Technisch und redaktionell ist es genau der gleiche Aufwand, nur kommt es halt woanders raus.

Dem Musikfernsehen hat das Web aber den Genickschuss verpasst oder nicht?

Auf jeden Fall. Und es wahrscheinlich auch die wichtigste Entwicklung, die aus MTV das gemacht hat, was es jetzt ist. Klar: Warum sich vor die Glotze setzen und darauf hoffen dass das richtige Video kommt, dazwischen auch noch Werbung haben, wenn man mit einem Klick sofort das kriegen kann, was man möchte. Auch in immer besserer Qualität. Vielleicht hat man dem bei MTV auch zu einem gewissen Zeitpunkt nicht die Aufmerksamkeit beigemessen, die es verdient gehabt hätte.

Hat man das Internet zu lange nicht ernst genommen?

Wenn man rechtzeitig die richtigen Schritte unternommen hätte, hätte MTV vielleicht schon vor ein paar Jahren das sein können, was jetzt klassisches MTV, Youtube, Myspace und Facebook zusammen sind. Vielleicht eine 360° Plattform für Leute zwischen 17 und 30 zu sein und all diese Sachen zu bedienen. Aber da hätte man natürlich schon vor zehn Jahren diplomierter Eingeweihter in diese Sachen sein müssen, um da die richtigen Entscheidungen zu treffen. Deswegen kann man da wahrscheinlich niemandem einen Vorwurf machen, aber ich glaube man hat daraus gelernt und versucht nun nicht nur immer gegenseitig zu fragen wie der Laden heute läuft, sondern auch, wie er in fünf Jahren aussehen könnte.

Sie haben sich schon als "Peter Kloeppel des MTV" oder auch bei einer fußballlastigen "Kavka vs the Web"-Folge als "Heribert Faßbender" bezeichnet - welchen Titel verdienen und verpassen Sie sich als nächstes?

Hm... Heribert Faßbender war schon ein großes Idol von mir und das ist auch die Verbindung dazu, dass ich ja, wie erwähnt, wirklich gerne das "Aktuelle Sportstudio" oder die "Sportschau" moderieren würde. In Hinblick auf meinen Roman wäre es sehr hochtrabend zu sagen: "Franz Kafka 2.0". Das wird garantiert nicht passieren. Ich glaube ich werd mich davor hüten, in meinem Bücherregal auch nur annähernd mein Buch neben die meines Namensvetters zu stellen.

Also stehen die eigenen Bücher nach wie vor ganz unten bei den Reiseführern?

Da stehen sie (lacht). Mal gucken, wie der Roman läuft, vielleicht dürfen sie dann zwei Etagen höher im Regal.

Herr Kavka, vielen Dank für das Interview.