Mein Verhältnis zur Serie "Homeland" könnte man als kompliziert beschreiben. Ich habe alle bisherigen Staffeln gesehen, war (fast immer) vom Geschehen und von den Entwicklungen gefesselt, habe die Folgen geschaut, sobald sie verfügbar waren. Und nach den Staffeln habe ich mir meistens gedacht: "Wow. Was für ein Humbug. Und wie tendenziös!" Doch diese Gedanken haben mich bisher nie davon abgehalten, die nächste Staffel zu gucken.

So auch in diesem Jahr, bei Staffel 6. Eigentlich hatte ich vor, erstmal mindestens fünf Folgen lang abzuwarten, die Reaktionen zu beobachten. Und dann vielleicht einzusteigen. Vielleicht. Aber - was soll ich sagen - es sind erst drei Folgen gelaufen und ich habe sie am Dienstag alle am Stück geschaut. Mein Abwarten-Vorsatz hat also immerhin drei Folgen lang gehalten. Der Grund, jetzt einzusteigen: Elizabeth Marvel. Sie spielt in der sechsten Staffel eine neugewählte US-Präsidentin in den Wochen vor der Amtseinführung, also der Übergangszeit, in der sich die neue Amtsinhaberin intensiv auf die neue Aufgabe vorbereitet - Geheimdienstbriefings inklusive. Als ich Ende vergangener Woche ein Interview in dem US-Serienpodcast "Vulture TV Podcast" (ab Min 37.05, es gibt auch eine gekürzte Form des Interviews zum Nachlesen) mit ihr hörte, fiel mir wieder ein, wie gut sie mir als Heather Dunbar in "House of Cards" gefallen hat. In dem Interview erzählte sie, wie sie sich auf ihre Rolle in "Homeland" vorbereitet und welche Politiker sie für die Rolle als Vorbild genommen habe (Shirley Chisholm, die erste Afro-Amerikanerin im Kongress und George W. Bush). Außerdem machte sie in dem Interview einen sympathischen Eindruck. Für mich gute Gründe, den Abwarte-Vorsatz zu ignorieren.

Ja, es ist unterhaltsam und spannend. Natürlich ist es das. Die Macher verstehen schließlich ihr Handwerk, wie sie in den vergangenen Staffeln trotz hanebüchener Geschichten bewiesen haben. Aus dem Problem, nach dem Tod der entscheidenen Hauptfigur Nicholas Brody (Damian Lewis) in Staffel 3 die Serie neu erfinden zu müssen, hat das Team um Showrunner Alex Gansa mittlerweile eine Tugend gemacht. Nach dem Abstecher nach Berlin mit vielen neuen Charakteren rund um die drei Hauptfiguren Carrie Mathison (Claire Danes), Saul Berenson (Mandy Patinkin) und Peter Quinn (Rupert Friend) in Staffel 5 hat es die drei nun nach New York verschlagen. Carrie ist Menschenrechtsaktivistin, Saul immer noch Geheimdienstler und Peter ein psychisches und physisches Wrack - und wieder gibt es viele neue Gesichter, an die man sich gewöhnen muss. Und natürlich ist es auch dieses Mal so, dass damit gespielt wird, dass man nicht weiß, ob diese neuen Figuren gut oder böse sind. (Mit dem Dazwischen, dem Weder-Gut-noch-Böse, den Grautönen tut sich die Serie traditionell eher schwer.)

Außerdem habe ich beim Gucken der ersten drei Folgen festgestellt, dass ich mich mehr für die bekannten Charaktere interessiere, als ich gedacht hätte. Carries Denken und Fühlen spricht mich genauso an, wie ich wissen will, was Peter nach der fast tödlichen Vergiftung in Staffel 5 nun durchmachen muss. Die Serie hat sich in den ersten drei Folgen mehr Zeit für die beiden Figuren genommen, als ich das erwartet hätte. Das gefällt mir.

Und der Anlass des Einschaltens, Elizabeth Marvel als Präsidentin Elizabeth Keane? Nun ja, da hoffe ich auf mehr Szenen in den kommenden Folgen. Die, die bisher gezeigt wurden, waren vielversprechend und machen Lust auf mehr. President-elect Keane könnte eine wirklich spannende Figur werden.

Und zum Schluss noch drei Gucktipps: 

Eine hochkarätig besetzte Zombie-Comedy: "Santa Clarita Diet" seit 3. Februar bei Netflix zu sehen. Drew Barrymore als Menschenfleisch futternde Mutter (Mombie, wie ich gelernt habe), Timothy Olyphant als ihr gutherziger und von der Situation etwas überforderter Ehemann.

Diese Comedy hat für ein Raunen bei den britischen und den amerikanischen Kritikern gesorgt: "Fleabag", die längst überfällige britische Antwort auf "Girls", ist seit 3. Februar bei Amazon Prime verfügbar.

Eins meiner Serien-Highlights in diesem Jahr: "Legion", die Superhelden-Serie von Noah Hawley (der den Coen-Film "Fargo" so großartig als Serie umgesetzt hat), startet am 9. Februar beim deutschen Pay-Sender Fox Channel. Vorfreude! 

Jetzt zum wirklich Wichtigen: Wo kann man das gucken, über das ich schreibe?

"Homeland", Staffel 6: Die in den USA bereits gesendeten Folgen der Staffel 6 gibt es zum Beispiel bei Amazon Video, iTunes oder Maxdome.

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