Seit sich Günther Jauch im Herbst vergangenen Jahres zu den Talkmastern im Ersten gesellte, wird diskutiert, was das Zeug hält. Doch immer wieder sind es auch die Talkshows selbst, die für Gesprächsstoff sorgen - gerne auch innerhalb der ARD. Doch wie beliebt sind die Sendungen inzwischen wirklich? Weil sich Jauch & Co. zu unterschiedlichen Zeitpunkten in die Sommerpause verabschieden, haben wir für unsere Quotenanalyse sämtliche bislang in diesem Jahr ausgestrahlten Ausgaben aller Shows als Grundlage genommen und die Frage gestellt: Lief es seit dem Jahreswechsel besser als in der Zeit zwischen Inkrafttreten der Programmreform und Weihnachten?

Die Antwort lautet in den meisten Fällen: Ja. "Günther Jauch" erweist sich sonntags weiter als echter Zuschauermagneten. Seit Jahresbeginn sahen im Schnitt rund 4,7 Millionen Zuschauer den Polittalk nach dem "Tatort", das waren rund 200.000 mehr als im Herbst. Der Marktanteil lag bei sehr guten 15,9 Prozent. Vergleicht man den Zeitraum zwischen Januar und Ende Mai mit dem Vorjahreszeitraum, zeigt sich, wie sehr Günther Jauch den Sendeplatz aus Sicht der Quoten aufwerten konnte. Er erreichte mit seinem Talk im Schnitt fast 900.000 Zuschauer mehr als Kollegin Anne Will vor einem Jahr, deren Marktanteil lag damals übrigens nur bei rund 14 Prozent.

Geholfen haben dabei ganz sicher die zahlreichen Diskussionsrunden über den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff. Die beiden meistgesehen Ausgaben beschäftigten sich mit den Themen "Der Problem-Präsident – wie glaubwürdig ist Christian Wulff?" und "Der tiefe Fall des Christian Wulff – wie gelingt ein Abschied in Würde?". Besonders gefragt war kürzlich auch Jauchs Aldi-Talk, der von knapp 5,6 Millionen Zuschauern gesehen wurde und im Übrigen beim jungen Publikum mit knapp zehn Prozent Marktanteil sogar einen neuen Bestwert markierte.

Doch was ist Jauchs Erfolg tatsächlich wert? Zwar wurde der prominente Sendeplatz nach dem "Tatort" spürbar gestärkt, doch andere Formate wie etwa "Hart aber fair" litten unter dem munteren Sendeplatz-Tausch. Frank Plasbergs Talk erreichte im vergangenen Jahr vor dem Wechsel auf den Montag im Schnitt knapp 12,9 Prozent Marktanteil, vor Weihnachten waren es gerade mal noch 9,6 Prozent. Inzwischen läuft es für "Hart aber fair" allerdings wieder besser: Um knapp einen Prozentpunkt konnte sich die Sendung seit Januar steigern, was jedoch nicht zuletzt an den zu Jahresbeginn starken "Markenchecks" im Vorprogramm lag. Im Anschluss daran verzeichnete "Hart aber fair" bis zu 4,73 Millionen Zuschauer.

Einschaltquoten der ARD-Talkshows nach der Programmreform

Sendung
Reichweite 2012
MA (bis Dez 11)
MA (seit Jan 12) Veränderung
Jauch
4,7 Mio.
15,7 % 15,9 %
+ 0,2
Hart aber fair
3,4 Mio.
9,6 %
10,6 %
+ 1,0
Maischberger
1,9 Mio. 10,6 %
12,6 %
+ 2,0
Will
1,7 Mio. 10,4 %
11,3 % + 0,9
Beckmann
1,0 Mio. 7,7 % 7,1 % - 0,6

Quelle: DWDL.de-Recherche; jeweils

Anne Will musste am späten Mittwochabend im Vergleich zu ihren Sonntags-Sendungen erwartungsgemäß Federn lassen. Doch es gibt eine gute Nachricht für die ehemalige "Tagesthemen"-Frontfrau: Ihr Talk legte seit Jahresbeginn deutlich zu und erzielte im Schnitt 11,3 Prozent Marktanteil. Zum Vergleich: Zwischen September und Dezember - also in den ersten Monaten nach der Programmreform - waren durchschnittlich nur 10,4 Prozent aller Zuschauer dabei. "Menschen bei Maischberger" steigerte sich sogar massiv und ist mit 1,93 Millionen Zuschauern und knapp 12,6 Prozent Marktanteil unter den Spät-Talkern im Ersten die Nummer eins. Im Zeitraum bis Weihnachten waren dagegen nicht mehr als 10,6 Prozent drin.

Und so scheint es, als hätten sich die Zuschauer allmählich mit dem neuen Talk-Schema im Ersten angefreundet - auch wenn man weiterhin hervorragend darüber streiten kann, ob fünf Shows an sieben Abenden nicht doch ein wenig zu viel des Guten sind. Eine davon leidet allerdings noch immer unter der Programmreform: Die Sendung von Reinhold Beckmann tut sich weiter schwer und erreicht donnerstags meist nur knapp mehr als eine Million Zuschauer. Gegen die ZDF-Konkurrenten Illner und Lanz ist für "Beckmann" noch immer kein Kraut gewachsen. Der Marktanteil sank im Vergleich zum Zeitraum vor Weihnachten sogar noch von 7,7 auf 7,1 Prozent. Montags waren früher hingegen noch mehr als elf Prozent drin.

Die Debatte über die Vielzahl an ARD-Talks wird wohl nicht zuletzt deshalb nicht nachlassen. Der WDR-Rundfunkrat hatte erst vor wenigen Wochen eine Reduzierung gefordert. "Wir möchten dringend empfehlen, diese Form der Talkleiste nicht fortzuführen", war aus Köln zu hören. Bei der Sichtung der Talkshows im Ersten zu Anfang des Jahres sei man "auf ein Zuviel des Gleichen gestoßen", kritisierte der Rundfunkrat. Frank Plasberg reagierte prompt und ließ daraufhin bei "Hart aber fair" über Baumärkte diskutieren. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt.

Korrektur-Hinweis: Zunächst wurden für Jauchs Talk zu hohe Durchschnitts-Werte genannt. Wir bitten das zu entschuldigen.