Hinter Europa liegen nervenaufreibende Wochen und auch nach der vorläufigen Einigung im Schuldenstreit ist wohl kaum mit dauerhafter Ruhe zu rechnen - aktuell kann allenfalls von einer Verschnaufpause die Rede sein. Für Nachrichtenredaktionen war die Griechenland-Krise in jedem Fall ein dankbares Thema: Quasi täglich machten wahlweise neue Hiobsbotschaften oder neue Sticheleien die Runde und das obligatorische Sommerloch musste auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Selbst für die Hitze-"Brennpunkte" fand sich in den vergangenen Wochen kein Platz im Programm.

Dass das Informationsbedürfnis der Zuschauer am Poker um den Schuldenstreit mit Griechenland groß ist, zeigen dabei längst nicht nur die Quoten der zahlreichen Sondersendungen, die bei ARD und ZDF kurzfristig ins Programm genommen wurden. Mit mehr als acht Millionen Zuschauern stellte so mancher "Brennpunkt" sogar den "Tatort" in den Schatten. Doch auch klassische Nachrichtenformate profitierten, so etwa das "heute-journal", das in den vergangenen Wochen mehrfach sogar die meistgesehene Sendung des Tages war - sieht man mal von der "Tagesschau" ab, die ja bekanntlich nicht nur im Ersten zu sehen ist, sondern auch in zahlreichen Dritten oder bei Phoenix.

Erst am vergangenen Sonntag brachte es das "heute-journal" auf fünf Millionen Zuschauer. Der durchschnittliche Gesamt-Marktanteil der Sendung lag im Juni bei 15,0 Prozent und fällt im Juli mit 15,4 Prozent aktuell sogar noch etwas besser aus. Lässt man mal jene Monate außen vor, in denen das "heute-journal" von Fußball-Welt- und Europameisterschaften profitierte, so muss man schon bis Anfang 2011 zurückgehen, um einen stärkeren Monat des "heute-journals" zu finden. Obwohl die TV-Nutzung in den Sommermonaten allgemein niedriger ausfällt, wurde das "heute-journal" also offenbar gezielt eingeschaltet.

Langzeittrend: heute-journal
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Dabei dürfte auch die Sendezeit um 21:45 Uhr vielen Zuschauern im Sommer entgegengekommen sein. Es ist ein Trend, den auch die "Tagesthemen" zu spüren bekamen. Mit Marktanteilen von mehr als 13 Prozent war das ARD-Nachrichtenmagazin im Juni sowie der ersten Juli-Hälfte ebenfalls deutlich erfolgreicher unterwegs als für gewöhnlich. Zum Vergleich: Der Jahresschnitt der "Tagesthemen" beträgt 2015 bislang knapp 11,5 Prozent beim Gesamtpublikum. Aber auch beim jungen Publikum legte die Sendung kräftig zu - mit Werten um acht Prozent zeigte sich bei den 14- bis 49-Jährigen ebenfalls ein gesteigertes Interesse an der Grexit-Debatte.

Die "Tagesschau" konnte dagegen keine nennenswerten Ausschläge nach oben verbuchen: Im Juni war die Sendung im Ersten mit einem Marktanteil von 17,5 Prozent ähnlich erfolgreich wie zu Jahresbeginn und der Juli ist mit bislang 18,7 Prozent zwar stark, aber auch nicht wesentlich stärker als es April und Mai waren. Dafür ist es dem ZDF gelungen, die Quoten seiner "heute"-Nachrichten um 19:00 Uhr kräftig zu steigern. Auf starke 18,9 Prozent Marktanteil kommt die Hauptausgabe im Juli bislang - sollte dieses Niveau annähernd gehalten werden können, so wäre es für die Nachrichten der stärkste Monat seit vielen Jahren. Nur im WM-Monat Juni 2014 war die "heute"-Sendung mit knapp 20 Prozent noch gefragter.

Auch "RTL aktuell" haben die Mainzer zuletzt wieder deutlich in die Schranken weisen können. Mit im Schnitt rund 2,8 Millionen Zuschauern liegen die RTL-Nachrichten im Juli bislang über 600.000 Zuschauer hinter "heute". Bei den 14- bis 49-Jährigen fällt der "heute"-Marktanteil zwar ein gutes Stück niedriger aus, doch mit 6,5 Prozent ist das ZDF auch hier bislang deutlich erfolgreicher unterwegs als in den ersten Monaten des Jahres, in denen zeitweise nicht mal fünf Prozent erzielt wurden. RTL liegt hier mit rund 16 Prozent natürlich weit vorne - doch von einem spürbaren Aufschwung ist hier interessanterweise nichts zu spüren.

Etwas anders verhält es sich mit Blick aufs Gesamtpublikum, wo der Marktanteil von "RTL aktuell" mit 16 Prozent aktuell etwas über dem Quoten-Niveau der Vormonate liegt. Völlig bedeutungslos sind unterdessen die "Sat.1-Nachrichten", die am Montag mit nur 4,0 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen sogar ein neues Jahres-Tief hinnehmen mussten, während die "RTL II News" zur selben Zeit übrigens starke 9,8 Prozent erzielten. Und auch wenn das freilich ein Ausrutscher nach unten gewesen ist: Mit im Schnitt weniger als sieben Prozent bewegten sich die "Sat.1-Nachrichten" mit Ex-"Tagesschau"-Anchor Marc Bator im Juni und Juli auf gewohnt schwachem Niveau. Der Abwärtstrend von "Newtopia" hatte vermutlich auch einen kleinen Anteil daran. Kleiner Trost für die Sendergruppe: ProSiebens "Newstime" verzeichnete im Juni mit einem Marktanteil von 12,4 Prozent den erfolgreichsten Monat seit November.

Einen kräftigen Aufschwung spürt man derzeit übrigens bei n-tv: Der Nachrichtensender der RTL-Gruppe liegt im Juli bislang bei einem starken Marktanteil von 1,2 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen. Das sind 0,3 Prozentpunkte mehr als der Jahresschnitt - selbst der meist unerreichbare Konkurrent N24 befindet sich mit 1,3 Prozent derzeit in Schlagdistanz. Phoenix kommt im Juli aktuell auf 0,9 Prozent beim jungen Publikum - auch das liegt etwas über dem momentanen Jahresmittelwert des Ereignis- und Dokumentationskanals. Und dann sind da auch noch die zahlreichen Polittalks, die seit Wochen nur ein Thema kennen. Gelohnt hat sich die thematische Monokultur zumindest aus Quotensicht: Mehrfach schaffte "Günther Jauch" den Sprung über die Marke von fünf Millionen Zuschauern und "Maybrit Illner" war sogar so erfolgreich wie seit über einem Jahr nicht mehr. Über den jeweiligen Erkenntnisgewinn sagen die Quoten aber freilich nichts aus.