Quoten sind nicht alles, sie sagen nichts über die Qualität des Programms und sind auch bei Weitem nicht das Einzige, auf das man bei der Gesamt-Beurteilung von Sendungen schauen sollte. Dennoch: Sie sind die maßgebliche Währung im Milliarden-Geschäft Fernseh-Werbung. Und sie spiegeln schlicht auch wieder, ob die Sender ihr erhofftes Publikum erreichen oder nicht vielleicht an dessen Interessen vorbei senden. Deshalb analysiert DWDL.de seit mittlerweile zehn Jahren täglich die Quoten des Vortages. Wie wir dabei vorgehen, haben wir in acht Punkten zusammengefasst...

1. Die durchschnittliche Reichweite des Senders ist wichtig...
Ein Sender wie RTL, der im Schnitt Marktanteile von mehr als 18 Prozent in der Zielgruppe verzeichnet, lässt sich nur schwer mit Sat.1 vergleichen, das seit Jahren zwischen 10 und 11 Prozent liegt und damit mindestens eine ganze Liga tiefer spielt. RTL bringt in dem Fall einfach das größere "Grundrauschen" an Zuschauern mit. Ein gutes Beispiel dafür sind die Kuppel-Soaps "Großstadtliebe" und "Schwer verliebt", die parallel zu sehen waren. Obwohl das RTL-Format mehr Zuschauer hatte, war die Sendung mit 13,7 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe kein Erfolg, wärend man bei Sat.1 mit den erzielten 11,2 recht zufrieden gewesen sein dürfte.

2. ...aber der Senderdurchschnitt ist eben nicht alles
Wer einfach nur darauf schaut, ob ein Format nun über oder unter dem Senderschnitt lag, macht es sich zu einfach. Bei teuren "Leuchtturm"-Produktionen muss es schon ein bisschen mehr sein. Parade-Beispiel ist der RTL II-Vorabend: Für "Big Brother" sind Werte von sechs bis sieben Prozent in der Zielgruppe angesichts der hohen Produktionskosten zu wenig, wenn "Berlin - Tag & Nacht" für einen Bruchteil der Kosten das gleiche Quoten-Niveau erreicht, ist es hingegen ein Erfolg. Weitere Beispiele: Mit einem Marktanteil von 12 Prozent läge die Champions League in Sat.1 zwar oberhalb des Schnitts, wäre allerdings angesichts der immensen Kosten sicher kein Erfolg. Gleiches gilt für große Event-Filme, die von den Sendern auch als solche beworben werden.

3. Auf das Genre kommt es an
Dass bei unseren Analysen der Senderschnitt längst nicht der einzige Maßstab ist, wird auch an einem anderen Punkt deutlich. Weil die Quoten-Erwartungen an eine Literatursendung längst nicht so hoch sind wie bei einem Fußballspiel, lassen wir diesen Aspekt natürlich in unsere Bewertung mit einfließen. Und wenn Claus Strunz mit seinem Polittalk am Montagabend bei Sat.1 auf dem gleichen Quoten-Niveau liegt wie am Dienstag Harald Schmidt, dann kann das im Falle von "Eins gegen Eins" ein Achtungserfolg sein, für Schmidt aber eben viel zu wenig.

4. Wie stark ist das Umfeld?
Mit entscheidend für Erfolg oder Misserfolg eines Formats ist natürlich auch das Vorprogramm, das in einer Quoten-Analyse dementsprechend nicht unberücksichtigt bleiben darf - wenn man mal von der Ausnahme-Situation um 20:15 Uhr absieht, wenn die Karten komplett neu gemischt werden. Doch ein Polittalk am Sonntagabend nach dem "Tatort" hat es eben leichter als "Hart aber fair", das montags nach einer Tier-Dokumentation läuft. Ein Beispiel: Ende Oktober liefen die Talks von Anne Will und Markus Lanz ausnahmsweise fast zur gleichen Zeit. Die Zuschauerzahlen waren auf einem ähnlichen Niveau - doch während vor Lanz es schaffte, den Marktanteil von 6,3 auf 10,5 Prozent zu steigern, machte Anne Will aus den 14,4 Prozent im Vorlauf 9,4 Prozent. Während man beim ZDF mit der Lanz-Quote angesichts dessen sehr zufrieden sein durfte, obwohl sie unter dem Senderschnitt lag, bot der Will-Talk aus Quotensicht ein eher ernüchterndes Bild.

5. Und wie sieht eigentlich die direkte Konkurrenzsituation aus?
Oft lassen sich besonders starke oder schwache Quoten mit einem Blick auf die Konkurrenz erklären. Holt ein Fußball-Spiel einen Marktanteil von 30 Prozent oder binden "Wetten, dass..?" und "Das Supertalent" gemeinsam fast zwei Drittel aller Zuschauer, bleibt für die anderen natürlich entsprechend weniger vom Kuchen übrig. Schlägt sich ein Sender dann immerhin solide, ist das schon als echte Erfolg zu werten.

6. Gibt es Besonderheiten bezüglich des Sendeplatzes?
Es gibt so Sendeplätze, die scheinen für manche Sender wie verhext und dümpeln trotz häufig zahlreicher Versuche seit Jahren auf miserablem Quoten-Niveau vor sich hin. Der Vorabend im Ersten ist so ein Fall oder der Nachmittag von Vox. Gelingt es dort, wenigstens in die Nähe des Senderschnitts vorzustoßen, ist das schon aller Ehren wert. Andererseits gibt es gelernte Sendeplätze auf denen Sender wie RTL seit Jahren mit dem gleichen Genre große Erfolge einfahren. Tanzt dann ein Neustart dort aus der Reihe und läuft deutlich schlechter, dann kann das eine Enttäuschung sein, selbst wenn der Senderschnitt noch übertroffen wird.

7. Gesamtpublikum oder werberelevante Zielgruppe?
Wir betrachten in der Regel sowohl die Zuschauerzahl beim Gesamtpublikum als auch bei den 14- bis 49-Jährigen. Bei Privatsendern stehen dabei in unserer Betrachtung aber die werberelevanten, also 14- bis 49-Jährigen Zuschauer im Vordergrund, da der Erfolg hier auch für die von Werbung lebenden Sender maßgeblich ist. Bei ARD und ZDF blicken wir hingegen in erster Linie auf die Zahlen beim Gesamtpublikum, schließlich geht es für beide Sender die meiste Zeit des Tages - mit Ausnahme des Vorabends - nicht darum, Werbung zu verkaufen. Dennoch: Auch hier schadet ein Blick auf die Gruppe der 14- bis 49-Jährigen nicht. Letztlich umfasst sie einen großen Teil der arbeitenden Bevölkerung - und die sollten Das Erste und ZDF mit ihrem Programm schließlich eigentlich ebenfalls erreichen.

8. Wieso überhaupt die "werberelevante" Zielgruppe?
Auch unter unseren Lesern immer wieder heiß diskutiert: Die "werberelevante" Zielgruppe. Klar ist: Die Altersgrenzen wurden einst willkürlich gesetzt und es gibt gute Gründe, sie anzupassen oder womöglich gar ganz abzuschaffen. Diese Diskussion beleuchtet DWDL.de auch regelmäßig - doch die täglichen Quotenanalysen sind nicht der richtige Platz für Grundsatz-Diskussionen. Denn klar ist auch: Die 14- bis 49-Jährigen sind nunmal die anerkannte Währung im Werbegeschäft - und TV-Sender sind Wirtschaftsunternehmen, die sich durch dieses Werbegeschäft finanzieren. Zur an dieser Stelle immer wieder vorgebrachten Kritik, heute würde kein Unternehmen mehr auf Grundlage dieser "werberelevanten Zielgruppe" Werbung buchen, zitieren wir gerne Jürgen Lindner von der Werbeagentur Aegis: "Auch wenn Kampagnen zu 99 Prozent auf anderen Zielgruppen geplant, und Altersangaben fast immer um qualitative Elemente aus Erkenntnissen zu Kaufverhalten, Motivation oder Markenbindung ergänzt werden: Die Preise der Werbeblöcke werden in erster Linie anhand der Markt- und Wettbewerbssituation bei der Referenz-Zielgruppe festgelegt." Solange das so ist, bleibt auch für uns diese Referenz-Zielgruppe bei Privatsendern maßgeblich.