Herr Hoffmann, wurde der selbst ausgerufene Aufstieg in die 1. Fernsehliga bei Ihnen schon - analog zum Aufstieg im Fußball - mit einem rauschenden Fest gefeiert?

(lacht) Wir feiern bald unser Sommerfest, aber das machen wir jedes Jahr. Beim Thema 1. Liga muss man differenzieren. In der Access Primetime sind wir auf Augenhöhe mit ProSieben und Sat.1, in der Primetime knapp hinter den beiden Wettbewerbern. In einigen Zeitzonen wie beispielsweise um 19 Uhr mit dem "Perfekten Dinner" sind wir sogar Marktführer. Deshalb halte ich es nicht für vermessen, von der 1. Liga zu sprechen. Uns geht es in erster Linie darum, die Werbepreise in bestimmten Umfeldern an das Niveau von ProSieben und Sat.1 anzupassen, weil es schwer nachvollziehbar ist, wieso wir bei der exakt gleichen Werbeinselreichweite 20 bis 30 Prozent weniger verdienen. Was wir aber nicht möchten, ist auf Kosten unseres Markenkerns, unserer Programmseele, auf Biegen und Brechen die Marktanteile zu steigern. So möchten wir unser Streben in die 1. Liga nicht verstanden wissen. Formate wie die BBC-Produktionen zum Beispiel sind wichtig für uns, auch losgelöst von den Marktanteilen. Wir freuen uns, wenn wir damit auf Senderschnitt liegen. Wenn das aber nicht gelingt, stellen wir sie auch nicht gleich ein.

Die nächste Saison wird für Vox durch die neuen Ansprüche so hart wie lange nicht: Aufstiegsambitionen und die Herausforderung die guten Quoten der vergangenen Saison noch einmal zu steigern...

Welpenschutz genießen wir nicht mehr (schmunzelt). In der Tat sind wir in der Access Primetime und Primetime - wie schon erwähnt - auf hohem Niveau. Hier möchten wir die Quoten in der kommenden Saison halten. Um dies zu garantieren, muss man immer Möglichkeiten haben, im Zweifelsfall ein Format ohne Reichweitenverluste zu ersetzen. Werden die Neuentwicklungen nicht zum "Lücken stopfen" gebraucht, entsteht "Spielmasse" für Wachstum. So ist das zum Beispiel mit dem "Perfekten Dinner" gewesen: Wir wollten auf die Eventualität vorbereitet sein, dass "Schmeckt nicht, gibt's nicht" an Reichweite verliert. Also haben wir das "Perfekte Dinner" als möglichen Nachfolger entwickelt. Tim Mälzer erwies sich aber als so konstant beliebt und stark, dass wir das "Perfekte Dinner" flankierend an Mälzers Seite positioniert haben und nun zweistellige Marktanteile am Vorabend haben. Hoffen wir, dass sich das in schwächeren Zeitzonen wiederholen lässt.
 
Foto: Vox / Stephan Pick
Frank Hoffmann: "Welpenschutz genießen wir nicht mehr"
(Fotos: Vox / Stephan Pick)
 
 
Damit meinen Sie die Daytime?

Vor einigen Jahren haben wir den Fokus bei der Vox-Programmoptimierung zunächst auf die Primetime gelegt. Es ging um die Steigerung der Quoten, verbunden mit einer verbesserten Wahrnehmung des Senders durch Erfolge in den Timeslots der höchsten Fernsehnutzung. Wir haben uns dann der zweitwichtigsten Zeitzone des Tages gewidmet, der Access Primetime. Da sind wir von unserem Erfolg ehrlich gesagt teilweise überrascht worden. Umso schneller konnten wir auch diese Baustelle verlassen und uns jetzt ganz entspannt um die Daytime kümmern. Das ist die Zeitzone in der wir am meisten wachsen möchten. Am Sonntag haben wir es schon vorgemacht. Es ist noch nicht lange her, da haben wir noch vier oder fünf Prozent geholt. Inzwischen sind wir dort oft zweistellig mit "Goodbye Deutschland" und "Ab ins Beet".

Wie kann Vox denn in der Daytime wachsen? Sie sprachen bei dem Agenturscreening davon, das Schicksal in die eigenen Hände nehmen zu wollen. Bringen US-Serien nicht mehr genug Quote?


Unser Schicksal selbst in die Hand zu nehmen bedeutet, dass wir uns mit den gestiegenen Marktanteilansprüchen nicht allein von der Popularität einiger US-Serien abhängig machen dürfen. Um 17 Uhr haben wir schon vor knapp einem Jahr erfolgreich "Menschen, Tiere und Doktoren" eingeführt. Auf dem Sendeplatz haben wir mit US-Serien vorher deutlich schlechtere Marktanteile gemacht. In einem nächsten Schritt haben wir in den vergangenen Monaten mehrere Dokusoaps auf dem 16 Uhr-Sendeplatz ausprobiert. Mit 22 Prozent Marktanteil lief "Auf und davon" bei der am Nachmittag für uns auch so wichtigen Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen Frauen am besten. Das sind deutlich bessere Werte als wir sie bei den "Gilmore Girls" hatten - und die waren für uns bisher das Maß aller Dinge. Deswegen setzen wir "Auf und davon" um 16 Uhr fort. "Das wilde Kinderzimmer" nehmen wir dann auf den 14 Uhr-Sendeplatz, wo es unserer Einschätzung nach auch gut laufen wird.

Dann bleibt um 15 Uhr aber eine einsame US-Serie übrig. Wie passt die ins LineUp am Nachmittag?

Ich kenne die Frage, weil sie auf den ersten Blick so naheliegend erscheint. Aber ich mache mir um den Audience Flow keine Sorgen. Es geht beim Audience Flow doch nicht zwingend darum, nur Sendungen gleicher Genres optimal zu verknüpfen. Es geht auch um einen emotionalen Zuschauerfluss. Mit Respekt für die Kollegen: Auch bei ProSieben funktioniert dieses Modell schon sehr erfolgreich. Und den einen Serienslot am Nachmittag können wir künftig das ganze Jahr hindurch hochwertig programmieren - u.a. mit den drei Erfolgsserien "McLeods Töchtern", "Gilmore Girls" und "Eine himmlische Familie".