Foto: WDRFrau Westermann, Herr Alsmann, sie beide und die Sendung „Zimmer frei“ sind eine feste Institution im deutschen Fernsehen. Wie haben Sie sich eigentlich kennengelernt?

Alsmann:
Wir kannten uns vor der Sendung nicht. Es war eine reine Zufallsbekanntschaft, weil es beim Start von „Zimmer frei“ im Sommerprogramm des WDR vor elf Jahren erstmal um die Frage ging, welcher Kollege und welche Kollegin zu der Zeit frei hatte. Das waren wir, aber es hätte auch alles ganz anders kommen können.

Westermann: Sie könnten hier jetzt auch mit Bettina Böttinger sitzen.

Wie verlief Ihre erste Begegnung?

Westermann: Sehr positiv – nachdem ich weggesteckt hatte, dass er fast eine Stunde zu spät kam. Aber als er sehr charmant und glaubwürdig erklärt hat, dass er für seinen kleinen Sohn noch ein Motorrad aus Klorollen basteln musste, bin ich dahingeschmolzen wie Butter in der Sonne. Da war klar, das ist ein netter Typ. Kennen gelernt habe ich ihn dann im Laufe der Jahre.

Alsmann:
Und da hat sich das Urteil natürlich...

Westermann:
...bestätigt.

Alsmann: Mir war Christine durch die "Aktuelle Stunde" und andere Sendungen sehr präsent. Wir waren auch Kollegen bei der Deutschen Welle, ohne dass wir uns da je über den Weg gelaufen sind. Es gab also eine Menge Anknüpfungspunkte.



Und wie waren die ersten Reaktionen auf Sie beide als Duo?

Alsmann:
Wir wirkten damals auf die Menschen eher verstörend. Es hieß immer, wir passen nicht zueinander, weil wir so verschieden sind. Dass gerade das die Sendung ausgemacht hat, musste man erstmal kapieren. Wir wussten das sofort, aber die anderen brauchten länger.

Was hat sich denn bei der Sendung, die man zu Recht als 'Dauerbrenner' bezeichnen kann, über die Jahre verändert?

Westermann:
Die Sendung ist inzwischen etwas schlanker. Wir hatten anfangs unter anderem noch Typberatung mit Erika Berger und die Live-Schalten zu einer echten Wohngemeinschaft. Jetzt konzentrieren wir uns auf das Wesentliche und Schöne.

Alsmann: Wir hatten viele institutionaliserte Elemente, die Gott sei Dank eins nach dem anderen weggestrichen wurden. Es gab anfangs viel überflüssigen Kram, weil man dachte: Alles improvisiert, wie soll das gut gehen? Im Laufe der Zeit merkte man, das funktioniert. Es dauerte knapp drei Jahre, bis alles weg war. Da wurde es dann erst richtig gut.

Das Grundmuster ist immer gleich. Wie beugen Sie da der Routine vor?


Westermann: Würde sich Routine einstellen, würde sie direkt durch den Gast durchbrochen, der immer Frische reinbringt. Das ist wie im richtigen Leben: Manchmal kann man ganz toll miteinander und manchmal gar nicht. Aber auch unsere Spontaneität hat eine gewisse Routine.

Alsmann: So eine Sendung lässt sich bei einem so hohem Improvisationsgrad nur auf einem passablen Level halten, wenn es auch positiv zu verstehende Routine gibt, und man sich nicht durch eine Kleinigkeit aus dem Rennen werfen lässt. Das ist auch ein Erfolgsgarant. Es hat sich auch noch nie jemand im Team beklagt über unsere spontanen Aktionen. Man hat hier schnell begriffen, dass wir eine andere Art von Fernsehen machen.

Foto: WDRIst es gut, dass „Zimmer frei“ ein wenig versteckt am späten Sonntag Abend läuft oder fehlt es dem deutschen Fernsehen an mehr solcher Sendungen?

Alsmann: Es fehlt dem deutschen Fernsehen insgesamt an Sendungen. Vieles was ich sehe, ist überhaupt kein Fernsehen mehr. Früher konnte man im Nachtprogramm noch schöne alte Cowboyfilme sehen. Heute steht da eine Moderatoren-Darstellerin und sucht auf Sendern, deren Namen ich mir nicht merken will, Begriffe mit 'K'. Ich weiß nicht, was das ist – aber Fernsehen ist es jedenfalls nicht.

Was sehen Sie denn selbst gerne?

Alsmann: Ich möchte Sendungen sehen von Menschen, deren Beruf es ist, Fernsehen zu machen und mit Menschen, deren Beruf es ist, im Fernsehen aufzutreten. Genauso möchte ich Musik hören von Menschen, deren Beruf es ist zu singen. Wenn an meinem Auto etwas nicht stimmt, gehe ich doch auch in eine Fachwerkstatt. Ich verstehe auch nicht, dass diese ganzen Doku-Soaps überhaupt von jemandem gesehen werden. 'Ich bau ein Haus', ''Ich fahr in Urlaub', 'Ich mach mir in die Hose'.

Westermann: Es strengt mich sehr an Fernsehen zu schauen. Wenn man das selber beruflich macht, sieht man die Fehler, die sich häufen. Das macht mich ganz krank beim Zugucken. Ich kehre überhaupt nicht die Intellektuelle raus, aber ich lese gern. Es gibt nichts Schöneres, als sich in aller Ruhe abends irgendwo hinzuhocken und Zeitung zu lesen. Ich kann ganz gut nur mit mir selbst sein.

Alsmann: Das wünsche ich mir auch. Aber als Musiker binich sehr viel auf Tournee. Wenn ich nachts ins Hotel komme, brauche ich das Fernsehen, um runter zu kommen. Leider erwische ich meist keinen historischen Cowboyfilm - das wäre wie Weihnachten - sondern irgendeinen Mist. Das macht mich böse. Wenn ich früher sagte, dass ich beim Fernsehen bin, war ich sehr stolz. Meine Mutter war auch sehr stolz. Die Menschen hatten Respekt vor einem Medium, das ihnen sehr viel Schönes ins Wohnzimmer brachte. Heute muss man immer dazu sagen, dass man für den WDR und das ZDF arbeitet, damit man akzeptiert wird.

Lesen Sie auf Seite 2: Warum "Zimmer frei" nicht ins Erste soll und wieso Götz Alsmann keine netten Worte für das Sat.1-Frühstücksfernsehen findet...