Jo Gerner, Deutschlands bekanntester Soap-Fiesling, fährt zukünftig auch S-Bahn. Für den Anwalt mag das eine enorme Weiterentwicklung sein. In der Tat steckt hinter den neuen Fortbewegungsmöglichkeiten der am längsten bei "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" mitspielenden und intrigierenden Figur aber viel mehr. Ab diesem Mittwoch findet das Geschehen rund um Gerner und Co. auf einem komplett neu gebauten Außenset statt. Die Kulissen, die jetzt unter anderem einen S-Bahnbögen beinhalten, haben nicht nur viel Zeit, sondern auch viel Geld gekostet und sind nicht zuletzt ein glasklares Statement von RTL zur Marke "GZSZ" sowie zum Medienstandort Babelsberg.

© UFA Joachim Kosack
Der Reihe nach: 2006 hatten die Macher den "Kolle-Kiez" in der Serie eingeweiht. Er beinhaltet Motive wie eine Außengastronomie vor dem "Vereinsheim", einen Stehbereich vor dem "Späti", die Außenfront vor dem Club "Mauerwerk" sowie Straßenzüge, Gehwege und mehr. Geplant war der erste Kolle-Kiez damals für gerade einmal fünf Jahre, benutzt wurde er fast dreimal so lang. Dennoch: Vor drei Jahren starteten die Überlegungen, das Außenset grundlegend zu erneuern. Das alte, so berichtet es Joachim Kosack, Geschäftsführer der herstellenden Firma UFA Serial Drama, sei inzwischen schlicht baufällig geworden. "Nach so langer Zeit bröckelt schon mal etwas und da die Kulissen mitunter zwei- oder dreistöckig gebaut sind, waren Reparaturen teilweise nicht ganz einfach."

Nicht ganz einfach war aber auch die Umsetzung des Neubaus, was stark mit der generellen Entwicklung der umliegenden Gelände zu tun hat. Direkt neben dem Filmpark gibt es längst weitere Bebauung. Branchen fernab der Filmindustrie haben Gefallen an der Umgebung gefunden. "Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich vor drei Jahren mit dem Filmpark Babelsberg über die Frage geredet habe, inwieweit dieser zu erhalten ist. Fakt ist, und ich freue mich sehr darüber, dass der Medienstandort Babelsberg Fahrt aufnimmt", sagt Kosack im Gespräch mit DWDL.de und macht sich zugleich Gedanken darüber, "inwieweit man das Areal noch in Richtung Medienstandort entblättert". Das ist Zukunftsmusik, die Gegenwart ist: Der neue Kiez, auf dem seit Anfang Januar gedreht wird, ist nun weiter vom "GZSZ"-Studio entfernt als der bisherige. Etwa ein Kilometer trennen nun die Studiokulissen der Serie und das Außenset. Gebaut wurde der neue Kiez in dem Bereich des Filmparks, in dem auch die aus "Babylon Berlin" bekannte Berliner Straße angesiedelt ist. "Anders als bisher können wir nun nicht mehr einfach vom Studio ins Außenset laufen. Dafür haben wir jetzt aber mehr Platz und Ruhe. Ich freue mich, dass wir es gemeinsam geschafft haben, dieses Set fortan mit dem Studio Babelsberg zu realisieren, was letztlich auch eine politische Frage war."

In der Serie haben die "Buddys" Tuner, Nihat und Paul (gespielt von Thomas Drechsel, Timur Ülker und Niklas Osterloh) die Ehre, die erste Szene im neuen Außenset zu spielen. Sie ist im Rahmen der am Mittwoch gesendeten Episode zu begutachten. Auffallend dabei: Diese und weitere Kiez-Szenen jener Episode spielen abends oder nachts, die neuen Kulissen sind zunächst nur unscharf im Hintergrund zu erkennen, die bekannten Figuren dafür in Großaufnahme. Man könnte das als langsames Eingewöhnen bezeichnen, denn dem geschulten Fan-Auge dürften die neuen Bauten schnell ins Auge fallen, auch wenn zahlreiche Kulissen recht detailgetreu übernommen wurden. So finden sich etwa die Außenansicht des Mauerwerks, das Vereinsheim und die Immobilienfirma von Jo und Katrin weiterhin am Kiez. Für das Publikum soll beim neuen Außenset aber gar nicht so viel neu sein. "Wir wollen in der Serie keinen neuen Kiez erzählen", berichtet UFA Serial Drama-Geschäftsführer Joachim Kosack. Viele Elemente sind daher geblieben, doch es wurde auch aufwändig ergänzt – etwa um die aus der Millionenmetropole bekannten S-Bahnbögen. Ebenfalls neu: Dr. Joachim Gerner wohnt nun eben direkt an einer U-Bahnhaltestelle.

Wenn man im Außenset steht, hat man den Eindruck, dass alles viel größer ist. Joachim Kosack, Geschäftsführer von UFA Serial Drama

"Für die Macher:innen bietet das Set massive Vorteile. Wenn man im Außenset steht, hat man den Eindruck, dass alles viel größer ist. Wir haben jetzt Regen-Cover-Sets", berichtet Kosack und ergänzt: "Es gibt nun einen überdachten U-Bahn-Vorplatz, sodass im neuen Set die Drehbedingungen einfach optimiert sind." In einem Gemeinschaftsraum mit Sofa und Sesseln haben die Darstellenden nun die Möglichkeit, sich bei widriger Witterung aufzuwärmen oder einfach noch mal ihre Texte durchzugehen.

Nur ein recht kleiner Kreis sei aktiv in die Planung der neuen Kulissen involviert gewesen. "Wir haben in der Planung nicht überlegt, welche neuen Kulissen und Geschäfte wir integrieren, sondern beispielsweise eher darauf geachtet, dass der Boden für Kamerafahrten besser ist, dass wir ein 360-Grad-Set haben und somit bessere Bewegungen möglich sind", erinnert sich Kosack. Neben ihm selbst waren Line Producerin Christina Vogel-Froehlich und UFA Serial Drama-Finanzchef Nils Marquardt beteiligt. "Ich möchte allerdings auch Herrn Düwel danken, dem Creative-Chef der Werkstätten des Studio Babelsberg, der für den Bau verantwortlich war, aber unbedingt auch Herrn Frerichs von der Abteilung Wirtschaft der Stadt Potsdam. Der Bau wurde unter anderem über den ILB Potsdam gefördert." Auf Senderseite haben vor allem die direkt zuständige Redakteurin Christiane Ghosh, Produktionsmanagerin Barbara Sartor sowie der bis Ende Februar 2021 in dieser Position arbeitende Programmgeschäftsführer Jörg Graf an der Umsetzung mitgewirkt. 

Dass Sets einer täglichen Serie sich mit der Zeit weiterentwickeln, sei ganz normal und in etwa vergleichbar mit einem menschlichen Organ. "Im Januar hatte ich mein 25. Jubiläum bei 'GZSZ' und habe mich an Kulissen wie den Fasan, Daniels Bar oder den Wohnwagen zurückerinnert. Inzwischen haben wir nicht nur bessere Wände, sondern auch eine bessere Ästhetik. Besonders in den Nuller-Jahren wurde ein ganz anderes Licht und eine viel modernere Kameratechnik etabliert. Die UFA Serial Drama war in diesen Punkten immer Vorreiter", sagt Kosack rückblickend. In etwa ein Innenset pro Jahr geht das Team der Serie an. Die Erneuerung werde dann so umgesetzt, wie sich letztlich auch die echte Gesellschaft verändere. "Oder wir kreieren ein Set auch mal ganz bewusst nicht up to date, erzählen dann aber auch direkt in der Geschichte, warum das so ist.“

Gebaut wurde das neue Außenset, das mehrere Millionen Euro gekostet hat, wieder aus Holz und nicht etwa aus Stahl. In der Tat habe bei dieser Frage der ökologische Aspekt eine Rolle gespielt, berichtet Kosack. "Trotzdem ist alles stabiler geworden, sodass diese Planungen, mehr noch als beim ersten Außenkiez, wirklich für die Ewigkeit angelegt sein könnten. Man muss ja sagen, dass sich die Stellung von 'GZSZ' in den vergangenen 15 Jahren bei RTL und TVNow nochmal vergrößert hat", meint Kosack über die Serie, die in 14 Monaten ihr 30-jähriges Jubiläum feiern wird.

Kein Primetimespecial 2021, aber weitere Ableger

Dann dürfte es eine große Feier geben. 2021 derweil, verrät Kosack im Gespräch mit DWDL.de, wird – anders als in den Jahren zuvor – kein großes Primetime-Special produziert. Stattdessen seien, sagt er, weitere Ableger für den Streamingdienst TVNow in Planung. Vergangenen Herbst feierte das Spin-Off "Sunny – Wer bist du wirklich?" Premiere. Ob die Serie mit Valentina Pahde in der Hauptrolle eine zweite Staffel erhält, ist auch knapp ein halbes Jahr nach ihrem Debüt noch unklar. Die Hauptdarstellerin tanzt derzeit ohnehin erstmal auf dem "Let's Dance"-Parkett.

Dass auch weiterhin am "GZSZ"-Set, draußen wie drinnen, nur sehr vereinzelt mit Nähe erzählt werden kann, macht allen Beteiligten etwas mehr zu schaffen. Kosack: "Dabei geht es gar nicht nur ums Küssen, sondern manchmal auch um ein schlichtes High-Five. Wir achten daher darauf, dass unsere Geschichten bei allem nötigen Drama immer auch liebe- und freudvoll sind. Es gibt ein gutes Miteinander unter den Charakteren. Die Trennung von Toni und Erik etwa haben wir sehr intensiv auch mit Rückblenden erzählt und hier auch nochmal besonders viele Liebesszenen inkludiert."

An diesen Gegebenheiten ändert zunächst einmal auch das neue Außenset nichts. Dafür fährt Jo Gerner fortan etwas öfter S-Bahn. Mit Abstand. Aber in optisch ansprechender Umgebung.