1991 fusionierten beide Unternehmen zur British Sky Broadcasting (BSkyB), wobei Sky jedoch – so weit es die Management- und Programm-Strukturen anging – die Führung übernahm, so dass es sich de facto eher um eine Übernahme handelte, welche erneut mit britischem Rundfunkrecht in Konflikt stand. Doch Politik und Behörden ließen Murdoch gewähren. Mittlerweile kommt BSkyB auf mehr als zehn Millionen Abonnenten, was nicht nur auf die attraktiven Sport- und Spielfilmrechte zurückgeht, welche Murdoch für den Sender gesichert hat, sondern auch auf das eifrige Cross-Marketing, welches seine Zeitungen für BSkyB betreiben. Das geschäftliche Interesse Murdochs gilt in Großbritannien zu allererst BSkyB: Die jüngsten Bilanzzahlen weisen für den Sender einen Umsatz von mehr als 5 Milliarden Pfund und einen Gewinn von 908 Millionen Pfund aus. Der Schlüssel zu Murdochs politischem Einfluss liegt allerdings immer noch in seinen Zeitungen.

Es ist deshalb nicht ohne eine gewisse Ironie, dass nun ausgerechnet ein Zeitungsskandal Murdochs Stellung auf der Insel in Gefahr bringt. Als unmittelbare Konsequenz aus dem Abhörskandal hat der Unternehmer das Traditionsblatt „News of the World“ eingestellt. Murdochs Sohn James hat nach Vertuschungsvorwürfen seinen Hut als Verlags- und BskyB-Vorstandschef genommen – und ist damit wohl auch als Nachfolger seines Vaters auf dem Chefsessel des Mutterkonzerns News Corp aus dem Spiel. Mehrere leitende Angestellte aus dem Verlag sind von der Polizei festgenommen worden. Die mittlerweile zurückgetretene Geschäftsführerin und enge Murdoch-Vertraute Rebekah Brooks wird sich ebenso wie der frühere „News of the World“-Chefredakteur (und – pikanterweise – spätere Regierungssprecher) Andy Coulson vor Gericht verantworten müssen.

Noch schmerzlicher ist für Murdoch sicherlich, dass durch den Skandal der öffentliche Widerstand gegen die geplante Konsolidierung von BSkyB so sehr gewachsen ist, dass er die Übernahme der noch fehlenden 61 Prozent der Senderanteile abblasen musste. Die Medienaufsichtsbehörde Ofcom hat inzwischen eine Untersuchung eingeleitet, ob Murdoch angesichts der Vorkommnisse in seinem Zeitungsverlag überhaupt im Sinne der britischen Rundfunkordnung als geeignet („fit and proper“) gelten kann, um einen Fernsehsender zu betreiben. Die zur Aufklärung des Skandals eingesetzte Untersuchungskommission, die so genannte Leveson Inquiry, hat in den vergangenen Wochen die Riege der Premierminister, angefangen bei John Major bis hin zum amtierenden David Cameron, vernommen, um sie nach ihrem Verhältnis zu Rupert Murdoch zu befragen.

Kein Tag vergeht in Großbritannien ohne dass sich die Medien mit diesem andauernden Skandal beschäftigen. Im Mittelpunkt steht dabei der Verdacht, dass die Politik Murdoch administrative Gefälligkeiten im Austausch gegen die publizistische Unterstützung in seinen Blättern erwiesen hat.  Vor allem der konservative Premier Cameron und sein Kulturminister Jeremy Hunt sehen sich mit dem Vorwurf konfrontiert, die Genehmigung für die BSkyB-Übernahme im Gegenzug für Murdochs Parteinahme bei den vergangenen Parlamentswahlen forciert zu haben. Adam Smith, ein enger Berater Hunts, ist von seinem Posten inzwischen zurückgetreten, da er in Hunderten von E-Mails den Chef-Lobbyisten der News Corporation über die beste Strategie im Umgang mit Politik und Öffentlichkeit beraten hatte.

Und auch Cameron und Hunt müssen sich unangenehmen Nachfragen zu einigen höchst fragwürdigen E-Mails und Textnachrichten stellen. So hatte Hunt beispielsweise James Murdoch in einer SMS zur Genehmigung der BSkyB-Übernahme seitens der EU-Kommission gratuliert. Cameron wiederum hatte am Tag vor dem Nominierungsparteitag der Torries eine SMS von Brooks erhalten, in der sie ihm ihrer Unterstützung versicherte: „Beruflich stecken wir hier gemeinsam drin.“. Tony Blair beschwört, dass es zu seiner Zeit keine Absprache zwischen ihm und Rupert Murdoch gegeben habe. Und das entspricht möglicherweise sogar den Tatsachen. Murdoch hat über viele Jahrzehnte hinweg ein System geschaffen, in dem explizite Absprachen gar nicht mehr nötig waren. Ein System, in dem Politiker, angelockt von der tatsächlichen oder vemeintlichen Meinungsmacht der Murdoch-Blätter, ganz automatisch ein entgegenkommendes Verhalten an den Tag gelegt und alles dafür getan haben, um sich mit dem Medienunternehmer gutzustellen. Was dieser zum Auf- und Ausbau des europaweit erfolgreichsten Pay-TV-Anbieters genutzt hat.

Der „News of the World“-Skandal hat dieses System nun jedoch ins Wanken gebracht. Noch ist es nicht gefallen, aber die Vehemenz mit der in Großbritannien das Thema aufgearbeitet wird, ist derzeit höchst bemerkenswert und macht einen Blick nach Großbritannien spannender denn je. Murdochs publizistische Machtbasis ist beschädigt. Die Politik wird sich, vorerst jedenfalls, von ihm distanzieren. Die Konsolidierung von BSkyB in der Hand der News Corp ist auf absehbare Zeit gescheitert. Und mit der in Frage gestellten Eignung von Murdoch als Eigentümer von BSkyB hat sich zumindest vorläufig die Machtbalance wieder ein Stück weit in Richtung der Politik verschoben. Vorläufig.