Vom Second Screen ist die Rede. Zweiter im hierarchischen Sinne. Doch wer steht hier wirklich an zweiter Stelle? Entscheidet wirklich nur die Größe über die führende Position? Oder manifestiert sich die Hitliste im Bauchgefühl des Zuschauers? Heute so, morgen so. Beim Blockbuster volle Konzentration auf den großen Bildschirm, während bei anderen Programmen eher der Chat am Tablet im Vordergrund steht. „Das Internet macht die Welt zum Wohnzimmer und das Fernsehen gibt vor, worüber man spricht“, sagt zum Beispiel der Digital Native Philipp Riederle, der mit 17 Jahren Dax-Vorstände berät.

Programme wie „The Voice“ und „Deutschland sucht den Superstar“ zeigen mit ihren Apps und Internetseiten, wie sich die Schirme inhaltlich und zeitlich aufeinander abstimmen lassen. Denn je fesselnder ein Programm, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass im Netz danach gesucht oder darüber gesprochen wird. Noch ist hier viel technische Innovationsleistung gefragt. Startups wie Flingo in den USA und TVtak in Israel sind damit beschäftigt, Lösungen zu finden, die die Schirme miteinander synchronisieren und Fernsehen zur Multiscreen-Erfahrung machen. Die denkbare Bandbreite reicht vom Push zusätzlicher Inhalte zum laufenden Programm bis zu all den Tools und Werbekniffen, über die sich die Digitalagentur Syzygy Gedanken gemacht hat. Mit der Konzeptstudie Goab legen sie eine Vision vor, in der sie zur Diskussion stellen, wie wir künftig fernsehen könnten.

Ob es wirklich so kommt, wie Goab umreißt, sei mal dahingestellt. Doch eines zeigt das Gedankenspiel mehr als deutlich: Stärker noch als andere Gattungen dürfte das Fernsehen künftig kein isoliertes Medium mehr sein. Das Fernsehen im Jahr 2020 ist ein Medienmix. Eine Mischung aus linearem Zurücklehnen und aktivem Mitmischen. Ein Wechselspiel aus Abhängen und Einklinken, aus Zuhören und Mitreden, aus sich im Fluß treiben lassen, am Ufer Verweilen und selbst die Richtung Bestimmen.

Und welch glückliche Zeiten für all die Akteure der Beteiligten Branchen: Sie können die Richtung maßgeblich mitbestimmen! Das muss man sich mal klarmachen. Denn manchmal muss man wohl noch dem Bonmot des Poeten Randall Jarrell Recht geben: „Menschen, die in goldenen Zeiten leben, gehen gewöhnlich umher und beschweren sich darüber, wie gelb alles aussieht.“