Das Leben lässt sich – so heißt es – in Phasen einteilen, die jeweils sieben Jahre andauern. Genau sieben Jahre ist es nun her, dass ich in Gesprächen mit Produzenten und Programmherstellern herausfinden wollte, was denn von diesen neuen Möglchkeiten zu halten sei, mit denen man künftig seine Inhalte selbst an das Publikum bringen kann. Was sie von der Chance halten, sich für Cent- oder kleinere Eurobeträge ein bisschen unabhängiger zu machen von den Sendern. Wenig überraschend war die Ablehnung groß.

Das Endkundengeschäft war vielen noch vor gar nicht allzu langer Zeit ein Graus –  nicht nur in der Fernsehbranche. Da sollen sich andere drum kümmern, hieß es recht einhellig. Doch das Bewusstsein hat sich gewandelt. Vor allem die großen Produktionshäuser haben längst damit begonnen, sich in Sachen Vertrieb und inhaltlichem Horizont auf die neue Zeit einzustellen. So sind zum Beispiel bei der Abrufplattform Germany’s Gold, die unter der Federführung der kommerziellen ARD- und ZDF-Töchter noch in diesem Jahr an den Start gehen soll, auch zahlreiche Programmhersteller mit an Bord.

Nachdem die Produktionsbranche über lange Jahre ausschließlich auf den Herstellungsprozess und die Abgabe der fertigen Sendung zum Festpreis konzentriert war, entwickeln die Macher der Inhalte allmählich ein neues Selbstbewusstsein. Anstatt sich auf den Herstellungspreis zu konzentrieren – jene Größe, die in den Verhandlungen mit dem Sender meist noch ausschlaggebend ist – beginnen die Kreativhäuser damit, auch den Wert einer Formatmarke mit all ihren inhaltlichen und wirtschaftlichen Nebenpotentialen ins Visier zu nehmen.

Es hat wohl auch ein bisschen damit zu tun, wie man sich selber wahrnimmt. Paul Bennun zum Beispiel, Chef der englischen Firma Somethin’ Else, stellt Programme für die BBC und für große Markenartikler her. Es gibt TV-Inhalte, Games, Social Media-Content und interaktive iPad-Bücher von Somethin’ Else. Als Produzent sieht Bennun sich nicht. Er sagt, er wolle Inhalte gestalten, mit denen er dem Publikum die besten Lösungen für seine Geschichten biete. Er sieht sich also nicht als Hersteller, sondern als Gestalter.

Natürlich sind es vor allem die großen Häuser, die es sich leisten können, mit den neuen Rahmenbedingungen zu experimentieren und die über das nötige Kleingeld verfügen, auch mal ein neues Projekt komplett in den Sand zu setzen, wenn es denn der Fortschritt erfordert. Ein Inhalte-Labor wie es die UFA mit dem UFA Lab hat, ist keine allzu günstige Angelegenheit. Hier sitzen von erster Minute an Experten aus unterschiedlichsten Bereichen an einem Tisch. Geschichtenerzähler, Filmemacher, Spieleentwickler und Menschen, die sich mit den neuen Technologien bestens auskennen.

Sie entwickeln neue Erzählansätze – zum Beispiel das ZDF-Experiment „Wer rettet Dina Foxx?“ – und suchen nach erzählerischem Potential in neuen Technologien. Dabei ist das Labor in die Struktur der verschiedenen UFA-Produktionsunternehmen eingebunden. Mehr und mehr sind die Großen bereit, eigenes Geld in Pilotproduktionen zu stecken. Denn es geht nicht mehr darum, das immer Gleiche – eine oder mehrere Kameras, ein paar Menschen, ein Studio oder eine andere Location mit oder ohne Publikum – in neuen Variationen wegzuproduzieren.

Wie schwer es ist, in der neuen Medienwelt den richtigen Ansatzpunkt zu finden zeigt das Beispiel „Gottschalk live“. Hier arbeiten einige der profiliertesten Fernsehmacher mit einigem Freiraum – und dennoch gelingt es zum Beispiel nicht, die sozialen Medien so adäquat einzubinden, wie es zum Beispiel Joko und Klaas mit großer Leichtigkeit und noch größerem Erfolg bei "neoParadise" vormachen.

Lesen Sie auf der folgenden Seite, wie man auch abseits großer Netzwerke von den neuen Entwicklungen profitieren kann.