Aber eigentlich ist es doch kurios, dass trotz so vieler Talkshows so wenige besondere Momente geschehen. Besteht dadurch nicht womöglich auch die Gefahr, dass die Zuschauer allmählich Talkshow-müde werden?

Es geht darum, ein Alleinstellungsmerkmal zu finden. Wir bei „Eins gegen Eins“ versuchen das, indem wir das Thema auf eine klare Ja-Nein-Frage konzentrieren und das Publikum abstimmen lassen. Ich bin davon überzeugt, dass die Zuschauer nicht nur die therapeutische Gesprächsrunde sehen möchten, sondern auch den Schlagabtausch nach angelsächsischem Vorbild. Gelungene Sendungen erreichen Kopf, Bauch und Herz. 

Nicht ganz unwichtig um die späte Uhrzeit...

Ich höre immer, wie bei Thomas Gottschalk am Vorabend von der „Todeszone“ gesprochen wird. Ich kenne das Gefühl auch ziemlich gut: Wenn man am Montagabend um 23:30 Uhr in Sat.1 sendet, hat man nicht viele Vorlauf-Helfer. Mit „Planetopia“ im Vorprogramm wirst du kein Quotenstar. Ich habe Abende erlebt, an denen „Planetopia“ die Quote auf drei Prozent abgeschmolzen hat, die „Spiegel TV“-Reportage lief danach zwar im Durchschnitt ein bisschen besser, aber die Übergabe zu „Eins gegen Eins“ hatte noch 1,5 Prozent. Und dann waren wir mit unserem Polit-Talk dran... 

Mit welchen Quoten sind Sie denn zufrieden?

Viele von denen, die uns in der ersten Staffel Woche für Woche vorgerechnet haben, dass vier Prozent zu wenig sind, sagen: Sechs Prozent sind ein beachtlicher Erfolg. Die haben wir in der zweiten Staffel erreicht und gezeigt, dass „Eins gegen Eins“ auf diesem Sendeplatz ein Potenzial zwischen fünf und sieben Prozent hat, wenn der Vorlauf stimmt sogar acht Prozent erreichen kann. Was man nicht vergessen darf: Auch Günther Jauch holt sonntags im Schnitt nicht viel mehr als acht Prozent, hat davor aber einen „Tatort“ mit vielen Millionen 14- 49-jährigen Zuschauern und 16 bis 18 Prozent in dieser Zielgruppe. Jauch halbiert also mal eben so den Marktanteil und damit ist er schon der König in der ARD. Wir haben mit unserer Sendung nie mehr als zwei Prozentpunkte gegenüber dem Vorprogramm verloren – und das regt manchmal meine Fantasie an: Stellen Sie sich mal vor, unser Format würde dienstags nach der „Akte“ von Ulrich Meyer laufen - also nach dem erfolgreichsten Info-Format in Sat.1 mit ähnlicher Zuschauerstruktur -, dann wäre für "Eins gegen Eins" vielleicht sogar mal was Zweistelliges drin.

 

Da läuft nun aber Harald Schmidt.

Richtig, also bitte nicht falsch verstehen: Wir spielen selbstverständlich immer dort, wo uns der Trainer aufstellt. Und wenn der Größte auf dem besten Platz steht, ist der beste Platz eben weg. Aber vielleicht ist das ja irgendwann einmal - auch mit Blick auf das Wahljahr - eine Option. Ganz nebenbei bemerkt: Ich hätte auch gerne mal die „Wanderhure“ mit über 25 Prozent oder ein Champions League-Spiel im Vorlauf. (lacht)

Wie berechenbar ist denn überhaupt das Sat.1-Publikum? Eine Ausgabe, die die „Bild“-Zeitung als „Schamhaar-Eklat“ titulierte, verzeichnete einen Bestwert, aber als Sie über Brust-OPs sprachen, schalteten die Zuschauer ab...

Zunächst: Wir haben auch über die NPD, die Euro-Krise, die Bundeswehr-Reform, den E-10-Skandal oder Fukushima geredet. Aber richtig ist auch: Wenn man wie wir am Ende des Tages knallhart an den Quoten gemessen wird, braucht man bei einem gesellschaftspolitischen Talk in Sat.1 eine gelungene Mischkalkulation. Mir war klar, dass sich die öffentliche Wahrnehmung auf Lady Bitch Ray verengen wird, wenn man sie in die Sendung einlädt. Das war bei Sandra Maischberger, wo sie ebenfalls mal in der Runde saß, auch so. Und selbstverständlich fragen die Medien danach, was daran noch politisch sei. Ich finde aber spannend, das eine zu tun, ohne das andere zu lassen. Das markiert unseren Weg in die Zukunft. Übrigens war die Sendung mit Lady Bitch Ray nicht die erfolgreichste - das war "Jetzt Gold kaufen?"  Man kann also keineswegs sagen: „Sprich über Sex und schon hast du gute Quoten.“ Das wäre zu kurz gegriffen und würde auch dem Sat.1-Publikum nicht gerecht.

Das alleine kann auch kaum der Anspruch sein, oder?

Nein, gerade weil der Anteil junger Zuschauer bei uns im Vergleich zu anderen Talkshows hoch ist, ist damit auch die Verantwortung verbunden, diese Zielgruppe für die wichtigen Sachverhalte in unserem Land zu interessieren - eine Zielgruppe, die ganz offensichtlich von der Politik, aber auch von den politischen Talkshows der Öffentlich-Rechtlichen aufgegeben worden ist. Das ist kein Job, sondern ein Anliegen. Das interessiert mich, das spornt mich an, dafür lohnt es sich, jeden Montag in den Ring zu steigen.

Herr Strunz, vielen Dank für das Gespräch.