Ich habe eine tolle Verschwörungstheorie. Da man in diesen Zeiten ja ohnehin niemandem trauen kann, habe ich aufgedeckt, dass die Zuschauerzahlen beim Fernsehen alle gefälscht sind. Nicht von der Firma, die sie erhebt und verteilt. Nein, die trifft keine Schuld. Vielmehr hat sich sehr offensichtlich eine geheime Macht eingeschlichen in die Apparaturen, mit denen der Fernsehkonsum gemessen wird. Wahrscheinlich stecken die Illuminaten dahinter. Oder die NSA. Oder Uri Geller.

Ich weiß nicht, wer verantwortlich ist, ich weiß aber, dass etwas mit den Fernsehzahlen nicht stimmen kann. Fast vier Stunden schaut jeder durchschnittliche Deutsche täglich fern. Über 220 Minuten läuft die Kiste. Dass das nicht die Wahrheit sein kann, ergibt sich aus mehreren Faktoren.

Zum einen ist da eine simple Zeitrechnung anzuführen. Man schläft acht Stunden, dann arbeitet man acht Stunden, braucht in der Regel eine Stunde für die Hin- und eine für die Rückfahrt. Bleiben sechs Stunden, in denen man vier Stunden fernsehen, Zähne putzen, Nahrung aufnehmen und mit der Partnerin den individuellen Hormonhaushalt regulieren soll? Schon diese simple Addition zeigt, wie lachhaft die Behauptung dieses überdimensionierten Fernsehkonsums ist. Ich sage nur: Die Illuminaten.

Zum anderen ist da die persönliche Empirie. Ich kenne niemanden, der vier Stunden fernsieht. Ich kenne noch nicht einmal Menschen, die täglich zwei Stunden fernsehen. Die Menschen, denen ich begegne, ist das Fernsehen zwar nicht komplett unbekannt, aber sie behaupten Stein und Bein, dass sie es niemals nutzen. Nicht einmal ein paar Minuten am Tag.

Na ja, den „Tatort“ schauen sie schon ab und an. Aber meistens bei Freunden. Na ja, und hier und da mal die „Heute Show“. Und die Champions League, ja, da werfen sie ab und an mal einen Blick in die Kiste. Ansonsten bleibt bei ihnen aber die Glotze kalt. In der Regel folgt einem solchen Bekenntnis der Seufzer, dass man gar nicht mehr wisse, wofür man eigentlich seine Gebühren bezahle. Wo man doch eh nichts schaue.

Außer Serien vielleicht. Amerikanische natürlich. In Originalfassung. Ohne Untertitel. Auf DVD. Oder gestreamt. Von Netdome oder Maxflix oder wie diese elektronischen Bringdienste alle heißen. Da verbringen meine Freunde so manches Wochenende vor der Kiste. Aber fernsehen tun sie nicht mehr. „Ich schwör“, sagen sie dann gerne, um einen dicken Strich unter ihre Bilanz zu setzen.

Die NSA weiß es besser. Es soll da noch ein paar Snowden-Papiere geben, auf denen steht, dass der amerikanische Geheimdienst sehr genau Buch darüber führt, wer was wann sieht. Moderne Fernseher, die ans Netz angeschlossen sind, liefern ebenso hübsche Datensätze wie aufgeklappte Notebooks. Wer schaut wie lange „Homeland“? Wer hat übermäßiges Interesse an „House Of Cards“? Wer lebte lieber in einer Welt wie „Game Of Thrones“?

Das folgt natürlich der einst von Harald Schmidt entworfenen Theorie, dass ein Volk, in dem nicht mindestens acht Millionen regelmäßig „Musikantenstadl“ gucken, quasi unregierbar wäre. Wo lagen noch mal die jüngsten Stadl-Zahlen? Eher bei vier als bei fünf Millionen? Voila. Daran sieht man, dass das Land quasi kurz vor dem Chaos steht. Nur durch geschickte Manipulation der freigegebenen Zahlen kann noch der Eindruck erweckt werde, es herrsche Stabilität. Von wegen.

Und dann ist da noch Uri Geller. Der Verbieger. War der nicht schuld, dass das neue iPhone wegen seiner Biegsamkeit floppte? Ist Apple denen da oben zu mächtig geworden? Wenn Geller Gabeln und iPhones biegen kann, warum dann nicht auch Fernsehzahlen? Die speist er einfach ins Raumzeitkontinuum und entführt sie in irgendeine biegsame Galaxis, von wo sie dann aufgeblasen in die irdische Statistik zurückkehren.

Alles abgekartet. Alles geplant, um den Menschen eine heile Welt vorzugaukeln. Zugegeben wird so etwas nur in kleinen Dosen, wenn es nicht mehr zu leugnen ist. Wenn sich nun schon die „Tagesthemen“ korrigieren müssen, dann ist das doch das beste Zeichen für eine weltumfassende Verschwörung, die ihre Macht nur erhalten kann, indem sie an den Rändern ein bisschen Ballast ausklinkt.

Außerdem ist es doch kein Zufall, dass gerade jetzt Udo Ulfkottes neues Buch erschienen ist, in dem er zeigt, wie käuflich Journalisten sind. Veröffentlicht wurde es am 11. September. Na, klingelt’s? 11. September. Was für ein Timing. Ulfkotte sagt, dass alle Journalisten bestochen sind. Nun gut, nicht alle, aber viele. Gelesen habe ich das Buch nicht. Ich ahne aber eh was drin steht. Haben mir die Illuminaten geflüstert. Und außerdem werde ich ja selbst auch regelmäßig bestochen. Von Verlagen. Und von windigen DWDL-Typen wie Thomas Lückerath, der mir jeden Monat Geld überweist.

Wenn also ich kleines Licht schon bestochen werde, warum soll es dann bei ARD und ZDF anders sein. Wieviel überweisen die Illuminaten wohl an Claus Kleber? Der hält sein Gesicht ja nicht ohne Grund so schief. Das ist ein Zeichen an Verbündete. Kein Zweifel.

Und wahrscheinlich ist dieses „Ich schaue gar nicht mehr fern“ auch nur ein Code für einen Geheimbund, der die Republik beherrschen will und mit den Fernsehzahlen angefangen hat. Was sind das für Menschen, die so etwas tun? Was sind das für Mächte? Und was ist das für eine komische weiße Jacke, die mir die Pfleger gerade anlegen? Warum hat die nur hinten Knöpfe?