Okay. Wechseln wir das Thema. Mit „Quarterlife“ wagten Sie das Experiment, eine WebTV-Serie ins klassische Fernsehen zu holen. Und es scheiterte. Woran lag es?

„Quarterlife“ war vielleicht nicht das richtige Format um zu zeigen, wie eine Sendung aus dem Web ins Fernsehen übernommen werden kann. Es war doch etwas zu jung für uns und es war eine Soap. Würden wir so etwas noch einmal machen, dann eher mit etwas in der Art von „Cloverfield“ oder „Blair Witch Project“. Diesem Genre gelingt es im Web auch besser, Neugier für etwas zu schüren. Wir sind nach wie vor sehr offen für Neues. Sie müssen neue Chancen ergreifen und „Quarterlife“ war so eine Chance. Wir werden auf jeden Fall weiterhin neue Dinge ausprobieren, weil sich nur so neue große Erfolge finden lassen. Es sind meistens die riskanten Projekte, die letztlich die großen Hits werden. Wer hätte vor ein paar Jahren gedacht, dass eine Gameshow in der US-Primetime wieder funktionieren könnte? Oder RealityTV? Oder Castingshows? Oder eine Comedy ohne eingespielte Lacher und ganz ungewohntem Stil wie „The Office“? Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

Bleiben wir doch bei „The Office“, was Sie mit Ihrer Produktionsfirma Reveille produzieren. Was hat Sie denn so sicher gemacht, dass die Serie auch in den USA funktionieren kann?

Ich war in London bei einem Freund als ich das britische „The Office“ zum ersten Mal sah und konnte erst nicht verstehen was ich da sehe: War das echt, war das geskriptet? Ich fühlte mich aber sofort gut unterhalten. Und was uns auch unterscheidet in London, Paris oder Los Angeles: Wir haben eine ähnliche Bürokultur. Jeder hatte schon mal einen Chef, der glaubte er sei cleverer als alle Mitarbeiter. Das ist universell und schafft den Zugang zu der Serie. Aber es kam auch deswegen einfach genau zur richtigen Zeit, weil es eine Comedy war, die sich sehr an der Realität angelehnt hat.

Aber sieht diese Realität in Großbritannien so aus wie in den USA?

Die britische Version vom Stil der Dokusoaps beeinflusst, unser „The Office“ war beeinflusst durch „Survivor“. So gibt es bei uns zum Beispiel mehr Geständnisse der Protagonisten direkt in die Kamera, weil wir uns an das angelehnt haben, was das amerikanische Publikum kennt. Und das ist eher Reality-TV und seine Kandidaten als die in Europa weiter verbreiteten beobachtenden Dokusoaps.
 
 
Foto: Ingo Höhn / DWDL.de


Während „The Office“ derzeit Erfolge feiert, geht das Warten auf die nächste große klassische Sitcom weiter...


Ich glaube, dass die YouTube-Generation uns die eingespielte Lacher nicht mehr abkauft. Und der Rhythmus vieler Sitcoms ist einfach falsch. Das ist nicht der Rhythmus des Lebens. Diese schnelle Abfolge von Sprüchen, das ist nicht echt. Die neueste Comedy die wir übrigens auch wieder in Übersee, in Australien, entdeckt haben, ist besagtes „Kath & Kim“. Wir werden das aber z.B. ohne übliches Studiopublikum und Laughtracks produzieren.

Eine Frage zum Schluss: Kennen Sie als Produzent von „The Office“ und „Ugly Betty“ eigentlich „Stromberg“ und „Verliebt in Berlin“?

Ich kenne „Stromberg“, aber noch vertrauter bin ich mit „Verliebt in Berlin“, weil ich mich mit Haim Saban unterhielt als ich „Ugly Betty“ verkaufen wollte. So wusste ich, wie gut es bei Sat.1 lief. Ich mochte den zeitgemäßen Look der Serie sehr. „Verliebt in Berlin“ hatte diese gewisse „Sex and the City“-Energie und ein hervorragendes Look and Feel. Und als ich die hohen Einschaltquoten sah, hab ich sie beim Verkauf an ABC auch als Argument genutzt.

Dieses Jahr starten eine Menge Produktionen, die Sie mit Reveille produziert haben. „The Office“ startete vor ein paar Monaten, „The Tudors“ startet in Kürze, „The Biggest Loser“ kommt im Sommer und „Ugly Betty“ bekommt im Herbst eine zweite Chance...

Oh, hat es beim ersten Mal nicht funktioniert?

Nein, Sat.1 hat es nach nur zwei Folgen abgesetzt. Aber nun bekommt es noch eine Chance. Eine letzte Frage: Wie sehr interessiert Sie bzw. darf Sie der Erfolg dieser Formate noch interessieren, wo Sie nun bei NBC unter Vertrag sind?

Ich finde es großartig, das Logo meiner Firma in aller Welt zu sehen und mit den Produktionen immer mehr Zuschauer zu erreichen. Ich mein: Das ist doch der Grund warum Du Produzent wirst - um so viele Menschen wie möglich zu unterhalten. Und bei NBC versuche ich jetzt das Gleiche - nur aus einem anderen Blickwinkel.

Herr Silverman, herzlichen Dank für das Gespräch.