Joachim Strauch© AZF

Die Zusammenführung des Werbeverkaufs bei ARD und ZDF war für die Vertriebsmitarbeiter auch ein Wandlungsprozess. Schließlich müssen sie seit zwei Jahren auch Produkte der ehemaligen Konkurrenz mitverkaufen. Wie ist dieser Prozess verlaufen?

Strauch (Foto): Eine Zusammenführung von Unternehmen, die vorher in Konkurrenz zueinander gestanden haben, ist immer schwierig. Keine Frage. Wir Öffentlich-Rechtlichen sind uns aber inhaltlich sehr ähnlich – das betrifft zum Beispiel die Produktionsqualität und das Ethos, wie man mit Nachrichten umgeht. Dadurch war eine Ur-Identifitkation gegeben. Der Markt hat uns meist ohnehin als generisch angesehen.

Esser: Wir haben uns auch sehr bewusst für die aktuellen Mitarbeiter entschieden, die dann schließlich für uns an den Start gegangen sind. Die Arbeit ist viel anspruchsvoller geworden, als wenn man ein Produkt aus einem Haus verkauft. Die Verkäufer mussten sich anpassen und das Ergebnis spricht für sie. Entscheidend ist die Zahl, die am Ende ‚unten links’ steht. Und da können wir jetzt mit Fug und Recht behaupten, dass es nicht weniger geworden ist und dass unser Verkaufsteam seine Sache sehr gut macht.

In diesem Jahr vertreten Sie auch wieder eine gemeinsame Linie beim TV-Wirkungstag: Nach dem ZDF ist nun auch die ARD aus der Gattungsmarketing-Veranstaltung ausgestiegen. Wo sehen Sie die Probleme beim Wirkungstag?

Strauch: Der TV-Wirkungstag ist für mich eine Farce. Wo ist das Thema Wirkung? Es wird anhand einer Studie mit 20 Teilnehmern über Neuromarketing gesprochen. Wie soll das für ein Massenmedium funktionieren? Entscheidend ist für uns der Kosten-Nutzen-Aspekt. Wir haben keine Lust, wie die Großen zu zahlen, aber letztlich nicht mitsprechen zu dürfen. Es war für mich schwierig, mich gegenüber den Konkurrenten mit Wirkungsthemen einzubringen, so wie ich sie verstehe. Es gibt doch zum großen Teil gar kein Interesse über Wirkung zu sprechen. Vieles versendet sich eher im Nirvana der GRP-Blase und kommt überhaupt nicht an.

Esser: Über manches auf dem Podium kann man sicher diskutieren, das sehe ich auch so. Wir von der AS&S sind aktuell ausgestiegen, da wir unsere Kommunikationslinie grundsätzlich überdenken und uns auch nicht klar war, wohin der TV-Wirkungstag sich entwickelt. Die Veranstaltung als solche behalten wir aber natürlich im Blick, denn im Sinne der Kunden wird etwas fehlen, wenn ARD und ZDF bei dieser übergreifenden TV-Plattform nicht dabei sind.

Gibt es bei Ihnen konkrete Überlegungen, die Themen Gattungsmarketing und Wirkung anders aufzugreifen?

Esser: Wir überlegen natürlich, wie wir für die Gattung arbeiten können und welche Wege dafür in Frage kommen. Wir werden uns jetzt erst einmal ansehen, wie sich der TV-Wirkungstag in diesem Jahr entwickelt. Da nun auch Premium Media Solutions mit dabei ist, wird das Thema Pay-TV sicher eine Rolle spielen. Wenn diese Richtung ausufert und der TV Wirkungstag mehr in die Themen digitales Fernsehen und Online-Verknüpfung geht, dann wäre diese Plattform für die AS&S nicht zwingend.

Strauch: Ich bin für Gattungsmarketing, allerdings müssen die Bedingungen stimmen. Ich bin auch dafür, dass man sich zusammenschließt in einer Zeit, in der die Onliner uns Shares abgraben. Ich hätte auch gerne wieder einen Ersatz für die Telemesse. Die Telemesse ist gescheitert, weil die Kommerziellen keine Lust mehr darauf hatten, uns mitzunehmen. Jetzt machen sie alle wieder ihre eigene Roadshow und sagen, wir müssten zusammen mal wieder etwas für die Gattung machen. Sie machen uns jetzt wieder eine Seitentür auf, aber mitreden dürfen wir nicht. Zahlen dagegen dürfen wir gerne.

In Ihrer gemeinsamen Pressemitteilung zum zweijährigen Bestehen der AZF sprach Verkaufschef Tobias Lammert von einer Vertiefung der Services. Was ist hier geplant – und wie weit dürfen Sie hier gehen?

Esser: Unser Verkaufschef Tobias Lammert treibt die Themen im Markt proaktiv voran.  Vertiefung heiß hier das Erkennen von Chancen. Wir sehen gerade an den mittelständischen Kunden, von denen eine ganze Reihe überhaupt erstmals in TV werben, dass wir in diesem Bereich als öffentlich-rechtliches Medium im Vertrieb noch spannende Potenziale haben.
 
Strauch: Man darf nicht vergessen: Das Kartellamt sieht die AZF als unkritisch an, solange wir nur unseren Vertrieb zusammenlegen und bei der Preisfindung und anderen Prozessen unabhängig bleiben. Die Vertiefung darüber hinaus wird also schwierig. Wir wollen die Themen aber weiter in den Markt tragen und weiter voneinander lernen.