Die WDR-Informationsprogramme liefen in diesem Jahr sehr stark. Lag es an der Themenlage oder haben Sie an den Formaten geschraubt?

Gabi Ludwig: Thematisch war es eigentlich ein schwieriges Jahr für regionale Information, weil wir es sehr von großen weltpolitischen Themen geprägt wurde. Also Fukushima, der arabische Frühling oder die Euro-Krise. Das sind große Themen, die alle beschäftigen und uns vor die Herausforderung stellen, wie wir beim WDR mit diesen Themen umgehen. Wir haben festgestellt, dass die Zuschauer gerade von einem ihnen sehr nahen Medium wie dem WDR erwarten, dass sie erklärt bekommen, was das global diskutierte Thema im regionalen oder sogar lokalen Rahmen für Relevanz und ggf. auch Folgen hat. Das ist offenbar der richtige Weg: Das Jahr 2011 war für die Informationssendungen im WDR das erfolgreichste seit Beginn der Quotenmessungen.

Wobei WDR-Intendantin Monika Piel beim Antritt als ARD-Vorsitzende beispielsweise den BR dafür kritisierte, dass die dortige „Rundschau“ im Grunde eine Nachrichtensendung nach „Tagesschau“-Art sei. Wie national bzw. international darf es also sein, etwa bei der „Aktuellen Stunde“, den Hauptnachrichten des WDR?

Stefan Brandenburg: Wir sehen alle Themen grundsätzlich durch eine nordrhein-westfälische Brille. Betrifft es die Menschen hier, ist es für sie wichtig? Wir würden uns in die Provinzialität verabschieden, wenn wir Themen wie die Euro-Krise oder das Unglück von Fukushima ignorieren würden. Ganz konkret ein Beispiel: Während in Deutschland die Debatte über Atomkraftwerke neu aufkam, sorgten sich die Bürger in NRW auch um die Kraftwerke in den Niederlanden und Belgien. Dieses Interesse haben wir mit einer Reihe zu dem Thema bedient. Natürlich mussten wir auch die wichtigsten Neuigkeiten aus Japan vermelden, vor allem aber konnten wir die Stimmung in NRW zu dem Thema aufgreifen und Antworten zu den Konsequenzen für uns liefern

Ludwig: Der Erfolg der WDR-Informationsprogramme liegt sicher dann auch darin, dass wir nicht nur Nachrichten vermelden, sondern Geschichten erzählen. Im Lokalen und Regionalen ist die Vermittlung von komplexen Themen auf persönlicher Ebene sehr akzeptiert, weil es Nähe vermittelt und nicht abstrakt wirkt.

Das Erzählen von Geschichten ist das eine Mittel, aber im Lokalen und Regionalen haben auch viele Beiträge immer einen gewissen Service-Charakter. Sind wir da dann eher im Bereich von Infotainment statt Information - was man sonst ja eigentlich den Privatsendern immer vorwirft...

Ludwig: Service ist für mich nicht Infotainment sondern Orientierung. Die können wir auf lokaler Ebene ja ganz konkret und handfest liefern. Das führt eben dazu, dass man konkrete Adressen oder Namen von Einrichtungen nennen kann statt allgemein bleiben zu müssen. Das ist eine Stärke, die wir in der „Lokalzeit“ auch ausspielen, weil es dort weitaus besser machbar ist als bei der „Aktuellen Stunde“.

Brandenburg: Da machen z.B. lokale Tipps für die Weihnachtsferien unter Umständen wenig Sinn, weil Nordrhein-Westfalen zu groß ist um da mit konkreten Tipps alle anzusprechen. Aber zum Thema Infotainment würde ich ergänzen wollen: Wir sind bei der „Aktuellen Stunde“ von der Doppelmoderation sehr überzeugt, weil sie es uns ermöglicht, auch sperrige Nachrichten und Themen menschlich zu verkaufen, weil wir da ein Duo haben, das auch schon mal miteinander über ein Thema ins Gespräch kommt. Das ist Kommunikation auf Augenhöhe mit dem Zuschauer. Wenn so Information etwa zur Eurokrise unterhaltsam verpackt wird, hilft uns das, gegen den Effekt anzukämpfen, dass der Zuschauer dieses schwierige Thema einfach nicht mehr hören kann

Ludwig: Die dürfen sich ja auch kabbeln und so sehr sympathisch durchs Programm führen. Das Zauberwort ist da Authentizität, und ich glaube, dass es viel Wert ist, wenn Moderatoren greifbar sind und durch den Blog zur „Aktuellen Stunde“ wird so ja auch manche Diskussion in der Sendung online mit den Zuschauern noch fortgeführt.