Jetzt haben Sie das Image des Quiz-Onkel...

Gut, dass Sie das ansprechen. So denken Journalisten. Ich mache Programm fürs Publikum und bleibe - da bin ich, glaube ich, gut beraten - dort, wo auch mein Publikum ist. Das ist der Anspruch, den ich an mich, an meine Firma habe und den der Sender auch an mich hat. Kein Dokumentarfilmer muss sich für eine gute Dokumentation rechtfertigen, wenn er nur mit acht Prozent nach Hause geht. Wenn ich mit einer großen Unterhaltungsshow mit acht Prozent nach Hause gehe, dann muss ich mich rechtfertigen und das aus gutem Grund. Bei Unterhaltungssendungen, zählt die nackte Zahl am Tag danach um 8:30 Uhr im Videotext. Mit einer Unterhaltungssendung muss ich über dem Senderschnitt sitzen, sonst habe ich ein Problem.

Selten spricht mal jemand so offen die Quoten an in einem Interview...

Ich bin ein Freund der Quote. Wenn Du die qualitativ liest und nicht nur quantitativ, dann kannst du eine Menge rauslesen, ohne ein Sklave der Quote zu werden. Eine Sendung nur mit Blick auf die Quote zu machen, mag ich ganz und gar nicht. Trotzdem sollten wir sie beachten, denn sie spiegelt das Interesse des Publikums wieder und das sollten wir nicht ignorieren.

Aber will das Publikum denn immer noch ein Quiz?

Das Interesse der Zuschauer an diesen Formaten ist nach wie vor groß. Aber nicht alle Sendungen, die ich mache, sind klassische Quizsendungen. Es kommt auf den Unterschied an: Zum Beispiel die ZDF-“Quizshow“ ist auf den ersten Blick eine klassische Quizshow, aber wir haben eine zweite Ebene mit den Aktionsspielen eingezogen. Wenn ich mir "Rette die Million" anschaue, ist das sicherlich keine klassische Quizsendung. Bei "Der neue deutsche Bildungstest" hat der Zuschauer, wenn er mitspielt, am Ende die Möglichkeit zu sagen, wo er in Sachen Bildung im Vergleich zum Durchschnitt der Deutschen liegt.

Aber Sie selbst wollten ja ausdrücklich weg von diesem Image des Quiz-Onkels. Der Ausdruck stammt ja sogar von Ihnen...

Zu der Zeit habe ich bei der ARD 220 Sendungen im Jahr gemacht, vier Mal die Woche von dienstags bis freitags den Vorabend bespielt und das über fast zehn Jahre. Ich wollte was Neues ausprobieren: "Rette die Million" beim ZDF war dann nicht nur einfach eine weitere Quizshow. Der "Der neue deutsche Bildungstest" auch nicht. Und wenn ich mir "Das Superhirn" anschaue, dann stellen wir da Gedächtnisleistungen von absoluten Cracks in den Vordergrund einer Sendung.

„Das Superhirn“ erinnerte ja durchaus stark an „Wetten, dass..?“

Prima, dass sich das ZDF eine Show neben "Wetten, dass..?" gönnt, die vielleicht ein bisschen Ähnlichkeit hat. Ich habe mich gefreut, als ich "Wetten, dass..?" gesehen habe und feststellen konnte, dass gewisse Elemente von uns übernommen wurden. Die Kandidaten-MAZ zum Beispiel ist drin, oder das Sofa, so dass die Kandidaten die ganze Zeit im Studio anwesend sind. Also kann nicht alles schlecht gewesen sein, was wir da machen. "Das Superhirn" will ich im nächsten Jahr weitermachen und das ZDF möchte das zum Glück auch.

Geht es bei der Kehrtwende vom Abschied des Quizonkel vielleicht auch darum sich anders als etwa die Kollegen Gottschalk und Kerner nicht zwingend neu erfinden zu wollen?

Ob Sie es glauben oder nicht: Ich habe den Quizonkel verabschiedet, auch wenn ich mich nicht komplett neu erfunden habe. Ich glaube für viele Menschen bedeutet Fernsehen auch Verlässlichkeit. Das ist sicherlich auch der Grund, wieso es in den vergangenen Jahren so schwer war, neue Gesichter zu implantieren. Heute muss man mindestens ein oder eineinhalb Jahre auf dem Schirm sein, um im Bewusstsein der Zuschauer anzukommen. Wenn ich jetzt am Samstagabend eine Sendung, wie den "Neuen deutschen Bildungstest", "Das Superhirn" oder "Der Superchampion" mache, und darunter steht "Moderiert von Jörg Pilawa", dann erwarten die Kernzuschauer etwas Bestimmtes. Und das mit Recht. Ich wäre nicht gut beraten jetzt eine politische Talkshow oder ein Auslandsmagazin zu machen. Da ist Deutschland ein spezielles Fernsehpflaster. In den USA kann ein Moderator durchaus eine Unterhaltungsshow am Samstagabend machen und trotzdem traut man ihm zu, eine Dokumentation zu machen. Die Deutschen mögen lieber Schubladen.

Stichwort Nordamerika. Können Sie mir bitte erklären, welchen Reiz eigentlich die kanadische Insel Nova Scotia auf deutsche Fernsehmacher hat? Sie, Herr Plasberg und andere schwärmen regelmäßig davon bzw. besitzen sogar Häuser dort...

(lacht) Sie haben Fragen. Also als ich 18 oder 19 war, habe ich einen Zeitungsbericht über Nova Scotia gelesen, der mich neugierig gemacht hat. Damals habe ich noch Bücher darüber gelesen, bin dann das erste Mal hingefahren und war von Anfang an absolut begeistert. Um ein paar Gründe zu nennen: Nova Scotia ist mit nur sechs Flugstunden sehr dicht an Europa dran, weil es der östlichste Punkt Amerikas ist. Nova Scotia ist etwa so groß wie die alte Bundesrepublik, in der rund 62 Millionen Menschen lebten. In Nova Scotia leben nur 930 000. Mehr Wald, Stein, Wasser gibt es nirgends. Man kommt einfach extrem runter und ich glaube, das macht den wirklichen Reiz aus. Auch die Menschen sind dort super. Ich habe mittlerweile sogar das regionale Fernsehen in Kanada lieben gelernt. Wie die über ihre Region Nova Scotia berichten, das ist schon toll. Die mögen ihr kleines Ländchen dort und berichten auch intensiv darüber. Mit sehr viel Leidenschaft.

Leidenschaft, die Leiden schafft: Sprechen wir mal kurz über ihren früheren Sender Sat.1. Verfolgen Sie eigentlich noch aus persönlichem Interesse, wie sich Sat.1 entwickelt?

Ich bin bei Sat.1 jetzt schon zwölf Jahr raus, was eine lange Zeit ist. Natürlich guckt man immer noch hin, weil das Arbeitsklima damals bei Sat.1 schon herausragend war. Fred Kogel und Martin Hoffmann haben  beide ganz viel bewirkt. Aber was der Sender leider nie geschafft hat, ist das, was RTL mit Bravour hinbekommen hat: Wirkliche Marken zu kreieren. Da haben die Kölner ihre Hausaufgaben über die letzten Jahrzehnte perfekt gemacht. Profil im Programm, Cross-Promotion, Betrailerung, Look-and-Feel - all das macht RTL perfekt.