In der Pressemitteilung zu „Das Ernste“ steht die schöne Zeile „Das Ernste (rbb, BR, hr, NDR, Radio Bremen, SWR, WDR)“. Wie arbeitet es sich so mit sieben Anstalten, die alle mitreden wollen?

Es arbeitet sich erstaunlich gut, weil gar nicht alle mitreden. Der RBB hat die Federführung des Projekts, mit der Redaktion dort besprechen wir die Inhalte, die wir umsetzen wollen. Bei wichtigen Punkten hat auch noch ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber ein Wörtchen mitzureden, der uns sehr unterstützt, aber das war's eigentlich. Die ARD hat sich da sehr ökonomisch aufgeteilt: Einer macht die Arbeit und der Rest bezahlt.

Wo wir beim Geld sind: In der ersten Sendung, die man online bereits sehen kann, geht’s zum Beispiel um einen 14-tägigen Intendantengipfel auf den Cayman Islands, auf dem absurderweise ein Sparprogramm beschlossen wurde. Da klingen ja kritische Töne an die ARD an. Wie kritisch dürfen Sie denn sein? Hat man Ihnen Grenzen vorgegeben?

Im Gegenteil, wir wurden sogar ermutigt, im Namen der ARD selbstironisch zu sein. Diesen öffentlich-rechtlichen Auftrag nehmen wir gerne an und verpflichten uns darum auch zu einer satirischen Grundversorgung: In der Sendung schlagen wir zum Beispiel die „Ultimative Talkshow“ vor. Wir empfehlen, alle fünf Talkshows zusammenzulegen und sie jeden Tag von 22:30 bis 4 Uhr zu zeigen. Die fünf Moderatoren haben dann ausführlich Zeit, ohne Gäste miteinander darüber zu reden, wer sich welche Gesten von wem abgeschaut hat. Das ist doch nicht nur wesentlich spannender, als wenn man echte Gäste einlädt, sondern auch billiger – und alle fünf Talkmoderatoren könnten bleiben. Für dieses sehr einfache und zugleich bestechende Konzept zahlen Sie jedem dahergelaufenen Medienberater im verschwitzten Carohemd locker das Dreifache am Tag.

Apropos Programmberatung: Ist die ARD gut beraten mit dem Sendeplatz der ersten Folge? Es geht erst gegen Mitternacht los...

Das war mein Wunsch. Ich habe am selben Abend noch einen Bühnenauftritt und kann darum nicht früher im Hotel sein. Außerdem gucken alle Menschen, die ich kenne und schätze, zu dieser Zeit fern. Wir haben da einen ganz normalen elitären Anspruch: Wer schon im Bett ist, soll's gar nicht sehen. Im Ernst: Vor uns läuft der Jahresrückblick von Dieter Nuhr, das ist ein gutes und passendes Lead-In mit einer komödiantischen Farbe. Außerdem träume ich seit Jahren davon, dass Dieter Nuhr endlich mein Vorprogramm wird. Letztlich ist es besser, spät einzustarten und sich dann langsam nach vorne zu arbeiten, als gleich um 22:15 Uhr zu starten und dann meckern alle, weil noch nicht alles perfekt ist. Es gab noch keine Sendung, die mit der ersten Ausgabe sofort am Ziel war. Es braucht Entwicklungszeit. Und wenn der Sendeplatz das Signal ist, uns diese Zeit zuzugestehen, dann ist das wunderbar.

Die „heute-show“ hat es ja auch erst nach einiger Zeit geschafft, den Platz nach dem „heute-journal“ zu ergattern...

Eben! Ich sehe den späten Sendeplatz wirklich positiv. Es ist auch die soziale Verantwortung der ARD, uns einen Platz zu geben, der ein wenig geschützt ist und uns nicht direkt in den Sturm zu stellen. Das kann man später machen, wenn man das möchte. Das war letztlich genau die Taktik, die beim ZDF zum Erfolg der „heute-show“ geführt hat. Warum soll das hier anders sein?

Sie haben's angesprochen: Mit Dieter Nuhr gibt’s einen passenden Vorlauf. Aber einen Jahrsrückblick gibt’s ja nun nur einmal im Jahr und ansonsten hat Das Erste wenig, das sie als etabliertes Comedy-Umfeld anbieten könnte. Fühlen Sie sich nicht ein bisschen auf verlorenem Posten?

Ich würde es positiver formulieren: Das ist Pionierarbeit. Dauerhaft muss man natürlich sehen, wo man einen Sendeplatz findet. Unser Traum wäre es, nach den „Tagesthemen“ zu laufen. Viele Zuschauer, die die „Tagesthemen“ gucken, würden wahrscheinlich gar nicht merken, dass die Nachrichten schon vorbei sind. Als Satiriker habe ich sowieso oft das Gefühl, dass in den Nachrichten selbst die böseste Satire gemacht wird. Hinzu kommt: Wir würden Quote durch eingeschlafene Zuschauer kriegen. Der „Satire-Gipfel“ läuft ja ebenfalls nach den „Tagesthemen“.

Wo wir schon bei der Zukunft der Sendung sind: In welcher Schlagzahl können Sie sich „Das Ernste“ denn in Zukunft überhaupt vorstellen?

Das werden wir zusammen mit der ARD entscheiden. Es gibt bei uns Machern aber schon den Traum, wochenaktuell zu sein. Das muss das Ziel einer solchen Sendung sein.