Haben Sie sich seit ihrem Abschied eigentlich mal die Nachfolge-Sendung angesehen?

Ja - mit einer interessanten Erkenntnis. Seit es den "Sportschau-Club" gibt, wird in der ersten und zweiten Halbzeit ein Crawl eingeblendet. Doch damit nicht genug: Sechs Jahre habe ich um einen direkten Übergang gebettelt. Die Moderatoren haben sich verabschiedet, dann kamen "Bilder des Tages", 2010 kam noch ein Dreiminüter über Franziska van Almsick auf Erlebnisreise in Südafrika, dann kam der Sponsor-Trailer "Das war die Fußball-Europameisterschaft" im Ersten - gefolgt von drei Programm-Trailern. Wenn Sie da die Fenster aufgemacht hätten, hätten Sie eine Million Fernbedienungen gehört, mit denen in dieser Zeit der Fernseher ausgeschaltet wurde. Erst dann ging es mit "Waldis Club" los. Beim "Sportschau-Club" ist die Übergabe dagegen ohne diesen Zirkus möglich. Daran erkennen Sie die Haltung zu unserer Sendung.

Wieso war das so?

Die Ursache dafür ist die Hauptabteilung Neid und Missgunst, weil die sagen: Der Hartmann macht sich die Taschen voll und verdient mehr als der Direktor. Das zu ertragen, ist für manche Menschen schwer. Oder nehmen Sie das Archiv-Material, das wir vom WDR für unsere Sendung nutzten. Plötzlich kam aus Köln nichts mehr. Da hat man richtig gemerkt, wie sie mich ausgehungert haben. Sie wollten mich ins Kiesbett treiben.

Mit Erfolg?

Nein, aber es reifte die Erkenntnis, welche Spiele da gespielt wurden.

Umso überraschender, dass es jetzt wieder den "Club" gibt.

Das ist extrem geil! Da verbeuge ich mich vor Wolf-Dieter Jacobi vom MDR, der "Waldis Club" auf eigene Faust zurückgeholt hat. Nach dem Abschiedsspiel von Michael Ballack werden wir am Mittwoch wieder eine Sendung machen - übrigens mit Rudi Völler, fast zehn Jahre nach seinem Wutausbruch. Das musst du in diesem Senderverbund erst mal machen! Ich weiß nicht, ob sie das zurückbezahlt bekommen, aber das hat für helle Aufregung in der ARD gesorgt.

2006 war der "Club" ja ohnehin schon einmal beinahe tot, erinnere ich mich.

Zu der Sendung selbst kam ich ja nur, weil Harald mir versprach, immer mal wieder den Lattek zu machen. Nach der WM mit starken Quoten gab es dann eine ARD-Hauptversammlung in Schwerin, bei der gesagt wurde, dass das Stammtisch-Niveau nicht zur ARD passen würde. Weil aber "Waldi und Harry" für 2008 schon klar war, habe ich gesagt, dass es die Sendung mit Harald nur wieder geben würde, wenn ich den "Club" behalten darf. Das wollte mir der damalige Programmdirektor Günter Struve erst mal ein Jahr lang nicht glauben. Tat er dann aber doch. Deshalb ging's weiter. Aber ich war dieses Auf und Ab ja schon gewohnt.

Inwiefern?

Ich war seit 1994 mit einer Ausnahme bei allen Olympischen Spielen als Moderator im Einsatz. Da rechnest du natürlich damit, auch in Athen dabei zu sein. Bei der Mannschaftsaufstellung fehlte ich aber. Auch damals hat mich übrigens niemand angerufen. Dabei war die Entscheidung ja verständlich, weil es gewisse Zwänge gab. Monica Lierhaus wurde vom WDR gepusht und weil der SWR Federführer war, musste auch Michael Antwerpes moderieren. Ich habe mich deshalb nicht hinter die S-Bahn geworfen, aber es ist ein weiteres Beispiel dafür, wie in diesem Laden gearbeitet wird und wie versteckt die Fouls kommen.

Wären Sie besser mal BR-Sportchef geblieben. Da hatten Sie immerhin Einfluss...

Das habe ich dem Delling auch gesagt, als er beim NDR als Sportchef aufgehört hat. Ich sagte, die werden dich tunneln, bis dir schwindelig wird. Ich weiß, wovon ich rede. Wenn du nicht mehr im Gremium sitzt, müssen sie dir nicht mehr in die Augen schauen. Ich habe als Sportchef allerdings aufgehört, weil beides - Moderieren und die Redaktion führen - für mich nicht mehr ging. Das Formale frisst dich einfach auf. Da hatte ich abends um 18 Uhr noch nicht mal den "kicker" vom Tag gelesen. Nach der Entscheidung war ich befreit, auch wenn mir klar war: Wenn du nicht mehr am Tisch der Mächtigen sitzt, musst du das nehmen, was vom Tisch fällt. 2004 hatte ich beispielsweise Rudi Völlers Rücktritt exklusiv vermeldet - und zwei Monate später war ich suspendiert. Das geht bei der ARD schnell.

Was war passiert?

Für die Exklusiv-Geschichte gab es großes Lob von allen Seiten und wenig später nehmen sie mir bei der "Sportschau" meinen Topspiel-Aufsager weg, mit der Begründung, das würde einen Live-Charakter vermitteln, obwohl es sich ja um eine Aufzeichnung handelt. Dabei jubeln die Kommentatoren doch auch heute noch so, als würde das Tor gerade in diesem Moment fallen. Alles Quatsch. Inhaltlich war das nicht zu begründen - also war es persönlich.

Woran hatte sich der der damalige Sportkoordinator Hagen Boßdorf Ihrer Meinung nach gestört?

An der Völler-Geschichte. Eine Woche nachdem ich meinen Paulaner-Vertrag bekommen hatte, sagte er mir beim Essen: "Du hattest die Krone des Journalismus auf dem Kopf und hast sie auf den Markt getragen." Das werde ich nie vergessen. Daraufhin habe ich gesagt: "Es geht hier um eine Summe, über die du dir in deinem Leben vermutlich nie Gedanken wirst machen müssen." Da war mir die Krone egal. Auch daraus resultierten wieder Neid und Missgunst. Und nachdem dann auch noch der Strom beim Saison-Auftakt der Bundesliga ausfiel und sich die ARD mit alten Schlager-Videos behelfen musste, wurde ich suspendiert.

Damit hatten Sie aber nichts zu tun, oder?

(lacht) Nein, den Stecker habe ich nicht gezogen! Struve kam gerade aus dem Urlaub und tobte am Telefon, weil die Presse nach dem Stromausfall und der Kürzung meiner "Sportschau"-Zeit über "Chaos-Tage in der ARD" schrieb und ich in allen Zeitungen vertreten war. Struve suspendierte mich daraufhin für sechs Wochen, war aber auf meiner Seite, weil wir schon über mein Comeback sprachen, das Boßdorf natürlich ganz und gar nicht schmeckte.

Haben Sie sich seither nochmal gesehen?

Günter Struve habe ich vor drei Jahren getroffen, als er meinte, "Riverboat" moderieren zu müssen. Das hätte er besser gelassen. Nach der Sendung saßen wir noch zusammen an der Bar, was er erst gar nicht wollte. Nachdem ich ihn doch noch überreden konnte, fragte ich ihn: "Doktor, wir sind eigentlich zwei unterschiedliche Typen. Aber wenn's eng wurde, haben Sie immer die Hand über mich gehalten. Nur: Warum?" Dann sah er mich an und sagte: "Das ist eigentlich gar nicht so spannend: Glatte hatten wir genug."

Herr Hartmann, herzlichen Dank für das Gespräch.