Wenn wir mal bei Formaten wie „DSDS“ oder „Supertalent“ bleiben: Warum erschöpft sich Social Media für Sie in der Regel darin, auf RTL.de zu verlinken? Ein paar eigenständige Inhalte bei Facebook dürften doch der Sendermarke nicht schaden.

Heise
: Wir bieten seit zehn Jahren jede Menge Online-Only-Content zu unseren großen Formaten. Dessen originäre Heimat ist RTL.de oder Vox.de, und bei Facebook verlinken wir darauf. Es gibt eine Facebook-Legende, die sich hartnäckig hält: Angeblich werden direkt eingestellte Videos fünfmal so häufig gesehen wie extern verlinkte. Wir haben das mal getestet. Wir haben unsere Top-Videos einen Monat lang bei RTL.de eingestellt und nur verlinkt, danach einen Monat lang bei Facebook direkt hochgeladen. Das Ergebnis war: Wir hatten beide Male jeweils eine siebenstellige Zahl von Videoabrufen – mit Abweichungen von weniger als 20 Prozent. Für einen Internet-Anbieter mit relativ beliebigen Inhalten mag die Regel vielleicht gelten – für unsere starken Inhalte definitiv nicht. Wenn ich eingefleischter „GZSZ“- oder „DSDS“-Fan bin, dann klicke ich immer auf das Video – egal, wo es verlinkt ist.

Dann ist es ja umso bemerkenswerter, dass Sie in der aktuellen Kampagne für die drei Daily Soaps Facebook sogar prominent mit Logo bei RTL zeigen und einzelne Soap-Charaktere dort eigene Inhalte posten lassen.

Heise
: So etwas machen wir immer dann, wenn es eine ganz klare Marketing-Aktion ist. Das ist nicht Teil der Soap, sondern läuft innerhalb von 30-sekündigen Spots. Eine solche Kampagne hat einen klar definierten Anfang und ein Ende. Sollten wir feststellen, dass diese Posts einen viel höheren Buzz erzeugen als andere, werden wir darüber nachdenken, wie die Dauerlösung aussehen sollte. Das heißt aber noch lange nicht, dass Facebook im TV genannt werden muss. Wir haben mit „RTL Inside“ eine wunderbare Second-Screen-App, in die auch Facebook und Twitter sowie unser eigenes Social Network „wer-kennt-wen.de“ eingebettet sind. So können wir on air prima sagen: Gehe jetzt auf „RTL Inside“! Das gibt uns viel mehr Möglichkeiten, damit zu spielen und echte inhaltliche Integration zu erzeugen.



Aber gerade für eine solche Kampagne wählt man doch die stärkste und wirksamste Plattform. Halten Sie Facebook also doch für stärker als alle Ihre hauseigenen Websites und Apps?

Heise
: Für diese spezifische Aktion rund um unsere Daily Soaps ist das sicherlich so. Zum sozialen Austausch und zum Chatten ist Facebook eben die Plattform Nummer eins in Deutschland. Diese Kampagne ist nicht darauf zugeschnitten, die Soap-Stammzuschauer zum weiteren Dranbleiben zu bewegen, sondern neue Zielgruppen hinzuzugewinnen. Wir reden also über Zuschauer, die zufällig mal reinzappen, und nicht über bestehende RTL- und Soap-Fans. Um neue Zuschauer zu erreichen, geht man am besten dahin, wo die meisten sind. Da ist die Grundgesamtheit von Facebook einfach größer. Im zweiten Schritt versuchen wir natürlich, sie in unsere RTL-Welt hineinzuziehen.

Die Inspiration durch die RTL II-Formate „Berlin – Tag & Nacht“ und „Köln 50667“ ist unübersehbar. Dort ist die Facebook-Vernetzung der Charaktere allerdings keine kurzfristige Kampagne, sondern integraler Bestandteil. Die Produktionsfirma GrundyUFA würde das für „GZSZ“, „Unter uns“ und „Alles was zählt“ sicher gern ähnlich konsequent und dauerhaft umsetzen.

Heise
: Wie gesagt: Wenn wir merken, dass das jetzt viel erfolgreicher ist als das, was wir bisher tun, dann werden wir die Erfahrungen auch umsetzen. Wir experimentieren eben. Daher haben wir es auch erst einmal nur in Form einer Kampagne gemacht. Es gibt übrigens einen wesentlichen Unterschied: „Berlin – Tag & Nacht“ ist das perfekte Transmedia-Format. Keiner kennt die Darsteller hinter den Rollen, Realität und Fiktion verschwimmen – das ist ein bisschen wie 365 Tage „Big Brother“. Für eine Hochglanz-Soap aber, die viele Fans seit Jahren gucken, weil sie Hochglanz bietet, ist es schon etwas Neues, wenn wir plötzlich eine solche Nähe erzeugen. Da schauen wir erst einmal, wie das ankommt.