Herr Heyelmann, beim Mira-Award zwei Preise abgeräumt, darunter die Auszeichnung von TNT Serie als Lieblingssender des Jahres. Kommt ja passend zum 5. Geburtstag des Senders am Dienstag…

Dass wir zwei von sechs Preisen bei den Mira Awards bekommen haben, ist natürlich eine tolle Sache. Ganz besonders freuen wir uns über die Auszeichnung „Lieblingssender des Jahres“, da über diesen Preis die wichtigste Jury überhaupt, nämlich die Zuschauer, abgestimmt haben. Als wir 2009 mit TNT Serie gestartet sind, haben wir gleich den Mira Award als „Newcomer des Jahres“ gewonnen. Jetzt zum Lieblingssender gekürt zu werden, ist natürlich ein tolles Geburtstagsgeschenk. Den 5. Geburtstag nehmen wir übrigens auch zum Anlass, TNT Serie ein neues Design zu geben, das ab 1. Februar auf dem Sender sein wird und das durch seine Farbigkeit auch für die Vielfalt des Senders steht. Die Inhalte des Senders rücken stärker ins Zentrum des neuen Designs, das sich auf allen Kanälen, also natürlich on air, aber auch auf der Senderwebsite, den Social Media Kanälen oder in Anzeigen wiederfinden wird. Für Anfang Mai planen wir außerdem gerade eine große Geburtstagsparty zu der wir Geschäftspartner, Schauspielprominenz und Gäste aus dem internationalen Turner und Time Warner Management einladen.

Nach mühsamen Jahren scheint lineares PayTV in Deutschland also Fuß zu fassen - und jetzt kommen Netflix, Watchever, Maxdome und Co. und machen Ihnen alles wieder kaputt?

Es stimmt auf jeden Fall erst einmal, dass der Markt stark gewachsen ist. Er wird auch noch weiter wachsen. Wenn ich mir das bei TNT Serie anschaue, hatten wir vor fünf Jahren 2,3 Millionen Abonnenten im deutschsprachigen Raum und jetzt haben wir circa 6 Millionen, was eine Steigerung von über 150 Prozent ist. Das ist doch eine Hausnummer.

Und jetzt graben Ihnen neue Angebote das Wasser ab?

Die anderen Services - und das zeigt sich auch auf dem US-Markt, wo es die schon länger gibt – bieten sicherlich eine Ergänzung zum linearen Fernsehen. Ich glaube aber weiterhin nicht daran, dass das jetzt das lineare Fernsehen ablöst oder stark abschwächt.

Warum?

Ich denke, der Zuschauer weiß es auch in Zukunft sehr zu schätzen, dass er sich vor den Fernseher setzen kann, ihn einschaltet und eine Programmauswahl für ihn getroffen wurde, gerade wenn man mit Freunden oder der Familie schaut. Das ist nicht mehr die einzige Form Fernsehen zu konsumieren, aber immer noch eine sehr bequeme, die viele Menschen sehr mögen. Wir gehen jedenfalls davon aus, dass das Pay-TV-Wachstum in Deutschland noch lange nicht am Ende ist - die frei empfangbaren Fernsehsender helfen uns sehr gut dabei (lacht).

War es also ein Irrtum, wenn immer angenommen wurde, dass der Zuschauer gerne sein eigener Programmdirektor wäre?

Auch wenn unser Schwestersender HBO mit seiner HBO Go-App eine beeindruckende Performance hingelegt hat, weil es ein starkes Produkt ist, hat deswegen der lineare Fernsehsender nicht gelitten. Der Zuschauer möchte sicherlich manchmal auch eigener Programmdirektor sein, etwa wenn es darum geht, neue Staffeln von Kultserien am Stück zu sehen. Aber er genießt es eben auch, ein lineares Angebot zu nutzen. Da gibt es kein Schwarz oder Weiß. Die Plattform die beides bietet, die sowohl Sender mit linearem Programm als auch on-Demand-Angebote auf allen möglichen Endgeräten zur Verfügung stellt, wird am schnellsten wachsen. Die Strategie von Sky, das eigene Angebot durch Sky Go, Sky Anytime und nun durch Snap zu erweitern, finde ich richtig und erfolgsversprechend.

Und das wird keine Herausforderung für die bestehenden Geschäftsmodelle?

Was sicherlich passieren wird, ist, dass Rechteketten und die Lizenzierung von Programmen noch komplizierter werden. Die Studios sind teilweise in Goldgräberstimmung, aber inwieweit sich das langfristig hält, ist fraglich. Denn die Preise, die für On-Demand-Rechte gefordert und teilweise gezahlt werden, halte ich für übertrieben. Für uns ist es wichtig - und den Weg gehen wir ja schon länger - wenn wir bei vielen Programmen die gesamte Rechtekette kontrollieren oder maßgeblich beeinflussen. So können wir steuern, wie exklusiv eine Deutschland-Premiere beispielsweise bei TNT Serie oder Glitz ist und wann eine Sendung bei On-Demand-Anbietern oder im Free-TV zu sehen ist.

Wie schon bei „Falling Skies“ oder „Mob City“?

Genau, deswegen investieren wir inzwischen mit in US-Turner-Eigenproduktionen wie „Falling Skies“ , „Mob City“ oder im Sommer „The Last Ship“. Weitere Projekte sind schon in der Pipeline. Wir tragen die Produktion mit - und haben dafür in unserem Markt viele Rechte. Bei Cartoon Network machen vergleichbare Produktionen bereits den größten Anteil unseres Programms aus, bei TNT Serie nimmt ihre Zahl stetig zu. Die Inhalte und die Kontrolle der Rechte werden im Endeffekt auch mitentscheiden, welche Pay-TV-Sender weiter wachsen und welche Pay-TV-Sender von den Plattformen besonders geschätzt und damit gut bezahlt werden.

Was kratzt eher an der Exklusivität von Pay-TV-Ausstrahlungen? Die darauf folgende Free-TV-Auswertung oder die Verfügbarkeit bei iTunes und Co.?

Interessante Frage, weil sich das gerade verlagert. Free-TV ist natürlich schon der größere Faktor. Aber eine frei empfangbare Ausstrahlung der ersten Staffel einer Serie kann uns auch für die Pay-TV-Premiere von Staffel 2 helfen. Das befruchtet sich im Idealfall gegenseitig. Wir müssen das ja auch realistisch sehen: Noch ist Pay-TV nicht so stark, dass wir jede Serie ganz alleine groß machen können.

Und wie sieht es mit den On-Demand-Diensten aus?

Bei Watchever, Lovefilm oder Maxdome ist es bislang eher der psychologische Faktor. Noch nutzen nicht viele Menschen diese Angebote. Eine Serie, die dort zuerst verfügbar ist, hat deshalb immer noch viele Zuschauer nicht erreicht. Aber nach außen, etwa für die Berichterstattung in den Medien, macht es schon einen Unterschied, wo eine Serie zuerst zu sehen ist.
 
Woher kam eigentlich der plötzliche Boom des Pay-TV? Haben Sie eine Erklärung dafür?

Es ist dieser enorme Imagewandel, der eine Eigendynamik auslöst, weil unsere Abonnenten plötzlich selbst unsere besten Werbeträger sind. Inzwischen ist es angesagt, Pay-TV zu haben. Wenn wir dahin kommen, dass die Menschen sich dafür rechtfertigen müssen, dass sie kein Pay-TV haben, wenn man also eher sagt „Wie, Du hast noch kein Pay-TV?“, dann ist noch größeres Wachstum möglich.

Aber woran liegt es denn, dass sich das Image verbessert hat?

Ein wichtiger Punkt ist, dass sich die Inhalte vieler Pay-TV-Sender deutlich verbessert haben. Pay-TV steht in der Zwischenzeit einfach für Qualität. Hinzu kommt, dass die Unzufriedenheit über das Free-TV, unter anderem über die Werbeunterbrechungen immer größer wird. Auch dass man sich als Serienfan nie sicher sein kann, dass man seine Serie im Free-TV zu Ende schauen kann, trägt zur eher negativeren Sicht auf das Free-TV bei.

In der Tat. Das frustriert inzwischen sehr oft.

Ich glaube, dass die verlässliche Programmplanung ein ganz wichtiges Merkmal des Pay-TV ist. Aber es gibt auch andere wichtige Faktoren, beispielsweise die Möglichkeit Serien im englischen Original zu sehen. Das ist vielleicht für die breite Masse nicht so entscheidend, aber es gibt viele Fans, die darauf Wert legen. Und was ganz wesentlich für den Erfolg des Pay-TV ist: Die Plattformen haben ihre Hausaufgaben gemacht. Allen voran Sky, aber auch Kabel Deutschland, die Telekom und Unitymedia - der Kundenservice hat sich deutlich verbessert, die Angebotsstrukturen sind einfacher geworden. 

Pay-TV bedeutete lange, dass man sich extra dafür ein zusätzliches Gerät hinstellen musste.

Genau, das ist ein Punkt, der mit der allgemeinen Digitalisierung zusammenhängt. Insbesondere Digitalisierung im Kabel macht den Unterschied. Pay-TV bedeutete lange Zeit eine Extra-Box mit gesonderter Fernbedienung. Jetzt geht alles aus einer Hand. Das Upselling ist leicht und HD spielt auch eine Rolle: Inzwischen haben viele Leute große Flatscreens zu Hause und wollen diese auch nutzen können. Ich glaube das kommt alles zusammen. Und wir haben auch unseren Teil dazu beigetragen.

Wie sieht der konkret aus?

Durch ein ausgewogenes Programm aus Premieren und Kultserien, nicht zuletzt ergänzt mit „Add a Friend“, unserer ersten fiktionalen Eigenproduktion, die uns große Aufmerksamkeit bescherte. Ich glaube das ist eine gute Mischung.