Herr Ceylan, sind Sie eigentlich Mainstream?

Das kann man so sehen. In Deutschland wird ja für alles eine Schublade benötigt. Ich bin eben der Comedy-Rocker und spreche mit dieser Art der Comedy ein breites Publikum an – von der Oma bis zum Enkel sind alle vertreten. Ein paar anrüchige Sachen muss ich natürlich kindgerecht erklären. Viagra beispielsweise. Da sage ich dann: Das ist wie Phantasialand – eine Stunde warten für zwei Minuten Spaß. Aber nicht alles, was ich mache, ist Mainstream. Wenn ich auf der Bühne gegen Nazis schimpfe, dann ist das vielleicht nicht unbedingt das, was die meisten Fans erwarten, wenn Sie ein Ticket für mein Programm kaufen.

Im Fernsehen kommt das häufig allerdings nicht so rüber.

Fernsehen funktioniert anders als ein Live-Programm. Das kommt mir in der Bewertung von Quoten übrigens häufig viel zu kurz. Deswegen ist es auch gut, dass wir mal miteinander sprechen. Comedy ist im Fernsehen in der Regel abhängig vom Vorprogramm – und nur weil es mal eine schlechte Quote gibt, sagt das nichts über die Qualität des Künstlers aus. 

Dass das Vorprogramm gerade bei den Comedyshows, die RTL samstags im Programm hat, entscheidend für die Quote ist, ist aber kein Geheimnis. Auch Ihre Sendung ist doch darauf ausgelegt, möglichst viele Zuschauer von „DSDS“ oder „Supertalent“ vor dem Fernseher zu halten.

Ich verstehe schon, dass auf die Quote geachtet werden muss. Aber vielleicht liegt es auch daran, dass mich manche Journalisten einfach nicht mögen. Bei der „heute-show“, die noch vor gar nicht allzu langer Zeit nicht mal in den Quoten-Charts auftauchte, habe ich oft gelesen, dass man das Umfeld berücksichtigen muss, in dem die Sendung läuft. Bei mir wird da komischerweise nicht so genau hingeschaut.

Ich wollte auf einen ganz ähnlichen Punkt hinaus. Nehmen wir „Was wäre wenn“ - eine Show, die der Kollege Torsten Zarges vor einiger Zeit als „un-RTL-igste Comedyshow des Jahrzehnts“ beschrieben hat. Auch anderswo gab's viele Vorschusslorbeeren. Über Ihre neue Show hat man das bislang nirgends gelesen.

Man merkt bei Kritikern immer, ob sie einen mögen oder nicht. Da kann man auch nichts machen. Einige blicken hinter die Fassade, anderen ist es völlig egal, was Bülent Ceylan macht. Das ist eben Geschmackssache und abhängig von der Erwartungshaltung. Wenn ein Kritiker in die Show kommt und davon ausgeht, ihn erwartet ein Programm im Stil von Urban Priol, dann habe ich eigentlich schon verloren. (lacht) Es ist ja auch nicht so, dass ich etwas gegen negative Kritik habe. Sie ist nur leider viel zu selten konstruktiv.

Haben Sie das Gefühl, von Kritikern mehr gehasst als gemocht zu werden?

Das lässt sich so pauschal nicht sagen und hängt auch davon ab, ob es um meine Bühnenprogramme oder um meine Fernsehshows geht. Mein Gefühl ist, dass ich von Fernsehkritikern nicht so sehr gemocht werde. Ich habe von denen noch nie etwas Positives gelesen, dass ich mir vielleicht hätte ausdrucken wollen. Übrigens auch nicht bei DWDL.

Ganz ehrlich: Nicht nur die Branchendienste schauen auf die Quote. Wenn eine Sendung nicht erfolgreich ist, wird Sie vom Sender abgesetzt und nicht von uns. Aber Sie beschäftigt das schon, oder?

Natürlich beschäftigt mich das. Das ist doch menschlich. Es ist allerdings nicht so belastend, dass ich nicht mehr essen und trinken kann.

Liegen die schlechten Fernsehkritiken vielleicht auch daran, dass Sie bei RTL immer den Mainstream bedienen müssen? Das findet der Kritiker an sich ja meist nicht so toll.

Wenn man für den Marktführer arbeitet, wird es immer Menschen geben, die einen vom hohen Ross herunterholen möchten. Ab und zu lese ich auf Facebook, ich hätte meine Seele an den Teufel verkauft. Das ist natürlich Quatsch. Wenn ich auf 3sat dasselbe machen würde, käme niemand auf die Idee, so etwas zu schreiben. Und wenn RTL etwas Seriöses sendet, wird darüber nicht geschrieben.

„Team Wallraff“ wurde fast überall gelobt.

Wahrscheinlich war auch in diesem Fall irgendwo zu lesen, Wallraff habe seine Seele verkauft. (lacht)

Hat sich Ihr Blickwinkel aufs Fernsehmachen über die Jahre hinweg verändert – mit all den Erfahrungen, die sie inzwischen gesammelt haben?

Man gewöhnt sich mit der Zeit an das Gefühl, vor der Kamera zu stehen. Am Anfang war ich sehr steif. Das hat sich glücklicherweise geändert. Aber auch im Umgang mit der Redaktion wird man selbstbewusster und diskutiert mehr über die Ausrichtung einer Sendung als früher. RTL lässt mir allerdings sehr viele Freiheiten. Bei meiner neuen Show „Bülent und seine Freunde“ konnte ich einige Gäste einladen, die auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich sind für eine Show bei RTL. Das freut mich sehr.