Herr Ulmen, warum haben Sie die Hälfte Ihrer Firmenanteile verkauft? Und warum an die Studio Hamburg Produktion Gruppe?

Christian Ulmen
: Ich bin ja kein Unternehmer im klassischen Sinne. Vor ein paar Jahren hatte ich den Wunsch, meine Figuren aus "Mein Neuer Freund" weiterzuerzählen und im Netz, ohne Sender, ohne Redaktion selbst zu veröffentlichen. Das war erstmal nur eine Idee. Mir ging es um Knut Hansen und Alexander von Eich, weniger um Klicks, Page Impressions oder darum, die Geschicke eines Unternehmens zu leiten. Aber nicht zuletzt mein Steuerberater riet mir damals: Bevor Du loslegst, gründe eine Firma. Und meinem Steuerberater widerspreche ich nie. Alles Geschäftliche musste ich mir dann aneignen. Und ich schlafe immer noch nicht mit einem Handelsregisterauszug unter dem Kopfkissen. Mittlerweile ist die Firma gewachsen, es macht mir Spaß, sie weiterzuentwickeln, auch in Projekten, in denen ich nicht mehr vor der Kamera stehe. Irgendwann braucht man dafür einen Partner, der wirtschaftliche und organisatorische Expertise mitbringt. Den Ausschlag hat dann aber ein inhaltlicher Grund gegeben.

Nämlich welcher?

Christian Ulmen
: Wir haben uns stark auf die Nische konzentriert, viel im Web gemacht und für kleinere Sender realisiert – Comedy Central, RBB, ZDFneo, Arte, Tele 5. Das können wir gut. Aber ich habe nichts gegen Hauptprogramm, ich will unsere Konzepte und Ideen gern auf ein großes Publikum loslassen. Mit größeren Produktionen kennt sich Studio Hamburg einfach exzellent aus, sowohl in der Fiction als auch – bei Rolf Hellgardt und Riverside Entertainment – im Bereich Show.



Und was ist für Sie an Ulmen Television und Ulmen Film so attraktiv, Herr Lehmann?

Michael Lehmann
: Wir überlegen schon seit geraumer Zeit, wie wir additiv zur klassischen Fernsehproduktion neue Formen und Stoffe für digitale Plattformen auf- und ausbauen können. Als arriviertes TV-Haus bekommen wir von Ulmen TV eine kräftige Blutauffrischung – das ist mir in den letzten zwei Jahren klar geworden, in denen Christian und ich uns immer wieder intensiv ausgetauscht haben. Ulmen TV und unsere Tochter Real Film werden demnächst in Berlin zusammenziehen, so dass wir auch eine räumliche Nähe und dadurch zusätzliche Synergien haben werden. Unsere Producer und Dramaturgen werden eng mit Christians Team zusammenarbeiten.

Wenn Sie raus aus der Nische und rein in den Mainstream wollen – könnten Sie das nicht auch allein schaffen, ohne gleich die Hälfte Ihrer Firma abzugeben?

Christian Ulmen
: Es geht nicht darum, dass wir die Nische verlassen und nur noch Mainstream machen wollen. Ich will nur gern beides versuchen. Oder besser: die hermetische Trennung in Frage stellen. Und allein schafft man sowieso erst mal nichts, egal auf welcher Ebene. Alles, was ich bisher geschafft habe, habe ich geschafft, weil ich die richtigen Partner hatte. Ich habe ja nichts alleine gemacht, sondern hatte immer tolle Autoren und ein brillantes Team um mich. Wichtig ist, dass man sich nicht in einen Elfenbeinturm begibt und von Anfang an sagt, dass einen nur ein paar kluge und besonders humorbegabte Zuschauer mit Hochschulabschluss zwischen 27 und 34 interessieren. Mein Traum war immer, etwas hinzukriegen, was ein anspruchsvolles Publikum interessiert, aber gleichzeitig auch von einer breiteren Masse verstanden und geliebt wird.

Eine spannende Gratwanderung, zumal Sie als Schauspieler ja längst im Mainstream angekommen sind, nur als Produzent eben nicht. Wo hört die Nische auf, wo fängt der Mainstream an?

Christian Ulmen
: Ich merke jetzt erst, dass ich die ganze Zeit das Wort 'Nische' benutze. Eigentlich furchtbar, sollte man sich abgewöhnen. Aber es stimmt schon: Meine Kinofilme erreichen teilweise ein völlig anderes Publikum als das, was ich im Fernsehen mache. Ein Lehrerpaar, das sich "Maria, ihm schmeckt's nicht" zum zweiten Mal auf DVD anguckt, würde wahrscheinlich beim Anblick von Uwe Wöllner tausend Tode sterben. Wenn mich eine Familie mit Wohnmobil, gerade auf dem Weg in den Italien-Urlaub, an der Autobahnraststätte anspricht, dann eher nicht auf "Who Wants To Fuck My Girlfriend".

"Als klassische Fernsehmacher müssen
wir lernen, dass es nicht immer nur um
Millionen-Reichweiten geht"

Michael Lehmann, Studio Hamburg Produktion Gruppe


Michael Lehmann
: Als klassische Fernsehmacher müssen wir durchaus lernen, dass es nicht immer nur um Millionen-Reichweiten geht, sondern in Zukunft verstärkt auch darum, wie man auf den richtigen Plattformen genau die richtige Zielgruppe trifft. "Mann/Frau", die aktuelle Webserie von Ulmen Television für den Bayerischen Rundfunk, ist in dieser Hinsicht ein zukunftsweisendes Beispiel. Strategisch wird es für uns immer wichtiger, dass wir Programme entwickeln, die zielgenau ihre Zuschauer finden.