Herr Schönenborn, das WDR Fernsehen probiert jetzt zwei Wochen lang Verjüngung. Mit welchem Ziel?

Innovation und Veränderung sollen Teil unserer Kultur beim WDR Fernsehen werden. Das ist das langfristige Ziel. Ich will kein Strohfeuer oder ein einmaliges Feuerwerk. Aber wenn man sich ein so tiefgreifendes und umfassendes Ziel setzt, muss irgendwann auch ein erster Schritt sichtbar werden - sowohl nach außen für die Zuschauer als auch nach innen ins Haus. Diese zwei Wochen sind jetzt der erste Bauabschnitt, wenn Sie so wollen. Aber es wird unabhängig davon auch an anderen Stellen weiter und darüber hinaus umgebaut.

Aber wer jetzt zwei Wochen im Urlaub ist, verpasst die ganze Innovation im WDR? Wie soll es denn nach den zwei Wochen weitergehen?

Ich wünsche mir, dass wir bei den mehr als 20 Formaten, die wir jetzt starten, nachher bei einer Hand voll Sendungen sagen können: „Das hat uns und dem Publikum richtig gut gefallen. Das setzen wir mit einer Staffel fort.“ Ich wünsche mir das auch deshalb, weil das neue Programmschema des WDR Fernsehens, das der Rundfunkrat hoffentlich im September genehmigen wird, ab 2016 bewusst Raum gibt auch für die Ergebnisse aus den kommenden zwei Wochen. Es braucht schließlich neben dem Budget auch die Sendeplätze, um die Erfolge der kommenden zwei Wochen auch zeitnah fortführen zu können.

Warum so derart konzentriert und nicht etwas gestreckter über einige Monate? Für 14 Tage ist das WDR Fernsehen ja kaum wiederzuerkennen…

Zum einen gibt es ja einen Anlass: 50 Jahre WDR Fernsehen. Es wäre meine persönliche Horrorvorstellung gewesen, wenn wir da einen gemütlichen Dia-Abend draus gemacht hätten, an dem wir uns alle erinnern, wie schön der WDR mal war. Ich wollte, dass wir zeigen: Der WDR hat Power. Zum anderen ist es natürlich leicht, irgendwo einen abgegrenzten Sendeplatz für Innovation zu eröffnen und alle anderen Redaktionen machen einfach weiter wie bisher. Das entspricht aber nicht meinem Stil und es versendet sich auch ungesehen. Dafür gibt es ja genügend Beispiele.

"Wir wollen diesmal nicht nur Fenster für Innovation öffnen, sondern die Türen aufstoßen"

Welches kommt Ihnen da gerade in den Sinn?

„Kanzlerbungalow“ im Jahr 2003 mit Steffen Hallaschka. Das war eine wundervolle Sendung, die letztlich auf einen späten Sendeplatz abgeschoben wurde und dort nicht die Chance hatte, die sie verdient gehabt hätte. Das tut mir aus heutiger Sicht rückblickend sehr leid. Diesen Fehler wollen wir nicht wiederholen. Wir wollen diesmal nicht nur Fenster für Innovation öffnen, sondern die Türen aufstoßen.

Das klingt mehr nach einer Ansage ins Haus hinein als an die Zuschauer…

Ich möchte, dass wir es als normal empfinden, Fernsehsendungen auch irgendwann einmal zu beenden, um neue Sendungen zu machen. Dass wir neue Ideen nicht als Bedrohung empfinden und Innovation deswegen nicht als Störfaktor begreifen. Innovation hat eine lange Tradition im WDR Fernsehen über die Jahrzehnte. Wir haben Meilensteine im Qualitätsfernsehen gesetzt von „Tatort“ über „Klimbim“, „ZAK“ und „Zimmer frei“. An diese Kultur wollen wir anknüpfen und ich bin überrascht und glücklich, wenn ich sehe, welches Ideen-Feuerwerk bei uns im Haus entstanden ist.

Das wirft ja die Frage auf, ob nicht manche Strukturen im Haus bislang Zusammenarbeit und Innovation gehemmt haben?

In dieser Frage sehen sich große Sender wie der WDR vor den gleichen Herausforderungen wie andere große Unternehmen: Wie gewinnt man das Potential, das in all den klugen Köpfen steckt? Das Thema hat mich schon als Chefredakteur beschäftigt und gilt jetzt genauso: Ich möchte über die Strukturen hinweg Menschen aus den unterschiedlichen Ecken des Hauses zusammenbringen.