Woran bemessen Sie den Erfolg der Formate in den kommenden zwei Wochen? Was wäre für Sie ein Erfolg?

Es gibt verschiedene Währungen, in denen sich Erfolg messen lässt. Eine dieser Währungen ist Aufmerksamkeit. Wir werden mehrere Sendungen haben, die von der Quote her nicht auffällig sind oder sogar enttäuschen, aber trotzdem Impulse setzen und Aufmerksamkeit erzielen. So haben unsere Dreharbeiten zu einem Rassismus-Experiment für „Quarks & Du“ schon Schlagzeilen und Diskussionen ausgelöst. Das ist für uns als öffentlich-rechtlichem Rundfunk ein wichtiges Erfolgskriterium, weil es ein inhaltliches ist. Es gibt ein zweites, mir sehr wichtiges Kriterium: Der WDR hat ein sehr treues Stammpublikum, dem wir sehr dankbar sind. Wir müssen aber auch andere Gruppen für unser Programm zurückgewinnen, weil wir ein öffentlich-rechtliches Programm für alle machen wollen.

Und dafür nehmen Sie in Kauf, dass Ihr Stammpublikum möglicherweise irritiert sein wird über die Vielzahl neuer, anderer Sendungen in den zwei Wochen?

Wir nehmen in Kauf, dass unser Stammpublikum manche Programmidee der kommenden zwei Wochen vielleicht eher verwundert zur Kenntnis nimmt, während andere Zuschauer aber hoffentlich bemerken, dass der WDR auch für sie etwas im Angebot hat. Auch deshalb übrigens diese konzentrierte Programmierung: Damit und mit unserer Kampagne #machtan bzw. dem Claim („Macht den Westen an“, Anm. d. Red.) bekommen wir erst einmal die Aufmerksamkeit von jüngeren Menschen. Nur mit einzelnen neuen Sendungen im Programm dringt man nicht so leicht zu Menschen vor, die den WDR aus welchen Gründen auch immer zuletzt nicht mehr im Blick hatten.

Stichwort „Meuchelbeck“. Auch der WDR will im Trend-Genre Serie wieder mehr liefern, haben Sie bei der Pressekonferenz vor anderthalb Wochen angekündigt. Was bedeutet das?

Der WDR ist schon super in der Serienentwicklung für die ARD, aber wir haben aus finanziellen Gründen in den letzten Jahren für das dritte Programm keine eigenen Serien entwickeln lassen. Das Genre ist schließlich recht teuer. Es gibt, das hat meine Vorgängerin Verena Kulenkampff noch eingefädelt, neben „Meuchelbeck“ mit „Phoenixsee“ noch ein zweites Serien-Projekt für das WDR Fernsehen, das in Dortmund spielt. Das werden wir, wie auch bei „Meuchelbeck", mit einer kleinen Staffel starten. Diese Serien aus dem Westen sollen im neuen Sendeschema auch einen eigenen Sendeplatz bekommen: Montagabend, 20.15 Uhr.

Aber wenn Sie von kurzen Staffeln und jetzt zwei Serienprojekten sprechen: Das füllt Ihnen ja den Sendeplatz noch nicht durchgehend.

Die Kernfrage bei dem Thema Serie ist die KEF-Entscheidung: Wird unsere finanzielle Ausstattung so ausfallen, dass wir künftig hier mehr produzieren und einen Fundus an mehreren regionalen Serienprojekten aufbauen können? Oder bleibt es aufgrund eher knapp bemessener Mittel bei gelegentlichen, explizit für das WDR Fernsehen konzipierten Serienproduktionen, so dass wir den Sendeplatz mit ARD-Übernahmen füllen müssen? Das lässt sich erst beurteilen, wenn die KEF über unser Budget geurteilt hat.

"Ob wir WDR #3sechzich fortsetzen oder nicht, werde ich im Herbst mit den Machern besprechen."

Wir sprachen schon mehrfach vom geplanten neuen Programmschema. Darin fehlt die tägliche „Hier und Heute“-Reportage. Nimmt man sich nicht mit dem Aus für dieses 15-Minuten-Format wertvolle Experimentierfläche?

Die Erfahrung - auch aus der „Hier und Heute“-Redaktion - der vergangenen Jahre zeigt, dass gerade experimentelles Erzählen eher in 30 oder 45 Minuten gelingt als in der Kurzform. Deswegen teile ich diese Sorge nicht. Wir haben im Hauptabendprogramm ein so unendlich breites Angebot an Reportagen und Dokumentationen. 280 Neuproduktionen für das WDR Fernsehen jedes Jahr. Ich habe daher keine Sorge, dass Experimentierfläche oder hintergründige Information verloren geht.

Letzte Frage: Wenn es um die Verjüngung geht, experimentiert der WDR ja schon seit Januar mit #WDR3sechzich. Das Projekt war auf ein Jahr angelegt. Geht es weiter?

Diese Frage ist für mich offen. Ob wir WDR #3sechzich fortsetzen oder nicht, werde ich im Herbst mit den Machern besprechen. Es war von Anfang an darauf ausgelegt, dass wir das Projekt nach einem Jahr beenden, wenn wir entweder keinen Erfolg damit haben oder feststellen, dass wir unsere Lektion daraus gelernt haben. Noch lernen wir hier und sammeln wertvolle Erfahrungen.

Herr Schönenborn, herzlichen Dank für das Gespräch.