Wenn wir von diesem kreativen Austausch sprechen. Ist das am Ende ein demokratischer Entscheidungsprozess oder eher die Monarch: Alle dürfen mal was sagen, aber am Ende entscheidet der König?

Martin Eigler: Bezogen auf die Drehbucharbeit hatten wir hier die luxuriöse Situation, dass wir Autoren uns seit 30 Jahren kennen. Da gibt es dann auch mal verzweifelte Debatten über Stunden, weil man mal völlig unterschiedlicher Meinung über Details ist. Aber wir kennen uns eben und wissen, dass der Andere nicht ohne Grund so leidenschaftlich auf seinem Standpunkt beharrt. Es gibt keine taktischen Spielchen sondern nur das gemeinsame Suchen nach der besten Geschichte. Und beim Dreh hat sich das mit Bastian und Susanne so fortgesetzt. Das Klima am Set war wirklich gut.

Bastian Pastewka: Diese Offenheit für den kreativen Austausch sickerte dann auch auf andere Beteiligte durch, etwa die Gastschauspieler.



Wir müssen über den Stempel reden, den das Projekt sehr früh bekommen hat. Das „deutsche ‚Breaking Bad‘“. Glücklich über dieses Label?

Martin Eigler: Also für meine Arbeit war das nicht hilfreich, das muss ich ganz klar sagen. Wir hatten unsere eigene Idee, die wir nach vorne bringen wollten. Dieses Label bekamen wir ja als gerade 2 Bücher fertig waren, was schon eine interessante Situation war: Da wollten plötzlich ganz viele Menschen schon wissen, was wir da machen werden, bevor wir es überhaupt endgültig aufgeschrieben hatten. Ich möchte aber auch betonen, dass mich in dem besagten Interview von Norbert Himmler das klare Bekenntnis zu Miniserien und nicht formatierten, ungewöhnlichen Geschichten sehr gefreut hat. Das fand ich super. Und wir merkten auch in der Zusammenarbeit mit der Redakteurin Elke Müller und Reinhold Elschot, dass das für dieses Projekt nicht nur ein Lippenbekenntnis war sondern im ZDF umgesetzt wurde.

Im Übrigen unterscheidet sich „Morgen hör’ ich auf“ ja in einem Punkt ganz wesentlich von der besagten anderen Serie. Das sieht man am Ende der ersten Folge. Da wollen wir jetzt noch nichts verraten. Aber das machte die Serie für mich zu einer modernen Familienserie - und das ist ausdrücklich als Lob gemeint.

Bastian Pastewka: Das ist tatsächlich eines der vielen Labels, die wir uns selbst mal gegeben haben. Wir haben viel rumüberlegt, was unsere Serie eigentlich ist.

Und was ist dabei herausgekommen?

Bastian Pastewka: Sind wir bei der Überlegung eigentlich zu einem Ergebnis gekommen, Martin?

Martin Eigler. Nein (lacht). Ich kann da auch keine schlüssige Antwort darauf geben. Aber auch das war Luxus. Wir wurden zu keinem Zeitpunkt weder von der Produzentin Bettina Wente noch von der Redakteurin Elke Müller in irgendeine Richtung gedrängt, und das ist selten für das deutsche Fernsehen, wo für gewisse Slots immer bestimmte Genres produziert werden müssen. Diesen Zwang hatten wir bei dem Projekt nicht.

Kann es denn potentiell eine zweite Staffel geben? Oder würde das zu viel über die Geschichte verraten?

Bastian Pastewka: Ja, Martin, jetzt sag mal. Das würde mich auch interessieren

Martin Eigler: (lacht) Also wir Drehbuchautoren haben diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen.

"Die ausgefallenen Serien von Amazon und Netflix erreichen mit Sicherheit auch nicht mehr Zuschauer aber darüber schreibt keiner, weil es keine Zuschauerzahlen-Erhebungen gibt"

Bastian Pastewka

Dann muss jetzt nur noch die Quote stimmen. Da gab es zuletzt ja so manche herbe Enttäuschung, wenn ich an „Deutschland 83“ oder „Mordkommission Berlin 1“ denke.

Bastian Pastewka: Die Branche hat sich halt die letzten zwanzig Jahre darauf verabredet, dass die Quote mit Erfolg gleichzusetzen ist. Da tut es mir dann weh um ein Projekt wie „Deutschland 83“. Aber selbst wenn die Quote nicht so ausfiel wie man sich es erhofft hat: Wenn es ein Publikum für die Serie gab, das alle Folgen sehr genossen hat, dann ist sie auch kein Flop, punktum. Die ausgefallenen Serien von Amazon und Netflix erreichen mit Sicherheit auch nicht mehr Zuschauer aber darüber schreibt keiner, weil es keine Zuschauerzahlen-Erhebungen gibt.

Das ist vollkommen richtig. Da entsteht ein Ungleichgewicht, wenn die Einen sich für Quote rechtfertigen müssen und die anderen nicht. Aber man kann natürlich auch die Frage stellen, ob gewisse Stoffe linear nicht mehr akzeptiert werden.

Bastian Pastewka: Die klassischen 20.15 Uhr-Einschalter wie „Tatort“ oder „Rosamunde Pilcher“ werden ja ausschließlich für genau diese Verwendung im linearen Programm produziert, während US-Serien inzwischen ja ein Eigenleben abseits des linearen Programms haben.

Was dann auf Lizenzserien aus dem Ausland zutreffen würde.

Bastian Pastewka: Die im frei empfangbaren Fernsehen ignoriert werden: „Ripper Street“, „Masters of Sex“ und „Mad Men“ wurden vom ZDF ja immerhin noch nachts um 00.45 Uhr ausgestrahlt, aber meine Lieblingsserie „Call the Midwife“ etwa wurde jetzt bei ZDFneo von der Primetime am Freitag auf Doppelfolgen am Samstagvormittag um 9.55 Uhr geschoben. Ein unglaublicher Skandal! (lacht nicht).

Martin Eigler: Das Publikum wurde über die Jahre halt auch darauf eingeschworen, zur gleichen Sendezeit am gleichen Tag immer das gleiche Programm zu erhalten. Das muss wieder aufgebrochen werden, und für das junge Publikum spielt die Mediathek eine immer wichtigere Rolle, auf die ich auch bei „Morgen hör’ ich auf“ setze. Aber da sind wir ja leider noch in einer Umbruchszeit, in der der Erfolg eines Films oder einer Serie in der Mediathek leider noch nicht so wahrgenommen wird wie die klassische Quote. Da muss man derzeit noch hoffen, dass die Sender bei Online-Erfolgen berücksichtigen, wie sehr solche Programme auf ihre Marke einzahlen.

Bastian Pastewka: Darf ich als alter Analog-Heini bei der Gelegenheit noch erwähnen, dass Ende Januar schon unsere DVD erscheint?

Also ich streiche das jedenfalls nicht aus dem Interview raus. Wenn es dafür nochmal irgendwann eine konkrete Aussage zur Zukunft von „Pastewka“ geben würde…

Bastian Pastewka: Da gibt es keine Neuigkeiten. Nur so viel: Ich will den schwarzen Peter keinesfalls auf den Sender oder Frau Bruck oder irgendwen schieben.

Dann schauen wir halt erst einmal „Morgen hör’ ich auf“. Herzlichen Dank für das Gespräch Herr Pastewka, Herr Eigler.